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Ewig sollst du schlafen

Ewig sollst du schlafen

Titel: Ewig sollst du schlafen
Autoren: Lisa Jackson
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war verhalten und vornehm. Als Kind armer Eltern hatte sie sich durch das lokale Schulsystem gearbeitet, Stipendien und Zuschüsse erkämpft und sich als Werkstudentin durchs College und die Promotion geboxt. In der Zeit hatte ihre ledige Mutter mit zwei schlecht bezahlten Jobs insgesamt sechs Kinder durch gebracht. Dr. Francis war der Inbegriff des amerikanischen Traums, eine Philanthropin, nie verheiratet gewesen, ohne Kinder, eine Frau mit Weitblick, der offenbar tatsächlich alle Kinder Savannahs am Herzen lagen. Aber warum wurde Nikki dann das Gefühl nicht los, dass sie resigniert hatte? Dr. Francis rasselte ihre Sprüche über die Erfüllung der Bedürfnisse von Schülern und Gemeinde herunter, und Nikki machte sich Notizen und ermahnte sich, nicht so zynisch zu sein. Vielleicht glaubte die Frau wirklich an den Quatsch, den sie da absonderte.
Und vielleicht ist es gar kein Quatsch. Dass eine Schule geschlossen wird, die man selbst vor Jahren besucht hat, bedeutet doch nicht zwangsläufig, dass das schlecht ist.
    Nikki spielte mit ihrem Kuli, hörte zu und vereinbarte noch für diese Woche ein Treffen mit Dr. Francis. Mit dem Gedanken, dass die zu erwartende Story nicht eben Pulitzerpreisverdächtig war, ja, ihr selbst nicht einmal sonderlich wichtig war, legte Nikki auf. Aber das Thema hatte vielleicht Potenzial und war in gewisser Weise bestimmt nachrichtentauglich. Na ja, eine größere Zeitung befand es sicherlich nicht einmal eines Zweizeilers für würdig, es würde Nikki keine Beförderung zur
New York Times
oder zur
Chicago Tribune
oder zum
San Francisco Herald
einbringen, aber es würde ihr helfen, die offenen Rechnungen für den laufenden Monat zu bezahlen, und womöglich lernte sie noch etwas dabei. Vielleicht.
    In der Zwischenzeit wollte sie die Unbekannte aus dem Fluss nicht aus den Augen verlieren, und auch ihre Story über Detective Reed durfte sie nicht auf die lange Bank schieben. Das hatte Potenzial, das war nachrichtentauglich.
    Sie spürte es. Sie musste nur noch herausfinden, was genau dahinter steckte. Und um das zu erfahren, musste sie Reed interviewen, ihn irgendwie zu fassen kriegen. Was ungefähr so einfach war wie mit einem Stachelschwein zu schmusen. Der Mann war halsstarrig, mürrisch und manchmal verdammt grob. Was wahrscheinlich auch der Grund dafür war, dass sie ihre Idee von einer Story über ihn nicht einfach fallen lassen konnte. Er stellte eine Herausforderung dar. Und Nikki Gillette hatte sich einer Herausforderung noch nie entzogen. Niemals. Doch nicht die Tochter des ehrenwerten Ron Gillette!
    Irgendwie würde Nikki alles aufspüren, was es über Detective Reed herauszubekommen gab. Vielleicht brachten ihre Recherchen kein Ergebnis, vielleicht fand sie nichts Interessantes. Vielleicht war Reed nicht spannender als eine schmutzige Tennissocke. Sie lächelte. Ausgeschlossen. Sie wusste instinktiv, dass sich um den unzugänglichen Bullen eine Geschichte rankte. Sie brauchte sie nur noch aufzudecken, ganz gleich, unter wie vielen Mäntelchen des Schweigens Reed sie verbarg.
    Unter dem Getöse der Rotoren erhob sich der Rettungshubschrauber vom Grund der Schlucht. Einen Wirbel winterlich kalter Luft zurücklassend strich er knapp über die bewaldeten Felsen und verschwand hinter einem Höhenzug. Auf halbem Weg zum Felsabsturz hinauf richtete Detective Davis McFee den Blick auf den Jungen, der zitternd vor ihm stand. Der Bengel hatte eine Heidenangst, so viel stand fest, aber McFee wusste so gut wie nichts, außer dass der andere Junge in Lebensgefahr schwebte.
    McFees Partner, Bud Ellis, übernahm das Verhör. »Gehen wir das Geschehen noch einmal von vorn durch, Billy Dean. Ihr wart auf der Jagd, und irgendetwas hat deinem Freund einen Schrecken eingejagt.«
    »Meinem Cousin – äh, Cousin zweiten Grades.«
    »Prescott Jones?«
    »Ja. Wir beide machen viel zusammen.«
    »Es ist Schonzeit.«
    »Ja.« Der picklige Bengel hatte Anstand genug, um den Blick zu senken und mit der Stiefelspitze in der weichen Erde zu bohren.
    Delacroix’ Geschichte zufolge hatten er und sein Cousin ein Reh verfolgt, waren dem verwundeten Bock in die Schlucht nachgelaufen, wo sie auf einen Erdhaufen stießen, der aussah wie ein Grab, und irgendwas hatte dem kleinen Jones Angst eingejagt. In panischem Schrecken war er zusammen mit Billy Deans Hund den Hügel hinaufgerannt, und als Billy Dean selbst endlich diesen Wegabschnitt erreicht hatte, konnte er nur noch feststellen, dass sein Cousin von
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