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Evernight Bd. 3 Hüterin des Zwielichts

Evernight Bd. 3 Hüterin des Zwielichts

Titel: Evernight Bd. 3 Hüterin des Zwielichts
Autoren: Claudia Gray
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erschien es mir richtiggehend grell. Ich hatte noch nie so lange auf Blut verzichtet.
    »Glaubst du, dass sie im Imbiss auch … Vielleicht ist da noch etwas Blut im rohen Fleisch. Wir könnten …«
    »Das würde nicht ausreichen. Außerdem weiß ich, was wir tun.«
    Ich stand reglos da und beobachtete das schwankende Gras neben dem Highway, das vom Luftzug der vorbeirasenden Autos hin- und hergepeitscht wurde. Ein Rotkehlchen pickte in der Erde und suchte zwischen Kronkorken und Zigarettenstummeln nach Würmern.
    »Bianca?«
    Ich konnte die Augen nicht von dem Rotkehlchen abwenden und an nicht anderes als an sein Blut denken. Das Blut von Vögeln ist dünn, aber es ist heiß .
    »Sieh nicht hin«, flüsterte ich. Mein Kiefer schmerzte. Meine Reißzähne wuchsen in meinem Mund und schabten wie scharfe Nadelspitzen über meine Lippen und die Zunge. Obwohl wir im strahlenden Sonnenschein standen, schien alles um mich herum dunkel zu werden, als ob das Rotkehlchen im Scheinwerferlicht säße und sich in Zeitlupe bewegte.
    Mit der Schnelligkeit der Vampire machte ich einen Satz. Der Vogel flatterte nur einen Moment lang in meinen Händen, ehe ich in sein Fleisch biss.
    Ja, das ist gut. Blut. Ich trank das bisschen Blut, das so ein Rotkehlchen zu bieten hatte, und hielt die Augen genussvoll geschlossen. Als das Tier verschrumpelt und tot in meinen Händen lag, ließ ich es fallen und wischte mir mit dem Handrücken den Mund ab. Erst da begriff ich, dass ich es soeben getan hatte, während Lucas mir dabei zusah. Ein Gefühl von Scham überwältigte mich bei dem Gedanken daran, wie wild ich wohl ausgesehen hatte und wie angewidert Lucas gewesen sein musste.
    Aber als ich zögernd meinen Blick hob, hatte sich Lucas abgewandt, genau, worum ich ihn gebeten hatte. Er hatte mich nicht beobachtet. Er spürte, dass ich mein Mahl beendet hatte, drehte sich herum und lächelte mich liebevoll an. Als Lucas die Angst in meinen Augen sah, schüttelte er den Kopf.
    »Ich liebe dich«, murmelte er. »Das bedeutet, dass ich nicht nur in den schönen Stunden an deiner Seite bin. Ich bin da, was immer auch kommen mag.«
    Voller Erleichterung nahm ich seine Hand und lief mit ihm zum Imbiss. Wir waren müde, und ich trug Kleidung, die mir nicht passte. Unmittelbar neben dem Highway, aber mitten im Nirgendwo befanden wir uns, und doch fühlte ich mich in diesem Moment hübscher als jede Prinzessin, jedes Supermodel oder als sonst irgendjemand. Ich hatte Lucas, der mich liebte, egal, was auch geschah. Und das war alles, was ich brauchte.
     
    Im Imbiss schlangen wir unser Essen hinunter. Lucas war völlig ausgehungert, und auch ich brauchte etwas Richtiges im Magen. Während wir uns die Pommes in den Mund schoben, versuchten wir uns zu entscheiden, was wir mit den restlichen, wenigen Augenblicken Freizeit anfangen sollten.
    »Könnten wir vielleicht ein Internet-Café suchen? Dann könnte ich meinen Eltern eine E-Mail schicken.«
    »Nein. N.E.I.N. Erstens gibt es keine Möglichkeit, hier auf die Schnelle ein Internet-Café aufzutreiben. Und zweitens wirst du keinen Mailkontakt mit ihnen aufnehmen. Du kannst sie anrufen, wenn du weißt, wo sie sich aufhalten, aber nicht von der Zelle aus und auch von nirgends, wohin dein Anruf zurückverfolgt werden kann. Du kannst einen Brief schreiben. Aber keine E-Mail. Das ist eine Regel vom Schwarzen Kreuz, die wir nicht missachten werden.«
    Lucas war der Meinung, dass es etwas anderes war, ob man Regeln missachtete oder gegen dumme Vorschriften verstieß, doch in just diesem Augenblick war mir der Unterschied nicht klar. Wie dem auch sei, ich wusste noch einen anderen Weg, herauszufinden, was in der Nacht geschehen war, in der Evernight gebrannt hatte.
    Zuerst wollte ich Lucas’ Handy benutzen, aber er wies darauf hin, dass das Schwarze Kreuz in der Lage wäre, den Anruf zu verfolgen. Doch glücklicherweise stießen wir nach dem Essen an der Seite des Imbisses auf einige Münztelefone. Als ich bei den ersten beiden den Hörer abnahm, ertönte kein Freizeichen, und beim dritten war das Kabel durchgeschnitten. Das vierte Telefon funktionierte endlich. Ich lächelte erleichtert, kaum dass ich das Freizeichen hörte. »Vermittlung, ein R-Gespräch«, sagte ich und las die Nummer vor, die Lucas auf seinem Handy gespeichert hatte und mit der ich verbunden werden wollte. »Sagen Sie, dass Bianca Olivier am Apparat ist.«
    Stille. »Hat die etwa aufgelegt?«, fragte ich, an Lucas gewandt.
    Der stand neben mir
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