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Esquivel, Laura - Bittersuesse Schokolade

Esquivel, Laura - Bittersuesse Schokolade

Titel: Esquivel, Laura - Bittersuesse Schokolade
Autoren: Laura Esquivel
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Braut zu zeigen. Durch eine glückliche Fügung hatten sie in diesen Zeiten politischer Unruhen sogar französische Seide erstehen können. Die Revolution machte jede Reise durch das Land zur Gefahr; ohne jenen Chinesen, der sich dem Schwarzhandel verschrieben hatte, wäre es ihnen unmöglich gewesen, den Stoff aufzutreiben, hätte doch Mama Elena nie und nimmer zugelassen, daß eine ihrer Töchter die waghalsige Reise in die Hauptstadt unternähme, um auch nur das Notwendigste für Rosauras Hochzeitskleid und ihre Aussteuer zu beschaffen. Dieser Chinese war ausnehmend geschäftstüchtig: In der Hauptstadt tauschte er seine Ware gegen Scheine des Revolutionsheeres der Nordprovinzen, die in der Stadt keinen Pfifferling wert waren und die sonst niemand nahm. Er akzeptierte sie natürlich hundertfach unter dem Nennwert und reiste mit diesem Geld wieder nach Norden, wo die Scheine ihren tatsächlichen Wert hatten, und deckte sich dort mit neuer Ware ein.
    In den Nordprovinzen wiederum ließ er sich mit Scheinen aus der Hauptstadt zu für ihn entsprechend günstigen Konditionen bezahlen. So betrieb er seine Geschäfte während der gesamten Revolution, bis er schließlich als Millionär endete. Doch entscheidend war, daß dank seiner Hilfe Rosaura als Braut in den Genuß der feinsten und erlesensten Stoffe kam.
    Tita war vom strahlend weißen Glanz des Lakens, auf das sie nun starrte, wie hypnotisiert gewesen; es hatte nur einige Sekunden gedauert, doch sie genügten, um Tita buchstäblich zu blenden. Wohin auch ihr Blick schweifte, sie hatte nur strahlendes Weiß gesehen. Rosaura, die gerade einige Einladungen mit der Hand schrieb, hatte sie wie ein schneeschimmerndes Gespenst wahrgenommen. Doch es war ihr gelungen, so geschickt zu überspielen, was in ihr vorging, daß niemand etwas bemerkt hatte.
    Auf keinen Fall war ihr daran gelegen gewesen, sich einen weiteren Tadel von Mama Elena einzuhandeln. Daher hatte sie sich mächtig zusammengerissen und ihre Sinne geschärft, um festzustellen, wen sie willkommen hieß, als sich die Lobos zur Überreichung ihres Verlobungsgeschenks ankündigten, denn alle waren ihr wie bei einer Vorführung chinesischer Schattenspiele mit weißen Laken bedeckt erschienen. Zum Glück hatte ihr Paquitas schrille Stimme einen Anhaltspunkt geboten, und so war es ihr gelungen, die Begrüßung anstandslos zu überstehen.
    Später, als sie die Gäste bis zum Hoftor begleitet hatte, war ihr aufgefallen, daß selbst die Nacht sich ihr in nie gesehener Form darbot: in strahlendem Weiß.
    Nun fürchtete sie, das gleiche könne ihr in diesem Augenblick erneut widerfahren, als ihr, so sehr sie sich auch auf die Herstellung der Kuchenglasur konzentrierte, diese einfach nicht gelang. Sie schreckte vor dem Zuckerweiß zurück und spürte, daß sich die weiße Farbe jeden Augenblick ihrer Sinne bemächtigen würde, im Schlepptau Bilder aus ihrer Kindheit in unschuldigem Weiß, als man sie weiß gekleidet vor die Maijungfrau geführt hatte, um ihr weiße Blumen zu bringen. Gemeinsam mit anderen Mädchen im weißen Kleid war sie in einer Prozession vor den Altar getreten, der von weißen Kerzen und Blüten überquellend in himmlisch weißem Licht erstrahlte, das durch das Fenster der weiß gekalkten Pfarrei eindrang. Nicht ein einziges Mal hatte sie die Kirche betreten, ohne davon zu träumen, daß sie diese Schritte eines Tages am Arm eines Mannes gehen würde. Doch nicht allein diese Gedanken mußte sie nun verscheuchen, sondern überhaupt alle Erinnerungen, die sie schmerzten: Vor allem durfte sie die Glasur für den Hochzeitskuchen ihrer Schwester nicht warten lassen. So gab sie sich schließlich einen Ruck, um mit der Arbeit in der Küche zu Ende zu kommen:
     
    MENGENANGABEN FÜR DIE GLASUR:
    800 g Kristallzucker
    60 Tropfen Zitronensaft und soviel Wasser,
daß der Zucker sich gerade darin auflöst.
    1 Prise Karmin
     
    ZUBEREITUNG:
    Man setzt einen Topf mit dem Zucker und dem Wasser aufs Feuer und rührt ohne Unterbrechung, bis die Masse zu kochen beginnt. Nun gießt man sie durch ein Sieb in ein anderes Gefäß, setzt das Ganze wieder aufs l euer, fügt den Zitronensaft hinzu und wartet, bis der Grad des kleinen Ballens erreicht ist. Dabei reinigt man den Topfrand wiederholt mit einem feuchten Leinentuch, um zu verhindern, daß die Glasur kristallisiert; sobald der genannte Grad erreicht ist, gießt man die Masse in einen angefeuchteten Topf um, besprengt sie leicht und läßt sie dann ein wenig
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