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Ertränkt alle Hunde

Ertränkt alle Hunde

Titel: Ertränkt alle Hunde
Autoren: Thomas Adcock
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Polizeiberichterstattung gelandet ist, bewahrte er in seinem Schreibtisch eine Flasche auf. Und über seinen Dienstgrad als Captain, den zu erreichen er so viele ehrgeizige Jahre gearbeitet hatte, sagte er mir voller verdrießlicher Resignation: »Hier bin ich, Chef der Mordkommission in einer mörderischen Stadt. Wodurch ich zu einem Narren werde oder vielleicht zu einer Art Zuhälter.«
    Ich dachte, ein paar Gläser und angenehme Erinnerungen an vergangene Zeiten könnten ihn vielleicht aufmuntern. Also verabredeten wir uns locker zu einem Wiedersehen im Nugent’s. Was mir jetzt sehr gelegen kam, an diesem Samstag, nachdem ich das merkwürdige Gedicht entdeckt hatte.
    Vor ein paar Stunden hatte ich Davy Mogaill angerufen, und wie üblich kam er mir entgegen. Ich sagte ihm, ich reise nach Irland, und auch warum; ich erzählte ihm von dem Foto und dem Gedicht; ich erzählte ihm von Ruby; ich sagte, ich müsse ihn sehen, noch am gleichen Tag.
    Hatte ich ein Stocken in Mogaills Stimme gehört, das gleiche, wie ich es auch in Father Tims Stimme bemerkt hatte? Und wollte ich es wirklich wissen?
    Terry zwei stellte zwei Gläser Black Bush auf die Theke. Zu Ehren unserer Rückkehr schenkte er sich selbst auch ein. »Zwei echte verlorene Söhne« nannte er uns. Davy hob sein Glas, um wie immer vor dem Trinken kurz daran zu schnuppern, wobei das winzige Schnapsglas überhaupt nicht zu seiner Bauernpranke paßte.
    »Auf das Nugent’s«, sagte ich und hob mein Glas. Terry zwei hob vergnügt seines, und ich fügte noch hinzu: »Auf den Trost zu sehen, daß sich manche Dinge nie ändern.«
    Mogaill stellte sein Glas schnell zurück, was die Situation schlagartig ein wenig unangenehm machte. Er schaute sich mehrere Augenblicke in der Kneipe um und richtete seinen Blick schließlich auf einen mürrischen, zierlichen Mann an einem Tisch neben der Tür. Er war allein. Sein gerötetes Gesicht wurde von einer Tweedmütze, einem graumelierten Bart und Qualm verdeckt, der sich von einer Zigarette in die Luft schraubte. Die Hände hielt er um ein großes Glas Coca-Cola gefaltet.
    Davy drehte sich wieder zu uns um. Er lächelte Nugent mürrisch an und fragte: »Was kosten die Drinks heute, Terry?«
    »Drei fünfundsiebzig«, erwiderte Terry. »Sonderangebot.«
    »Was kostet derselbe Drink unter der Woche?«
    »Drei fünfzig.«
    Mogaill deutete mit dem Daumen über die Schulter auf den Mann mit der Coca-Cola. »Aha, und ein noch besseres Sonderangebot, wenn der kleine Bursche nicht in der Nähe ist?«
    »Das ist doch nur Finn, und er kassiert nur den üblichen Aufschlag. Das ist doch ganz normal. Für die Noraid, du weißt schon.« Nugent sprach etwas schneller als gewöhnlich, und sein breites, rosa Gesicht wurde eine Nuance dunkler. »Für die Waisen und Witwen, verstehst du.«
    Mogaill drehte sich zu mir. »Könnten wir nicht auf einen besseren Trost trinken als auf unveränderliche Dinge, die nur zu Witwen und Waisen führen?« Er hob sein Glas.
    »Gestern hatte ich Geburtstag«, schlug ich vor.
    »Sláinte.« Mogaill kippte seinen Whiskey zustimmend, Nugent und ich taten es ihm gleich.
    Dann folgte ich wieder Mogaills stierem Blick hinüber zu Finn. Durch den Zigarettendunst starrte der Mann zu uns zurück. Terry zwei schenkte zu Ehren meines Geburtstags auf Kosten des Hauses nach. Aber ganz offensichtlich hatte er genug von uns verlorenen Söhnen. Zu Mogaill sagte er: »Was soll ich denn gegen Finn und seine Freunde tun? Vielleicht die Cops rufen?« Er wartete die Antwort nicht ab. Er ging, um sich um seine anderen Gäste zu kümmern.
    Mogaill fragte mich: »Erinnerst du dich noch an Finn und seine Bande?«
    »Ich erinnere mich an den Wochenendaufschlag auf die Drinks, und ich erinnere mich, daß es immer Abstinenzler waren, die den Erlös kassierten.«
    »Aye, und wohin haben sie das Geld geschickt?«
    »Ich vermute, das Geld hat nie unschuldige Hände gesehen.«
    »Nein, es war immer schon für marschierende Füße. Verdammte IRA-Füße.« Mogaill nahm den Gratisdrink von der Theke und kippte ihn. »Marschierende Füße haben noch nie etwas verändert, mein Freund. Sie haben immer nur mehr marschierende Füße hervorgebracht.«
    Ich dachte: Apropos marschierende Füße...
    Ich hatte das Soldatenfoto meines Vaters in Plastikfolie gewickelt und es zwischen die Seiten der >Daily News< geschoben, die ich mitgenommen hatte, um sie in der U-Bahn zu lesen. Jetzt schlug ich die Zeitung auf der Theke an der Stelle auf, an der das Foto mit
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