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Ewigkeit

Ewigkeit

Titel: Ewigkeit
Autoren: Alastair Reynolds
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die Fragen der Wachleute höflich beantworten, und vielleicht wäre der Schaden, den sie dem Kontrabass unweigerlich zufügen würden, zu beheben.
    »Sag es!«, flüsterte Floyd.
    »Ich entschuldige mich«, sagte Custine.
    »Vorbehaltlos.«
    »Ich entschuldige mich vorbehaltlos.«
    Der Inspekteur musterte ihn kritisch und zuckte schließlich die Achseln. »Was geschehen ist, ist geschehen. In Zukunft sollten Sie sich eine Scheibe von Ihrem Freund abschneiden.«
    »Das werde ich tun«, sagte Custine ausdruckslos.
    Unten beförderte der Wachmann die Überreste des Kontrabasses mit Fußtritten in den Fluss. Die Bruchstücke verloren sich schnell im Müll, der das Ufer wie eine Schleimschicht säumte.
     
    Floyds Telefon klingelte, als er die Tür zu seinem Büro im dritten Stock eines alten Hauses an der Rue du Dragon öffnete. Er legte die Post, die er gerade aus dem Briefkasten geholt hatte, beiseite und griff nach dem Hörer.
    »Detektivbüro Floyd«, meldete er sich mit lauter Stimme, um das Rattern eines Zuges zu übertönen. Er nahm den Zahnstocher aus dem Mund. »Wie kann …?«
    »Monsieur Floyd? Wo waren Sie?« Die Stimme – sie hörte sich nach einem älteren Mann an – klang eher neugierig als verärgert. »Ich habe schon den ganzen Nachmittag versucht, Sie anzurufen. Fast hätte ich aufgegeben.«
    »Tut mir Leid«, sagte Floyd. »Ich war mit Ermittlungen beschäftigt.«
    »Sie sollten mal darüber nachdenken, sich eine Sekretärin zu leisten«, bemerkte der Mann. »Oder falls das unmöglich sein sollte, einen Anrufbeantworter. Ich habe gehört, dass die bei den orthodoxen Juden sehr beliebt sind.«
    »Sekretärinnen?«
    »Anrufbeantworter. Sie arbeiten mit Magnetbändern. Erst letzte Woche habe ich in der Rue des Rosiers einen zum Verkauf angeboten gesehen.«
    »Wir leben wirklich in einer faszinierenden Welt der Wissenschaft.« Floyd zog seinen Stuhl heran und setzte sich. »Darf ich fragen …?«
    »Entschuldigen Sie. Ich hätte mich schon längst vorstellen sollen. Mein Name ist Blanchard. Ich rufe aus dem dreizehnten Arrondissement an. Möglicherweise habe ich einen Fall für Sie.«
    »Fahren Sie fort«, sagte Floyd, halb davon überzeugt, dass er nur träumte. Nach allem, was in letzter Zeit geschehen war – Greta hatte die Band verlassen, es gab keine Arbeit für sie, dann der Zwischenfall am Kontrollpunkt – war ein neuer Fall etwas, worauf er kaum zu hoffen gewagt hatte.
    »Ich sollte Sie allerdings vorwarnen. Es ist eine ernste Angelegenheit. Ich bezweifle, dass es eine schnelle oder einfache Ermittlung wird.«
    »Das … dürfte kein Problem sein.« Floyd goss Brandy in ein bereitstehendes Schnapsglas. »Um welche Art Fall handelt es sich, Monsieur?« Geistig ging er bereits die verschiedenen Möglichkeiten durch. Betrügerische Ehefrauen und -gatten waren recht gewinnträchtig. Manchmal musste man sie wochenlang beschatten. Das Gleiche galt für verloren gegangene Katzen.
    »Es geht um einen Mord«, erklärte Blanchard.
    Floyd erlaubte sich einen bittersüßen Schluck Brandy. Seine Stimmung sackte genau so schnell wieder in den Keller, wie sie sich kurz zuvor gehoben hatte. »Das ist sehr bedauerlich. Wir können keine Mordfälle annehmen.«
    »Wirklich nicht?«
    »Für Tötungsdelikte sind die Jungs mit den Melonen zuständig. Die vom Quai. Sie würden gar nicht zulassen, dass ich solche Aufträge übernehme.«
    »Aber genau darum geht es. Die Polizei hält den Fall nicht für einen Mord – oder ein ›Tötungsdelikt‹, wie Sie es ausdrücken.«
    »So?«
    »Man ist der Meinung, dass es möglicherweise Selbstmord oder ein Unglücksfall war, aber letztlich interessiert man sich sowieso nicht dafür. Sie wissen ja, wie das heutzutage ist – diese Leute sind sehr viel mehr daran interessiert, ihren eigenen Nachforschungen nachzugehen.«
    »Ich glaube zu wissen, worauf Sie anspielen.« Aus alter Gewohnheit machte er sich bereits Notizen: Blanchard, 13. Arr., mögl.t Tötungsdelikt. Vielleicht wurde nichts daraus, aber falls das Gespräch unterbrochen wurde, konnte er zumindest versuchen, den Anrufer erneut zu kontaktieren. Er kritzelte das Datum auf den Notizzettel und stellte fest, dass es sechs Wochen her war, seit er sich das letzte Mal etwas auf dem Block notiert hatte. »Angenommen, die Polizei liegt tatsächlich falsch – wie kommen Sie darauf, dass es weder Selbstmord noch ein Unfall war?«
    »Weil ich die betreffende junge Dame kenne.«
    »Und Sie denken, dass sie nicht der Typ war,
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