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Evernight Bd. 4 Gefährtin der Morgenröte

Evernight Bd. 4 Gefährtin der Morgenröte

Titel: Evernight Bd. 4 Gefährtin der Morgenröte
Autoren: Claudia Gray
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Gemurmel und Rufe zu hören.
    »Patrice und Ranulf sollten sich eigentlich gerade darum kümmern …«
    Ihre Stimme verhallte, als die Steine von Evernight zu schreien begannen.
    Das war das einzig passende Wort dafür, auch wenn es sich nicht wie ein menschlicher Schrei anhörte. Es war, als wäre das Gebäude selbst lebendig geworden und würde diesen Zustand hassen. Das Reale schabte geräuschvoll über das Irreale und existierte in Dimensionen, in denen es gar keinen Klang mehr gab. Doch in unseren Köpfen fand es einen Widerhall. Wir pressten uns die Hände auf die Ohren mit Ausnahme von Lucas, der zwar wie unter Schmerzen das Gesicht verzog, seinen Griff um meine Taille jedoch nicht lockerte. »Was zur Hölle ist das?«, brüllte er, um den Lärm zu übertönen.
    Da spürte ich sie, wie sie sich ihren Weg durch das Gerüst der Schule bahnten und der Freiheit entgegenstrebten. »Die Geister. Sie sind frei.«
    Sie waren entfesselt, aber sie waren zornig. Anstatt geradewegs zu den Menschen zu fliegen, die ihre Anker waren, die Welt der Sterblichen gänzlich hinter sich zu lassen oder sich an die Orte zurückzuwünschen, an denen sie vorher gespukt hatten, griffen sie nun die Evernight-Akademie und jeden darin an. Früher hatte ich nicht verstanden, warum sie sich nicht vernünftig und nachvollziehbar verhielten und warum sie nur ihren Instinkten folgten. Nun, da ich einen Tag in einer Falle verbracht hatte, begriff ich es. Diese Dinger stahlen einem das Gefühl für einen selbst. Es dauerte nicht lange, bis nichts mehr von einem übrig geblieben war als Angst und Zorn.
    Mein Atem war nun neblig geworden, und Frost überzog die Wände, die Treppe und die Decke. Mein Vater wäre beinahe auf dem Eis ausgeglitten, das sich unter ihm gebildet hatte, und zwar so rasch, dass es an den Füßen schmerzte und sie fast festgefroren wären. Aus dem Murmeln über uns wurden Schreie.
    »Schnell«, sagte ich und spürte, wie eine frische Stärke in mir wuchs, nun, da ich eine neue Aufgabe vor mir liegen sah.
    Wir rannten den restlichen Weg, auch wenn es schwer war. Das Eis war jetzt dicker als bei jedem vorherigen Geisterangriff, bei dem ich dabei gewesen war. Es war beinahe so, als bestünde die ganze Schule aus Eis. Die Steine ächzten und stöhnten vom Druck des Eises in den Fugen, und wir rutschten und stolperten durchs Treppenhaus, das immer mehr dem Inneren eines Iglus glich.
    Endlich erreichten wir die Große Halle. Auch ohne das Wissen, dass dies der Ort war, an dem die Geister befreit wurden, war es auf den ersten Blick offensichtlich, dass sich hier das Herz des Sturms befand. Die gesamte Große Halle schien nichts als ein riesiges Labyrinth zu sein, das aus einem einzigen Eisblock herausgehauen war. Davor zitterten, vom Frost weiß überzogen, Patrice und Ranulf. Die beiden hockten in der Nähe des Eingangs, offenbar außerstande, sich zu bewegen.
    »Seid ihr in Ordnung?«, fragte ich und hastete zu Patrice. Ihre Hand fühlte sich wie aus Schnee an.
    »Danke, Skye, mit mir ist alles okay«, stieß Patrice zwischen klappernden Zähnen hervor. »Du musst fort von hier.«
    »Wir werden alle von hier verschwinden«, sagte Lucas. Er ließ mich los, um Patrice hochzuheben. Sie hing steif in seinen Armen, aber er schaffte es, sie durch die Tür hindurchzubugsieren. Mom und Dad griffen Ranulf links und rechts unter die Arme, um ihn hinauszubringen.
    Ich rannte aus dem Gebäude nach draußen aufs Schulgelände. Als ich einen Blick zurück zur Akademie warf, sog ich scharf die Luft ein. Sie sah nun aus, als sei sie aus einem Kristall herausgeschnitten; die Umrisse verschwammen und waren fragil geworden wie Schneeflocken. Andere Schüler drängten sich vor dem Haus zusammen. Sie bibberten in ihren Schlafanzügen, während sie ungläubig zur Schule starrten. An diesem Tag musste es geschneit haben, denn einige von ihnen standen bis zu den Knien im Schnee.
    Es kann Stunden dauern, bis Hilfe hier ist , dachte ich. Bis dahin sind die Leute längst erfroren. Ich muss es jetzt tun.
    Was musst du tun?, dachte Skye zunehmend beunruhigt. Angesichts dessen, was sie in den letzten paar Minuten erlebt hatte, konnte ich es ihr nicht verübeln.
    Nicht weit von uns entfernt entdeckte ich Balthazar, der mit einem von Mrs. Bethanys Getreuen kämpfte. Beide hatten ihre verlängerten Reißzähne gebleckt, während sie brüllten, einander umkreisten und sich gegenseitig ansprangen.
    Skye schrie auf, und die schiere Angst brachte sie dazu, einen
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