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Es ist niemals vorbei

Es ist niemals vorbei

Titel: Es ist niemals vorbei
Autoren: Kate Pepper
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ich nicht sehen konnte, beschwerte sich lauthals, weil der Con-Ed-Wagen ihm die Zufahrt zu unserer Straße versperrte. Der Elektrizitätsmensch brüllte irgendetwas zurück. Ich versuchte, die aufgebrachten Stimmen auszublenden. So war das eben, wenn man in der Stadt lebte und immerzu mit den Konflikten anderer konfrontiert wurde. Es kostete Kraft, die Ruhe zu bewahren.
    Zwei Schritte vor mir knallte etwas gegen den Eisenzaun an der Straße. Ich zuckte zusammen und schaute mich um, um festzustellen, wer da etwas geworfen hatte, doch die Bürgersteige waren leer. Also holte ich tief Luft und lief weiter.
    Da fiel mir plötzlich ein, dass ich meine Einkaufsliste zu Hause vergessen hatte. Einen Großteil der Dinge, die ich besorgen wollte, hatte ich zwar noch im Kopf, aber mit Sicherheit nicht alle. Innerlich stöhnte ich und machte kehrt. Zum Glück war ich noch nicht weit gekommen. Zu meiner Überraschung kam mir Billy Staples entgegengerannt.
    «Karin!»
    «Warst du das, der sich gerade mit dem Typ von Con Ed gestritten hat?», frage ich ihn statt einer Begrüßung.
    «Bitte, lauf sofort los und geh ins Haus!» Billys Miene wirkte angespannt und erregt.
    «Wieso? Was ist denn passiert?»
    «Herrgott nochmal, tu bitte ausnahmsweise einmal, was man dir sagt!» Billy zerrte mich am Arm zurück zu dem Zaun, der unser Grundstück vom Bürgersteig trennte.
    «Was ist denn? Du machst mir Angst.»
    Billy schubste mich durch das Tor zu dem blaugepflasterten Fleck, auf dem unsere Mülltonnen und der neue blaue Blumentopf standen. «Was hat dich nur geritten? Wählst eine Telefonnummer von einem Wisch, den du unter dem Teppich gefunden hast!»
    Die Tür zum Parterre unseres Hauses öffnete sich. Mac trat heraus. Er hielt sein Mobiltelefon in der Hand. «Hyo Park hat sich gerade gemeldet. Er –» Macs Blick fiel auf Billy. Die beiden starrten sich an. Spätestens da wusste ich, dass irgendetwas schrecklich schiefgelaufen sein musste.
    Billy versetzte mir einen Stoß. Mac griff nach mir und zog mich ins Haus.
    Wieder hörte ich einen Knall. Diesmal kapierte ich, dass es ein Schuss gewesen war. Der blaue Topf zersprang sofort.
    Geduckt rannte Billy zum Bürgersteig, umklammerte seine Waffe mit beiden Händen und richtete sie nach links, rechts, oben und unten, auf der panischen Suche nach dem Schützen, der sich zweifellos auf der anderen Straßenseite befinden musste. «New York Police Department», brüllte er. «Stellen Sie das Feuer sofort ein!»
    Mac hielt mich mit einer Hand fest und wählte mit der anderen den Notruf der Polizei. Aber ich konnte nicht wegsehen. Ich wollte wissen, was da vor sich ging.
    Mein Anruf bei Jasmine. Ihr Rückruf. Was hatten diese beiden Telefonate nur ausgelöst? Und so schnell? Wie konnte sich aus zwei kurzen Gesprächen, die vor nicht einmal einer Stunde stattgefunden hatten, eine derartige Situation ergeben?
    Wer hatte nur auf uns geschossen?
    Oder hatten die Schüsse nur mir gegolten? Der erste war direkt vor meiner Nase eingeschlagen, und da war ich mutterseelenallein auf der Straße gewesen. Er hatte mich nur knapp verfehlt.
    Ich riss mich von Mac los und stürzte zurück zu unserem Zaun, wo ich mich auf den Boden kauerte und durch die Stäbe auf die Straße spähte.
    Die Waffe lag fest in Billys Händen. Er zielte nach oben. Offenbar hatte er den Schützen entdeckt. Ich verlagerte mein Gewicht, um besser sehen zu können, und glaubte eine Gestalt auszumachen, die auf dem Dach schräg gegenüber war. Ein Stück Kopf erkannte ich und so etwas wie ein schwarze Mütze; die Rundung einer Schulter, dunkelbraun bekleidet. Dann etwas Metallisches, auf dem sich die Sonne brach. Die Waffe. Der Schütze lag offenbar flach auf dem Bauch.
    «Billy», zischte ich. «Was ist hier los?»
    «Habe ich dir nicht gesagt, du sollst dich ins Haus verziehen?», zischte er zurück.
    Er hielt die Waffe starr nach oben gerichtet. Auch der Schütze rührte sich nicht. Die glänzende Spitze seiner Waffe zeigte auf uns herab. Ein dunkelblauer Wagen brauste auf der falschen Straßenseite heran. Die beiden regten sich nicht.
    Der Wagen bremste scharf und hielt an. Die Fahrertür flog auf, und Fred sprang heraus. Seit unserer letzten Begegnung hatte er sich den Bart abrasiert.
    «Hyo hat mir erzählt –», begann er und brach ab, als er Billy erkannte. «Da oben?», fragte Fred und zog seine Waffe.
    Billy nickte. Über seinen Nacken rann ein Schweißfaden, der im ausgefransten Kragen seines T-Shirts verschwand. Auf
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