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Eternity

Eternity

Titel: Eternity
Autoren: Cabot Meg
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wahrscheinlich völlig anders gefühlt, wenn er auch nur die leiseste Ahnung gehabt hätte, wohin Meena Harper ging. Sein Vortrag, dass sie nicht in fensterlosen Räumen schlafen dürfte, hatte sie überzeugt, allerdings nicht davon, der Geheimen Garde beizutreten, sondern sich ihrer Angst zu stellen.
    Und deshalb ging sie direkt vom Krankenhaus an den Ort, der ihr am meisten Angst machte, obwohl sie versprochen hatte, nicht dorthin zu gehen.

61
    Freitag, 23. April, 20.00 Uhr
Apt. 11 B
910 Park Avenue, New York
     
     
    Meena wusste eigentlich nicht genau, warum sie unbedingt in ihre Wohnung wollte.
    Alle hatten ihr davon abgeraten. Alaric, der da gewesen war und die schreckliche Zerstörung mit eigenen Augen gesehen hatte. Abraham Holtzman, der aus seinem Handbuch über posttraumatische Stresserkrankungen zitiert und sie gewarnt hatte, dass sie einen schlimmen Schaden davontragen könnte. Schwester Gertrude, die mit solchen Dingen pragmatisch und freundlich umging.
    Selbst Jon, der einige seiner privaten Dinge herausgeholt hatte.
    »Es ist grauenhaft!«, hatte er schaudernd gesagt. »Glaub mir. Das willst du gar nicht wissen.«
    Aber Meena wollte es doch wissen. Schon seit jener Nacht …
    Sie versuchte, nicht an jene Nacht zu denken, weil ihr dann jedes Mal die Tränen kamen. Lucien war bestimmt tot.
    Er musste tot sein.
    Genauso schrecklich jedoch war die Angst, dass er nicht tot war. Wenn er nun nicht tot war, sie immer noch liebte und mit ihr zusammen sein wollte?
    Was war schlimmer?
    Und genau wegen dieser Überlegung wollte sie lieber gar nicht daran denken.
    Nicht daran zu denken war einfacher, als sie es sich vorgestellt
hätte. Jedes Mal, wenn sie anfing, daran zu denken, schob sie einfach alle Gedanken und Erinnerungen an Lucien Antonescu energisch beiseite und dachte fest an etwas anderes.
    Sie sorgte dafür, dass sie im Pfarrhaus immer so viel zu tun hatte, dass ihr gar keine Zeit mehr blieb, an Lucien zu denken. Nach jeder Mahlzeit im Pfarrhaus wusch sie Berge von Geschirr, Töpfen und Pfannen ab. Diese Arbeit war Meenas Buße für die Verbrennungen, die die anderen ihretwegen erlitten hatten. Sie schrubbte alles, bis es glänzte, und manchmal war sie bis spät am Abend in der Küche, allein mit sich vor dem Becken mit dem heißen, seifigen Wasser und dem Schwamm.
    Und hinter dem Fenster über der Spüle wurde es dunkel.
    Und sie hatte das Gefühl, dass jemand sie aus der Dunkelheit mit brennenden Augen beobachtete.
    Sie versuchte, nicht an die Augen zu denken, nicht daran zu denken, ob es sie wirklich gab oder ob sie sich alles nur einbildete.
    Sie half auch in der Suppenküche oder im Second-Hand-Shop. Dort hatte sie ihr fantastisches neues Kleid und noch andere Ergänzungen ihrer Garderobe gefunden. Zwar sollten die Spenden an die Kleiderkammer verkauft werden, aber es war ja wohl kein Verbrechen, wenn sie sich ein oder zwei Teile nahm. Ihre gesamte Kleidung war schließlich von den Dracul zerstört oder von Alaric Wulfs Blut durchtränkt worden.
    Aber vielleicht war es gar nicht richtig, nicht an Lucien Antonescu und an das, was in jener Nacht passiert war, zu denken.
    Vor Alarics Vortrag hatte sie geglaubt, es wäre richtig, wenn sie sich weigerte, an Lucien zu denken. Aber er hatte ihr klargemacht, dass Menschen wie sie beide nicht die Augen vor den beängstigenden Dingen im Leben schließen konnten, sondern sie bekämpfen mussten. Und er hatte recht – sie beide waren
einander ähnlich, er mit seinem Schwert und sie mit ihrer Fähigkeit, den Tod vorherzusagen.
    Und so stellte sie fest, dass sie nicht nur die Verpflichtung hatte, an Lucien zu denken, sondern dass sie sich mit ihm und mit dem, was er ihr und ihrem Leben angetan hatte, auseinandersetzen musste.
    Natürlich nur, wenn er überhaupt noch am Leben war. Aber das konnte ihr anscheinend keiner genau sagen. Abraham hatte lediglich gemeint, er sei nach dem letzten Feuerhauch – der alle Anwesenden bewusstlos gemacht hatte – aufgewacht, und der Prinz sei weg gewesen.
    »Weg? «, hatte Meena gefragt. Ihr fiel es schwer zu glauben, dass ein dreißig Tonnen schwerer, zwanzig Meter hoher roter geflügelter Drache sich einfach in Luft aufgelöst haben sollte, so wie Emil und Mary Lou Antonescu.
    »Weg«, hatte Abraham nickend wiederholt.
    Aber Lucien war nicht weggeflogen. Das Dach der Kathedrale war noch intakt, und niemand hatte einen roten Drachen über Manhattan fliegen sehen. Die Feuerwehr war, vor allem aufgrund der vagen Erklärungen
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