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Es war einmal ein Mord: Ein Hänsel und Gretel-Krimi (German Edition)

Es war einmal ein Mord: Ein Hänsel und Gretel-Krimi (German Edition)

Titel: Es war einmal ein Mord: Ein Hänsel und Gretel-Krimi (German Edition)
Autoren: P. J. Brackston
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»Stell ihn genau unter mir ab. Beeil dich!«
    Wie geheißen trippelte Hänsel davon. Oder besser, er hätte es getan, hätte der Riese ihn nicht entdeckt. Außerstande, zwischen seinen Angreifern und einem unglückseligen Beobachter zu unterscheiden, pflückte er Hänsel vom Boden, hob ihn hoch in die Luft und brüllte dabei vor Zorn.
    Hänsel schrie.
    Gretel schrie.
    Der Riese hörte Gretel und hob den Blick. Als er sie auf dem Sims entdeckte, warf er Hänsel weg und stiefelte auf die Stelle zu, an der Gretel thronte.
    Gretel fühlte, wie ihr Mund trocken wurde, während der vor Schreck erstarrte Hänsel das Geschehen hilflos beobachtete. Die gewaltigen Arme ausgestreckt, stampfte der Riese auf Gretel zu. Enorme Hände machten sich bereit, sie von dem Sims zu zupfen und vor Wut zu zerquetschen. In diesem Moment schien es, als wäre alles vorbei für Gretel aus Gesternstadt. In dem Bewusstsein, dass ihr Bruder alles beobachtete, holte sie zitternd Luft. Sie wollte nicht, dass er Zeuge ihres Entsetzens wurde.
    Hätte jemand Gretel nach ihrer Meinung über Katzen befragt, er hätte einen Strom von Schmähungen gehört, denen zufolge die Kreaturen hinterhältig, verschlagen und nicht vertrauenswürdig seien. In ihrer Situation dort an der Außenwand der Höhle, während sie beobachtete, wie der Feind sich näherte, und in dem Wissen, dass Katzen sie in diese Lage gebracht hatten, hätte sie vielleicht noch ein paar weitere prägnante kritische Anmerkungen über die Angehörigen der Familie Felidae hinzugefügt. Doch die Ereignisse der folgenden Augenblicke sollten ihre Einstellung hinsichtlich der pelzigen Viecher für immer verändern.
    Gerade als der Riese in Griffweite zu ihr gelangte, hallte ein gewaltiges Katzengeschrei, ein Wimmern, ein Fauchen und Jaulen aus dem Höhleneingang. Der Riese stutzte und drehte sich gerade rechtzeitig um, um zu sehen, wie eine Flut der Katzen sich aus dem Loch im Berghang ergoss und in sämtliche Richtungen verteilte, über Steine sprang, vorbei an Leichen und fort und weg, so schnell die kleinen Füße die Kreaturen tragen wollten.
    Der Riese gab ein gequältes Gebrüll von sich.
    »Nein! Nein, meine Schönen! Kommt furück!«, jammerte er. Seine mörderischen Absichten gegenüber Gretel waren augenblicklich vergessen, und er stürzte hinter seinen fliehenden Miezen her, griff nach ihnen und versuchte, sie zu packen. In jeder Bewegung, jeder Gesichtsregung kam seine Verzweiflung zum Ausdruck.
    Gretel spürte, wie ihr Herzschlag sich auf ein Tempo verlangsamte, das Grund zu der Hoffnung gab, dass sie vielleicht doch noch etwas länger lebte. Noch während sie die Verwunderung darüber abschüttelte, dass der Riese den Katzen gegenüber offenbar echte Zuneigung empfand, suchte sie Hänsel. Er lag immer noch vor Schreck gelähmt auf dem felsigen Boden.
    »Hänsel!«, schrie sie. »Hänsel, hol den Wagen!«
    Er schüttelte den Kopf und kam stolpernd auf die Beine, um gleich darauf mit erstaunlicher Geschwindigkeit loszusprinten. Gretel wagte sich noch etwas weiter den Sims entlang und folglich abwärts, um die Höhe des Sprungs zu verringern, den sie auf sich nehmen würde. Dennoch war es, als Hänsel es endlich geschafft hatte, Stute und Kutsche unter ihr zu positionieren, eindeutig zu riskant, sich einfach so fallen zu lassen.
    »Gretel!« Hänsel kämpfte darum, die eigenen Nerven und die des Pferdes unter Kontrolle zu halten, das nicht begeistert davon war, mitten ins Gefecht geführt zu werden. Der Riese taumelte immer noch hinter den Katzen her und hielt nur dann und wann inne, um diejenigen von Inges Männern plattzumachen, die sich in seine Reichweite gewagt hatten.
    Plötzlich tauchte Inge selbst auf und rannte mit einer Donnerbüchse in Händen zum Tor hinaus, gefolgt von etlichen ihrer Komplizen, die unter der Last der Truhen und Kisten einherstolperten, die randvoll mit den Schätzen des Riesen waren. Als die Meute eine so passend bereitstehende Kutsche ganz in der Nähe entdeckte, eilte sie darauf zu, doch der Riese brüllte ihr entgegen: »Du! Du haft daf getan, du böfef Weib!«
    Inge zögerte, drehte sich um, zog eine Stange Dynamit aus ihren Röcken, entzündete sie und schleuderte sie nach dem Riesen. Der brüllte auf und warf sich zur Seite, um der schlimmsten Wirkung der Explosion zu entgehen.
    Als es schließlich zur Detonation kam, war das endgültig zu viel für die braune Stute. Sie warf den Kopf in den Nacken und ging durch, fiel so abrupt in Galopp, dass
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