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Ewigkeit

Ewigkeit

Titel: Ewigkeit
Autoren: Greg Bear
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Geist…
    »Kommandoindividuen haben sich zu einer von Menschen besetzten Welt in den Gebieten begeben, von denen du sprichst, und sie gespeichert«, sagte die Stimme. Dann schwieg sie einige lange Minuten. Schließlich: »Kommando weiß Bescheid. Kommando hat den Weg nicht geschaffen. Habt ihr Kenntnisse über ein menschliches Konstrukteur-Individuum Patricia Vasquez oder Patricia Luisa Vasquez, menschlicher Pflichtvollstrecker oder von ähnlichem Rang?«
    Korzenowski schloß die Augen, leckte sich dann die Lippen, als ob er einen inneren Geschmack genösse, und sagte: »Ja, ich trage einen Teil jenes Individuums in mir. Habt ihr sie, habt ihr sie gefunden…?«
    Der Ton der Stimme änderte sich gründlich. Sie klang jetzt weiblich.
    »Dies ist Kommando-Aufsicht. Wir haben den sexuell gezeugten, zweimal beseitigten Nachkommen des Konstrukteur-Individuums Patricia Luisa Vasquez.«
    »Ich denke, sie meinen, daß sie Patricias Enkelin haben«, sagte Ry Oyu. Olmy stimmte zu.
    »Wo hat man sie gefunden?« fragte Korzenowski. Mit aufgerissenen hellen Augen blickte er die Kommandoindividuen an. »Wo habt ihr diese Frau gefunden?«
    Die weiblich klingende Stimme antwortete. »Wir haben uns zu der Welt begeben und sie gespeichert, wo das menschliche Konstrukteur-Individuum Luisa Vasquez vom Weg fortgereist ist. Sexuell gezeugte zweimal beseitigte Nachkommenschaft ist auch gespeichert.«
    »Aber Patricia Vasquez selbst?«
    »Individuum Patricia Luisa Vasquez ist tot.«
    »Können wir mit ihrer Enkelin sprechen?« fragte Ry Oyu.
    »Dieses Individuum ist durch unsere Untersuchungen beschädigt worden.«
    Korzenowski empfand einen jähen Schauder von Schreck und Verzweiflung. Er mühte sich, seine Wut zu beherrschen – und eine noch tiefere Wut, von dem Geist einer Großmutter, die nie dieser Enkelin begegnet war und nie von ihrer Existenz erfahren hatte.
    »Wir möchten mit ihr sprechen, ob beschädigt oder nicht«, sagte Ry Oyu. »Falls das möglich ist.«
    Die Kommandopersonen hüllten sich wieder in lose schwarze Mäntel. Korzenowski wandte sich ab. Ihm wurde übel von dieser Fremdartigkeit, dieser Unbegreiflichkeit und dieser beiläufigen Grausamkeit. Was war mit der Welt geschehen, die Patricia gefunden hatte? Was für eine Art von Welt war es gewesen, ehe die Jarts sie ›gespeichert‹ hatten? In welchem Zustand war sie jetzt? Ry Oyu berührte wieder seine Schulter, und Olmy kam näher und lieh ihm Hilfe durch Solidarität.
    »Dies beschädigte Individuum ist hochwertig«, sagte die weibliche Stimme. »Schaden war nicht beabsichtigt.«
    »Laß uns mit ihr reden!« sagte Korzenowski mit rauher Stimme.
    Die drei Kommando-Individuen traten auf der Plattform zurück, als ob man eine verzerrende Linse gedreht hätte. Vor der Blase erschien eine Szene – das Innere eines Hauses menschlicher Bauart, wenn auch nicht wie irgendein Heim, das Olmy in Los Angeles des frühen einundzwanzigsten Jahrhunderts etwa gefunden haben könnte…
     
    Rhita kam aus einer quälenden Ewigkeit, wo Zeit nicht so sehr fehlte, als sie vielmehr nichtlinear und nach Zufallsgesetzen angeordnet war. Echte Erinnerungen tanzten mit Simulationen, unorganisierte animalische Gedanken – körperloser Hunger, zielloses Verlangen, sexuelle Wünsche – wetteifernd mit kurzen Momenten von kristallener Klarheit, in denen sie sich an ihre Lage erinnerte… und sie verwarf, um in die turbulente Ewigkeit zurückzukehren.
    In einem klaren Augenblick sah sie sich als Heldin, die sich ständig unnütz machte für ihre Feinde, indem sie vor ihnen in ihr unbegreifliches Sanktuarium entfloh. In einem anderen Moment erkannte sie, daß sie wohl nie diesem Durcheinander entkommen würde, daß ihre Feinde sie für immer in diesem Zustand halten könnten – und eine bessere Definition von Hades konnte sie sich nicht vorstellen.
    Sie war schlechter dran als irgendein Gespenst, das nach Blut und Wein dürstet. Wonach sie dürstete, war der süße Likör umgedrehter Geschichte, zweite Chancen, Türen zu einer Vergangenheit, die nicht so sehr tot war, als vielmehr eingesalzen und konserviert, auf ein unmenschliches Festmahl von Wissen wartend.
    Sie rührte nicht mehr an die Präsenzen von Demetrios oder Oresias.
    Dann, in keinem bestimmten Augenblick, beruhigte sich der Sturm chaotischer Flucht. Ihre Gedanken waren immer noch verworren; aber was sie erlebte und fühlte, war kristallklar. Sie stand in dem Haus ihrer Großmutter auf Rhodos. Typhon war bei ihr, noch in
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