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Ewiger Schwur

Ewiger Schwur

Titel: Ewiger Schwur
Autoren: Anne Marsh
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– ganz im Gegensatz zu ihr selbst – niemals übersehen wurde. Man vergaß Pell nicht, wenn man sie erst einmal kennengelernt hatte. Auf keinen Fall. Auf den ersten Blick erschien sie allerdings adrett und gewöhnlich. Glattes, schulterlanges braunes Haar, wie es jetzt das Bild auf dem Videoplayer zeigte. Die Spitzen waren ein ganz klein wenig gelockt. Der hohe, saubere Bogen ihrer Augenbrauen erweckte den Eindruck, als sähe sie Mischka direkt an. Das Foto vermochte leider nicht die Energie wiederzugeben, die in dem schlanken, straffen Körper steckte. Ja, ihre Cousine war sehr direkt. Klar. Realistisch. Und dann wurde man von ihrem mutwilligen, launischen Humor wie ein Blitz getroffen. Sie vereinnahmte einen, und dann lachte man mit ihr. Pell war witzig. Die Menschen waren gern mit ihr zusammen, weil sie Spaß an ihnen hatte. Sie hatte an jedem Spaß. Deshalb hatte Mischka schreckliche Angst, dass ihre Cousine einen Handel mit dem Teufel eingegangen war.
    Als der Barkeeper das Getränk über die Theke schob, schlang sie die Finger um das kühle, hohe Glas und legte den Videoplayer auf das Trinkgeld, bevor er es einstecken konnte. »Ich suche jemanden.«
    Der Saft war kalt und schmeckte künstlich süß. Sie hätte lieber direkt aus der Flasche getrunken – nachdem sie selbst den Originalverschluss geöffnet hätte. Aber das war offensichtlich nicht elegant genug für diesen Club. Ihr Pech. Trotzdem, der Saft war feucht, und ihre Kehle war trocken. Und sie hatte bereits dafür bezahlt.
    In den bleichen Augen des Barkeepers blitzten Ärger und vorsichtige Ergebenheit auf, als er sich vorbeugte, um sich über die Musik verständlich zu machen. »Nein«, sagte er, bevor sie auch nur auf die Abspieltaste drücken konnte. Seine Hand rutschte von dem dünnen Stapel Banknoten, und er wollte sich abwenden. »Ich kann Ihnen nicht helfen.«
    »Sie wissen ja nicht mal, was ich will«, argumentierte sie.
    »Bargeld. Videoplayer. Wie aus dem Ei gepellt, aber konservativ. Nicht zu aufgedonnert.« Er deutete mit einem nonchalanten Ruck seines Daumens auf ihr Outfit. »Sie sind hinter einem von
ihnen
her und wollen Insiderinformationen. Ich kann Ihnen nicht helfen. Sobald Ihr Freund, Ihre Schwester, Ihre beste Freundin, wer auch immer« – er zuckte die Achseln – »einen Pakt mit einem dieser Teufel geschlossen hat, kann ich nichts mehr tun. Ich schenke nur die Drinks aus.«
    Wirkte sie wirklich
so
fehl am Platz? »Ich muss meine Cousine finden.«
    »Sicher. Das sagen sie alle. Und ich wette, Sie meinen, sie sei um sich tretend und schreiend in diesen Club geschleppt worden. Dass sie unmöglich wissen konnte, worauf sie sich einließ, weil sie nicht diese Art von Mädchen ist.«
    Na ja. Aber es stimmte. Und selbst wenn es nicht gestimmt hätte, würde sie Pelinor nicht einfach im Stich lassen, nur weil sie den Fehler ihres Lebens begangen hatte.
    »Haben Sie die Verwandtschaft gleich mitgebracht?« Der Barkeeper sah über ihre Schulter hinweg, und sie fragte sich, ob er einen Panikknopf drückte. »Den großen Bruder oder einen verärgerten Freund?«
    Während des letzten, unvergesslichen Familienstreits vor zwei Wochen hatte ihre Cousine gebrüllt, dass sie ausgehen würde. Zurück in den Club. Und dass sie sich verdammt noch mal mit einem Dämon verbinden werde, wenn das nötig wäre, um sich die Familie vom Hals zu schaffen. Pell mochte nichts für die altmodischen Moralvorstellungen ihrer Eltern übrig haben – oder dafür, dass sie immer wieder eine Parade von Börsenmaklern und Ärzten zu ihren Sonntagsdinners einluden –, aber Mischka würde nicht zulassen, dass ihre Cousine eine solche Liebe und Unterstützung so mir nichts dir nichts wegwarf. Teufel! Sie hätte alles darum gegeben, dass ihre eigenen Eltern noch da wären, die ihr mit unmöglichen Blind Dates und peinlichen Litaneien ihrer vorgeblichen Tugenden zusetzten.
    Pell wusste gar nicht, wie gut sie es hatte.
    »Ich habe sie zu Hause gelassen«, sagte Mischka und legte beide Hände auf die Theke, wo der Barkeeper sie sehen konnte. »Ich bin allein. Ich schätze, die restliche Familie wird noch eine Woche brauchen, bevor sie über ihre Empörung hinweggekommen ist« – ganz zu schweigen von sinnlosen Sprüchen à la ›Wie man sich bettet, so liegt man‹ – »bevor sie hierher nachkommt. Sie könnten sich einigen Ärger ersparen, Serge.« Sie las seinen Namen von dem silbernen Namensschild ab, das er präzise an sein gut gebügeltes Gucci-Hemd gesteckt
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