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Evernight Bd. 3 Hüterin des Zwielichts

Evernight Bd. 3 Hüterin des Zwielichts

Titel: Evernight Bd. 3 Hüterin des Zwielichts
Autoren: Claudia Gray
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hatte nichts mit mir zu tun«, sagte ich leise. Meine Stimmung sank, als sich das Gewicht all dessen, was ich verloren hatte, auf mich legte, und ich stützte mich gegen den Fernsprecher. Plötzlich war ich so müde.
    »Okay, okay, schon gut.«
    Was Vic nicht wusste und nicht wissen konnte, war die Tatsache, dass Balthazars Niedergeschlagenheit mit seiner Schwester Charity zusammenhing, die für den Angriff des Schwarzen Kreuzes verantwortlich war. Für Balthazar war Charity die wichtigste Person auf der Welt, und seltsamerweise glaubte ich, dass er das auch für sie war. Das würde sie jedoch nicht davon abhalten, ihm etwas anzutun oder jemanden zu verletzen, der ihm nahestand, mich eingeschlossen.
    Vic, der von Minute zu Minute wacher zu werden schien, fragte: »Was ist mit Raquel? Sie war die einzige andere Schülerin, die wir ebenfalls nicht finden konnten. Ist sie vielleicht bei euch?«
    »Das ist sie tatsächlich. Es geht ihr gut. Prächtig sogar.«
    »Ausgezeichnet! Dann sind wir ja alle unbeschadet rausgekommen. Unglaubliches Wunder.«
    »Wohin hat es denn Ranulf verschlagen?«, fragte ich.
    »Der ist in unserem Gästezimmer hier gelandet. Soll ich ihn mal ans Telefon holen?«
    »Schon gut. Ich bin nur froh, dass es ihm gut geht.« Lucas und ich wechselten ein überraschtes Lächeln. Wenn Vic wüsste, dass er einen Vampir gebeten hatte, in seinem Haus zu wohnen, dann würde er vermutlich nicht um diese Uhrzeit noch schlafen – falls er denn überhaupt ein Auge zugetan hätte. Zum Glück war Ranulf viel zu sanftmütig, um irgendjemandem etwas zuleide zu tun. »Hör mal, wir müssen jetzt los. Ich melde mich aber wieder.«
    »O Mann, ey, ich komme nicht damit klar, wenn sich Leute morgens schon geheimnisvoll geben«, seufzte Vic und fügte sehr leise hinzu: »Ruf deine Eltern an. Es ist nur… Du musst das einfach machen, in Ordnung?«
    Mir saß ein Kloß im Hals. »Ja, auf Wiedersehen, Vic.«
     
    Nachdem ich eingehängt hatte, nahm Lucas meine Hand. »Ich hab dir ja schon gesagt, dass es Möglichkeiten gibt, wie du Kontakt aufnehmen kannst, wenn du das gerne möchtest. «
    Ich hatte mir solche Sorgen um Mom und Dad gemacht, dass ich mir gar nicht die Zeit genommen hatte, darüber nachzudenken, welche Ängste sie meinetwegen ausgestanden haben mussten.
    Ich musste erschüttert ausgesehen haben, denn Lucas nahm mich rasch in den Arm. »Wir werden sie bald erreichen. Du kannst ihnen auch schreiben. Es wird alles gut.«
    »Ich weiß. Es ist nur so schwer.«
    »Ja.« Wir küssten uns. Es war ein ganz normaler Kuss, aber der erste seit viel zu langer Zeit, bei dem wir unbeobachtet waren. In diesem Augenblick ließen wir uns nicht von unserer Erschöpfung oder unseren Sorgen abhalten; wir waren wieder zusammen, wieder ohne die anderen, und erinnerten uns an all das, was wir aufgegeben hatten, um beieinander zu sein. Wir schwelgten in dem Gefühl. Lucas’ Arme waren fest um mich geschlungen, als er mich hintenüberbeugte. Die ganze Welt schien aus den Angeln gehoben; er war mein einziger Bezugspunkt. Wenn ich mich an ihm festhielt, konnte mir nichts etwas anhaben.
    Lucas gehört mir , dachte ich. Mir. Niemand kann ihn mir wegnehmen.
     
    Als wir New York erreichten, war die Nacht hereingebrochen. Beim ersten Anblick der Skyline von Manhattan in der Ferne jubelten und kreischten wir alle. Was wir sahen, war ziemlich spektakulär. Für mich war New York eher ein mythologischer denn ein realer Ort. Dort spielten all die Filme und TV-Serien, und die Straßennamen, nach denen wir im Vorbeifahren Ausschau halten sollten, hatten einen magischen Beiklang in meinen Ohren: 42. Straße. Broadway.
    Dann fiel mir ein, dass Manhattan eine Insel war, und ich schauderte beim Gedanken daran, dass ich wieder einen Fluss überqueren sollte. Doch stattdessen nahmen wir einen Tunnel, was besser war. Aus irgendeinem Grund war es anders, unter dem Wasser durchzufahren. Ich wünschte, ich hätte meine Eltern fragen können, woran das lag.
    Als wir aus dem Tunnel herauskamen, erreichten wir praktisch sofort den Times Square, der glitzerte und so hell erleuchtet war, dass mir ganz schwindelig wurde. Die anderen lachten über mich, aber ich konnte spüren, dass sie sich von meiner Aufregung anstecken ließen.
    Es stellte sich heraus, dass der Broadway ein Dutzend Häuserblöcke weiter gar nicht mehr so protzig war. Die hellen Lichter waren weniger strahlend, und wir fuhren an einem Apartmenthaus nach dem anderen vorbei; sie türmten sich
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