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Etwas Endet, Etwas Beginnt

Etwas Endet, Etwas Beginnt

Titel: Etwas Endet, Etwas Beginnt
Autoren: Andrzej Sapkowski
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Höflichkeit gegenüber dem Gastgeber. Der Doppler warf Villentretenmerth Rassismus, Chauvinismus und völliges Unverständnis für den Gegenstand der Diskussion vor. Der gekränkte Villentretenmerth nahm also für einen Augenblick Drachengestalt an, wobei er ein paar Möbel zertrümmerte und eine allgemeine Panik auslöste. Als diese sich gelegt hatte, entbrannte ein heftiger Streit, bei dem Menschen und Nichtmenschen einander Beispiele für Intoleranz und Rassenvorurteile unter die Nase rieben. Einen ziemlich unerwarteten Akzent in der Diskussion setzte die sommersprossige Merle, die Dirne, die nicht wie eine Dirne aussah. Merle erklärte, diese ganze Streiterei sei dumm und gegenstandslos und gelte nicht für wahre Profis, die keinerlei Vorurteile kennen würden, was sie gegen angemessene Bezahlung sogleich beweisen könne, und sei es mit dem Drachen Villentretenmerth inseiner natürlichen Gestalt. In der Stille, die daraufhin eintrat, war das Medium weiblichen Geschlechts zu vernehmen, welches erklärte, es könne dasselbe gratis tun. Villentretenmerth wechselte rasch das Thema, und man begann, weniger gefährliche Dinge zu erörtern, wie Wirtschaft, Politik, Jagd, Fischfang und Glücksspiel.
    Die übrigen Skandale spielten sich eher in kleinerem Maßstab ab. Mäussack, Radcliffe und Dorregaray wetteten, wer mit Willenskraft mehr Gegenstände gleichzeitig zur Levitation bringen könne. Es gewann Dorregaray: in der Luft hielt er zwei Sessel, eine Schale mit Obst, eine Suppenschüssel, einen Globus, eine Katze, zwei Hunde sowie Kashka, die jüngste Tochter von Freixenet und Braenn.
    Dann schlugen sich Cirilla und Mona, die beiden mittleren Töchter Freixenets, und man musste sie aus dem Zimmer bringen. Kurz darauf schlugen sich Ragnar und Ritter Matholm; der Grund dafür war Morénn, Freixenets älteste Tochter. Missmutig hieß Freixenet Braenn, seine sämtlichen rothaarigen Minderjährigen in ihren Zimmern einzuschließen, er selbst aber schloss sich dem Wetttrinken an, das Freya organisiert hatte, die Freundin Mäussacks. Alsbald erwies sich, dass Freya über eine unvorstellbare, an totale Immunität grenzende Unempfindlichkeit für Alkohol verfügte. Die meisten Dichter und Barden, Rittersporns Kollegen, landeten im Handumdrehen unter dem Tisch. Freixenet, Crach an Craite und der Schulze Caldemeyn schlugen sich wacker, mussten sich jedoch geschlagen geben. Standhaft hielt sich der Zauberer Radcliffe   – bis herauskam, dass er mogelte: Er hatte das Horn eines Einhorns bei sich. Nachdem man es ihm weggenommen hatte, blieb ihm gegen Freya keine Chance. Bald schon hatte sich das Ende des Tisches, wo die Frau von den Inseln saß, vollends geleert   – eine Zeitlang trank mit ihr noch ein bleicher Mann in altmodischer Jacke, den niemand kannte. Nach einer Weile stand dieser Mann auf, wankte ein wenig, verbeugte sich höflich und ging durch die Wand wie durch Nebel. Eine Durchsicht der alten Gemälde, die den Saal zierten, erlaubte die Feststellung, dass es sich um Willem gehandelt hatte, genannt »der Teufel«, einen Schlossherrn von Rosrog, der vor ein paar Jahrhunderten während eines Festmahls erdolcht worden war.
    Das alte Schloss barg zahlreiche Geheimnisse und hatte früher einen recht finsteren Ruhm genossen, daher ging es nicht ohne weitere Vorfälle übernatürlicher Art ab. Gegen Mitternacht kam durchs offene Fenster ein Vampir hereingeflogen, doch der Zwerg Yarpen Zigrin vertrieb den Blutsäufer, indem er ihn mit seinem knoblauchgeschwängerten Atem anhauchte. Die ganze Zeit über heulte etwas, stöhnte und rasselte mit Ketten, doch niemand achtete darauf; alle meinten, das seien Rittersporn und seine wenigen Kollegen, die noch halbwegs nüchtern waren. Es war jedoch ein Geist, denn auf der Treppe fand sich reichlich Ektoplasma   – mehrere Personen glitten aus und stürzten schmerzhaft.
    Die Grenzen des Anstandes überschritt ein struppiger und feueräugiger Alb, der aus dem Hinterhalt die Sirene Sh’eenaz in den Popo kniff. Ein Zank wurde mit Mühe abgewendet, denn Sh’eenaz glaubte, der Schuldige sei Rittersporn. Der Alb machte sich das Durcheinander zunutze, durchstreifte den Saal und kniff, doch Nenneke machte ihn ausfindig und vertrieb ihn mit Hilfe von Exorzismen.
    Mehreren Personen erschien die Weiße Dame, die, wenn man der Legende Glauben schenkte, einst lebendig in den Verliesen von Rosrog eingemauert worden war. Es gab jedoch Skeptiker, die behaupteten, das sei nicht die Weiße Dame,
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