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Es war einmal ein Mord: Ein Hänsel und Gretel-Krimi (German Edition)

Es war einmal ein Mord: Ein Hänsel und Gretel-Krimi (German Edition)

Titel: Es war einmal ein Mord: Ein Hänsel und Gretel-Krimi (German Edition)
Autoren: P. J. Brackston
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Hänsel rücklings in den Wagen kippte. Die Zügel wurden ihm aus den Händen gerissen, als die Kutsche zwischen Inges Männern hindurchraste, lebenden wie toten, an dem bäuchlings und stöhnend am Boden liegenden Riesen vorbei, bis sie bergab auf der Bergstraße verschwand.
    Die Wucht der Explosion und die zunehmend erschreckendeAbfolge der Ereignisse brachten Gretel aus dem Gleichgewicht. Sie kreischte, als ihre Füße den Halt verloren und sie an der kahlen Felswand hinabstürzte, während ihr von unten der felsige Boden entgegenkam. Sie schloss die Augen und bereitete sich auf den Aufprall vor, der nicht erfolgte. Stattdessen spürte sie einen heftigen Ruck und dann nichts mehr. Als sie die Augen aufschlug, erkannte sie, dass sich beim Sturz ihr Umhang gelüftet hatte. Zugleich hatte sich die rote Bauernschürze geöffnet, die sie vor dem Verlassen des Gasthauses angezogen hatte, und an einem der kunstvollen Wasserspeier über dem Eingang verfangen. Nun baumelte sie in der Luft, unfähig, sich nach oben oder unten zu bewegen, und schaukelte langsam von einer Seite zur anderen. In dem Segeltuchbeutel gab Seppl ein verängstigtes Maunzen von sich.
    Inge blickte zu Gretel empor und lächelte. Es war kein nettes Lächeln. Langsam und sorgfältig, ganz so, als würde sie den Augenblick genießen, hob sie das Gewehr an die Schulter und zielte.

13
    G retel war mehr als nur ein bisschen sauer auf sich selbst. In jüngster Zeit hatte sie sich in so einigen verzwickten Lagen wiedergefunden, und viele davon hatten Peinlichkeit und Demütigung mit sich gebracht. Natürlich gab es Gefahren, die unweigerlich mit ihrem gewählten Beruf einhergingen, aber diese nahm sie in Kauf. Was sie jedoch ärgerte und im Moment dazu trieb, mit den Zähnen zu knirschen und stumme Flüche von sich zu geben, war die würdelose Art, in der es ihr offenbar bestimmt war, von dieser Welt in die nächste überzugehen. Zunächst waren da ihre Kleider. Sicher, ihre Unterwäsche war von guter Qualität. Und ihr eigenes Kleid und der Umhang mochten zwar nicht der letzte Schrei sein, waren jedoch ordentlich geschneidert und von respektabler Provenienz. Mit der roten Schürze verhielt es sich jedoch ganz anders. Diese stammte zweifellos von irgendeiner abgerissenen Kreatur, die sich ihr Leben lang irgendwo auf einem Feld abgerackert hatte. Gretel konnte immer noch die Steckrüben riechen. Die Pelzstiefel waren scheußlich und machten ihre Füße optisch um einige Nummern größer. Und dann dieser Hut! In dem grässlichen Fell irgendeiner suspekten Kreatur   – bestenfalls ein russischer Iltis, möglicherweise aber auch eine mongolische Ratte   – sah sie aus, als hätte sie sich vermummen wollen. Sogar jetzt glitt ihr das Ding tiefer über die Augen und verlieh ihr ein ausgesprochen dämliches Erscheinungsbild.
    Und dann noch das Gebaumel. Festgehakt, herunterhängend, langsam schaukelnd war sie außerstande, sich zu schützen oder die Umstände in irgendeiner Weise zu ihren Gunsten zu verändern. Und um allem die Krone aufzusetzen, stand sie nun kurz davor, von der abscheulichen und amoralischen Inge ins Jenseits geschickt zu werden.
    Gretel spürte, wie der Zorn in ihrem Inneren hochkochte, doch sie bezwang ihn, fest entschlossen, ihrer angehenden Mörderin nicht zu zeigen, wie endlos geschlagen sie sich fühlte.
    »Wie ich sehe, hast du, weswegen du gekommen bist«, rief sie Inge zu.
    »Und noch einiges mehr.« Inge lachte zu Gretel hinauf und genoss deren Notlage sichtlich. »Jetzt siehst du gar nicht mehr so erhaben aus, Fräulein Detektivin. Was denn, keine schlauen Kommentare? Richtig leidend siehst du aus! Hast du keine Urteile mehr zu fällen über so eine arme Dirne wie mich? Aber vergiss nicht, ich bin die, die mit einem Gewehr auf dich zielt.«
    »Ich glaube, es gibt kein härteres Urteil als das, was das eigene Gewissen fällt.«
    »Zur Hölle mit dem Gewissen! Deines, meines oder das von irgendeinem anderen Narren! Jeder tut, was er zu tun hat, um in dieser Welt zu überleben, nicht mehr und nicht weniger. Die Starken nehmen es von den Schwachen, die Schlauen von den Schafsköpfen.« Sie hob das Gewehr ein wenig höher und nahm Gretel ins Visier.
    Diese musste sich gar nicht die Mühe machen, die Augen zu schließen, war doch der Hut inzwischen ausreichend tief herabgerutscht, ihr den Blick zu versperren. Und da dem so war, blieb ihr nur ein Durcheinander wirrer Geräusche, um den weiteren Geschehnissen zu folgen.
    Erst war da eine
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