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Ewige Schreie

Ewige Schreie

Titel: Ewige Schreie
Autoren: Jason Dark
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näher über die beiden nach und kam zu dem Schluß, daß sie in dem fast zur Hälfte mit Erde gefüllten Grab am besten aufgehoben waren. Der Gehängte würde wohl kaum an diesen Ort zurückkehren. Jetzt mußte er sich auf mich konzentrieren und sich etwas anderes einfallen lassen, wodurch er mich besiegen konnte. Ein schmaler Schatten lief über den Hauptweg auf das Grab zu. Helen Cloud!
    Auch sie war am Ende ihrer Kräfte. Sowohl seelisch als auch körperlich. Sie taumelte nur noch, hatte den Mund weit geöffnet und holte keuchend Luft.
    Ich mußte sie praktisch auffangen, sonst wäre sie in die Knie gefallen. An den Schultern hielt ich sie fest. Ihr Blick war auf mein Gesicht gerichtet, Schweiß lag auf der Haut, sie wollte etwas sagen, aber sie konnte nicht sprechen.
    Ich ließ Helen Cloud erst einmal zur Ruhe kommen und schaute mich dabei um. Uber ihren Kopf hinweg durchdrang mein Blick das Dunkel der Nacht, ich suchte nach Sam Davies, doch der Geist war nicht zu erkennen. Er hatte sich versteckt und lauerte irgendwo im verborgenen auf seine Chance.
    »John…« Helens Stimme krächzte. »John, was ist geschehen?«
    Ich besaß nicht die Zeit, ihr jetzt noch alles zu erklären, sondern bat sie, hier am Grab zu warten.
    »Am Grab?« flüsterte sie.
    »Ja. Und nicht von der Stelle rühren.«
    Da ich sie noch immer festhielt, drückte sie sich ein wenig zur Seite und schaute in die Tiefe. Ihr Blick richtete sich auf den schwerverletzten McMullogh, und sie sah auch den Pfarrer.
    »Mein Gott, das ist ja Pfarrer Facius!« Helen schluckte zweimal. »Ist er tot?«
    »Nein«, beruhigte ich sie. »Er lebt.«
    »Und wie… wie ist er in das Grab hineingekommen?«
    »Helen, das alles erkläre ich Ihnen später. Ich muß mich jetzt um Sam Davies kümmern.«
    »Wissen Sie, wo er steckt?«
    »Das nicht, aber ich finde ihn.«
    Sie hob die Schultern und schien mir nicht so recht glauben zu wollen. Daran konnte ich nichts ändern. Ich hatte längst die beiden Kreuze auf der Erde gesehen. Das große gehörte dem Pfarrer. Das kleine vielleicht auch. Silbern blinkte es zwischen den hohen Grashalmen. Zuerst hob ich das kleine Kreuz auf und hängte es dem Mädchen um. Das große Holzkreuz drückte ich ihr zwischen die Hände. »Halten Sie es gut fest, Helen. Lassen Sie es nicht los, was auch immer geschieht. Nur das kann Sie retten.«
    Sie schaute mich aus ängstlichen Augen an und nickte schließlich. Ich lächelte ihr noch einmal zu, bevor ich seitlich am Grab vorbeiging und mich dem Gelände zuwandte, das hinter dem Grab lag. Es war ein regelrechtes Gräberfeld. Fast wäre ich in die erste Öffnung hineingerutscht. Da befand sich Grab neben Grab. Jedes in der gleichen Größe und sorgfältig ausgehoben. Wahrscheinlich zeichnete Paddock dafür verantwortlich. Es war nicht schwer zu raten, für wen die Gräber bestimmt waren. Hier sollten die Menschen ihre letzte Ruhestätte finden, die noch den Selbstmord vor sich hatten.
    Bisher war alles gutgegangen. Natürlich relativ betrachtet, denn kein Fremder außer uns hatte den Friedhof betreten. Wahrscheinlich war der Geist des Gehängten so abgelenkt worden, daß ihm nicht die Zeit geblieben war, erneute Selbstmordgedanken in die Gehirne der Menschen zu schicken.
    Er hatte mich als einen Feind eingestuft, und er würde seine nächsten Handlungen darauf konzentrieren, mich umzubringen, auf welche Weise auch immer.
    Ich schritt an der Seite der frisch ausgehobenen Gräber entlang. Der Geist des Gehängten hatte diesen Teil des Friedhofs in den alten integrieren wollen, denn links von mir, wo die Pflanzen dschungelartig zusammenwuchsen, hörte ich wieder die Schreie.
    Sehr laut kamen sie mir vor. Der Grund lag darin, daß ich ziemlich nahe bei ihnen war.
    Ich blieb stehen, drehte den Kopf und sah undeutlich die hellen Gesichter durch die verfilzte Pflanzenwelt schimmern. Ich hatte zwei Möglichkeiten. Entweder suchte ich den Friedhof nach Sam Davies ab, oder ich vernichtete erst einmal seine Hilfstruppen, die schreienden Gesichter auf den Grabsteinen. Vielleicht war es sogar besser, wenn ich sie tötete, denn das mußte Davies merken. Sicherlich bekam er dann Zorn und stellte sich mir, bevor ich all seine Diener endgültig ins Reich der Hölle schickte.
    Liebend gern hätte ich eine Machete mitgehabt, um mich durch die Büsche zu schlagen. Leider besaß ich so etwas nicht, und auch das Schwert trug ich nicht bei mir. So mußte ich mir schon mit den Armen helfen, um an die Grabsteine
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