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Eulen

Eulen

Titel: Eulen
Autoren: Carl Hiassen
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fahren. Ich hab bloß keins.«
    »Dann solltest du dir schleunigst eins besorgen. Meine Freunde und ich, wir gehen immer in die großen Einkaufszentren und fahren da. Du kannst ja mal mitkommen.«
    »Cool.« Roy bemühte sich, begeistert zu klingen. Einkaufszentren gefielen ihm überhaupt nicht, aber Garrett wollte nett zu ihm sein, und darüber freute er sich.
    Garrett war ein ziemlich schwacher Schüler, aber er war allgemein beliebt, weil er viel Blödsinn im Unterricht machte und jedes Mal, wenn er von den Lehrern aufgerufen wurde, Furzgeräusche von sich gab. Garrett war der König der falschen Fürze an der Trace Middle. Sein berühmtester Trick war der, die erste Zeile des feierlichen Treueversprechens der Schüler mit Furzgeräuschen zu imitieren.
    Das wirklich Verrückte war, dass Garretts Mutter pädagogische Beraterin an der Schule war. Roy nahm an, dass sie ihre pädagogischen Fähigkeiten in der Schule aufbrauchte und zu Hause viel zu müde war, um sich auch noch mit Garrett zu befassen.
    »Ja, wir skaten so lange durch die Gänge, bis die Sicherheitsleute uns rausschmeißen«, erzählte Garrett. »Dann machen wir auf den Parkplätzen weiter, bis sie uns auch da verjagen. Das ist absolut Spitze.«
    »Stark«, sagte Roy, obwohl er es sich ziemlich langweilig vorstellte, den Samstagmorgen damit zu verbringen, durch ein Einkaufszentrum zu skaten. Er freute sich schon auf seine erste Fahrt mit einem Luftkissenboot durch die Everglades. Sein Dad hatte ihm versprochen, das an einem der nächsten Wochenenden mit ihm zu unternehmen.
    »Gibt es hier irgendwelche anderen Schulen?«, fragte Roy.
    »Wieso? Stinkt es dir hier schon?« Garrett kicherte und hieb mit dem Löffel in ein klebriges Apfeltörtchen.
    »Überhaupt nicht. Ich frag nur, weil ich heute Morgen einen seltsamen Jungen gesehen hab, an einer der Haltestellen. Aber er ist nicht eingestiegen, und gesehen hab ich ihn hier auch nirgends«, sagte Roy. »Deshalb hab ich gedacht, vielleicht geht er woandershin.«
    »Also, ich kenn niemand, der nicht auf der Trace Middle ist«, sagte Garrett. »Es gibt noch eine katholische Schule in Fort Myers, aber das ist ziemlich weit weg. Hatte er eine Schuluniform an, der Typ? Bei den Nonnen müssen nämlich alle Uniform tragen.«
    »Nee, ganz bestimmt nicht.«
    »Und du bist sicher, dass er Mittelschüler war? Sonst kann es ja sein, dass er auf der Graham ist.« Graham war die staatliche High School, die am nächsten bei Coconut Cove lag.
    »Für die High School war er nicht groß genug«, sagte Roy.
    »Vielleicht war er ein Zwerg.« Garrett grinste und machte ein Furzgeräusch mit einer seiner Wangen.
    »Eher nicht«, sagte Roy.
    »Du hast gesagt, er wär irgendwie seltsam gewesen, oder?«
    »Er hatte keine Schuhe an«, antwortete Roy, »und er ist gerannt wie verrückt.«
    »Vielleicht war einer hinter ihm her. Sah er aus, als ob er Angst hätte?«
    »Eigentlich nicht.«
    Garrett nickte. »Ich wette, der war von der High School. Fünf Dollar.«
    Roy war nicht überzeugt. Der Unterricht an der Graham High fing fünfundfünfzig Minuten früher an als der an der Trace Middle, deshalb waren die Schüler von der High School längst nicht mehr auf der Straße, wenn die Busse der Mittelschule ihre Runden beendeten.
    »Dann schwänzt er eben. Ist doch normal«, sagte Garrett. »Willst du deinen Nachtisch noch?«
    Roy schob sein Tablett über den Tisch. »Hast du schon mal geschwänzt?«
    »Na logo«, sagte Garrett spöttisch. »Zig Mal.«
    »Und schwänzt du dann alleine?«
    Garrett dachte einen Moment nach. »Nee. Immer mit meinen Freunden zusammen.«
    »Siehst du, genau das meine ich.«
    »Vielleicht ist der Junge ein Psychofall. Was soll’s?«
    »Oder er hat was angestellt und ist auf der Flucht – ein Outlaw«, überlegte Roy.
    Garrett schaute skeptisch drein. »Ein Outlaw? Du meinst, so ein Geächteter, wie Jesse James?«
    »Na ja, nicht wirklich«, sagte Roy, obwohl – der Junge hatte durchaus was Wildes in den Augen gehabt.
    Garrett lachte wieder. »Ein Outlaw – das ist echt komisch, Eberhardt. Du hast eine ziemlich irre Phantasie.«
    »Ja«, sagte Roy, aber in Gedanken war er schon dabei, einen Plan zu entwerfen. Er war fest entschlossen, den rennenden Jungen zu finden.

2
    Am nächsten Morgen tauschte Roy mit einem anderen Schüler im Bus die Plätze, um näher bei der Fahrertür zu sitzen. Als sie in die Straße einbogen, wo er den rennenden Jungen gesehen hatte, setzte Roy seinen Rucksack auf und spähte
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