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Es ist ja so einfach

Es ist ja so einfach

Titel: Es ist ja so einfach
Autoren: Mary Scott
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Leben ganz nach eigenem Geschmack führen, sich nach Belieben gesellschaftliche Vergnügungen in Thurston gönnen und jederzeit Ihre Freunde aus der Großstadt zu Besuch einladen. Ich bin nicht arm und gewiß in der Lage, Ihnen fast jeden Wunsch zu erfüllen, auch das, was Sie so hoch bewerten: Sicherheit.«
    Eine lange Pause folgte, weil ich mir eine vernünftige Antwort einfach nicht zutraute. Dann lachte John plötzlich. »Mein Gott, ich habe noch nie so viel geredet; ich finde aber, daß bei einer Kameradschaft alles offen ausgesprochen werden sollte. Und so haben Sie’s ja auch gern, nicht wahr?«
    So hätte ich’s gern! Das war ja der Gipfel seiner Frechheit. Trotzdem gelang es mir, mit ruhiger Stimme zu sagen: »Sie sind ein sehr kluger Mann und haben sich das alles fein ausgemalt. Ich hoffe nur, daß Sie bei dem nächsten weiblichen Wesen, dem Sie einen derartigen Antrag unterbreiten, mehr Glück haben als bei mir, denn mir gefällt er kein bißchen. Ich brauch’ es mir gar nicht zu überlegen. Kurz und bündig gesagt: Sie können sich das ganz aus dem Kopf schlagen.« Ich erhob mich — wir hatten an einem Grabenrand gesessen — in vermeintlich enorm würdevoller Haltung und spendete ihm ein Lächeln.
    Er schien jedoch nicht im mindesten erschüttert zu sein, denn sein Gesicht zeigte noch dieselbe kühle Ruhe, als er sagte: »Jammerschade! das wäre also erledigt. Worüber wollen wir jetzt reden? Sie müßten es wissen. Was sagten Sie eigentlich, als Sie die Anträge Luigis und der anderen Bewerber ablehnten?«
    Nun platzte mir aber gewissermaßen der Kragen. Meine Selbstbeherrschung reichte gerade noch aus, um zu verhindern, daß ich ihn anbrüllte — und das war gut, weil wir inzwischen ans Tor gelangt waren und einige unserer Campgäste sich auf der Landstraße näherten — , aber meine Stimme bebte doch vor Zorn, als ich sagte: »Ich glaube, Sie sind der unangenehmste Mensch, den ich je kennengelernt habe. Das dachte ich gleich, als wir uns zum ersten Male trafen, und... und...«
    Indem er mir höflich das Tor aufhielt, gab er zurück: »Und es war gerade hier, wo wir uns zuerst trafen, nicht wahr? Wie sich die Weltgeschichte doch wiederholt! Ah, da kommt uns Venedig entgegen!«
    In dieser Zeit, als wir im Camp wenig Gäste hatten, durfte Venedig einen Abendspaziergang machen, und so kam sie nun daher, ein Stück vor Andy, in gedämpfter Freude leise wimmernd. Sie sah genauso aus wie ein halbes Jahr vorher: dickleibig, aber sanft und freundlich. »Hallo, Schöne«, sagte ich und bückte mich, um sie zu streicheln. Sie hob den Kopf und legte ihre große weiche Schnauze in meine Hand. Das war sonderbar tröstlich, doch für mich vernichtend, denn, ohne daß ich wußte, warum fühlte ich — wie demütigend! — Tränen in meine Augen steigen. Mit einer gemurmelten Entschuldigung, die teils John, teils den Campgästen galt, machte ich kehrt und rannte ins Haus.
     
     
     

18
     
    Der März war schön in diesem Jahr. Es war noch warm genug, um mit Genuß zu baden, und unser Camp war nur schwach belegt mit ein paar älteren Leuten und einigen leidenschaftlichen Anglern. Phyllis wurde kaum benötigt, weil sich in den Gehegen nur vier Hunde und drei Katzen befanden, aber sie kam trotzdem oft und tat alles, um sich die Freundschaft mit uns zu erhalten, besonders aber die Freundschaft mit Peter. Er freute sich jedesmal, wenn sie ihn besuchte, und nahm sich oft Zeit, mit ihr, anstatt an dem Roman, der ihn so fesselte, zu schreiben, über Bücher und den Sozialismus zu diskutieren. Sie hatte einen klaren Verstand und Gedanken, die ihn offenbar anregten, ganz im Gegensatz zu seiner Schwester. Jedenfalls war er eher zu einem halbstündigen Plausch mit Phyllis aufgelegt, als zum Mittagessen, zu dem ich oft vergeblich zu locken versuchte. Wie lächerlich, daß ich mich dadurch verletzt fühlte! Denn ich bin nicht eifersüchtig veranlangt und hatte ihm seine echte Zuneigung zu Trina kein bißchen übelgenommen. Auch wußte ich sehr wohl, daß die Freundschaft zwischen Phyllis und Peter etwas war, was sie beide brauchten, und hätte mich schon deshalb besonders für ihn freuen müssen.
    Scheußlich — aber ich war in diesen Tagen überhaupt ganz vergrämt und meinte, daß der Grund dafür nur in dem Mangel an Beschäftigung liegen konnte und daß es Unsinn sei, mir einzubilden, es könne auch John Muirs verstandeskühler Antrag daran schuld sein. Ich spürte mit seltsamer Unruhe, daß auf ihn unser
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