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ErosÄrger

ErosÄrger

Titel: ErosÄrger
Autoren: Jennifer Schreiner
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Einsatzkräften umstellt ist?!«
    Obwohl der Ratsherr keine echte Frage gestellt hatte, antwortete ich mit einem »Doch«, und fügte ein »Du musst uns hier rausholen«, hinzu.
    »Uns?« DeVil schwieg kurz, dann wetterte er: »Bist du jetzt vollkommen verrückt geworden?«
    »Bitte!« Unmöglich konnte ich das Mädchen allein zurücklassen – ihrem Schicksal und dem Todesurteil ausgeliefert. Ich warf einen Blick zu dem Wagen, wo sich die Flüchtige gerade aus ihrem Versteck schob. Angst zeichnete sich auf dem jungen Gesicht ab. Ich biss die Zähne aufeinander. Genausogut könnte ich an ihrer Stelle sein. Allein, verloren.
    »Du kennst die Regeln. Auch der Rat kann sich nicht einmischen«, erklärte DeVil rational, »wir müssen die Gesetze der einzelnen Gattungen befolgen und unterstützen …«
    Ich lauschte den Atemzügen meines Gesprächspartners. Dabei konnte ich förmlich hören, wie er geistig all seine Argumente und meine entsprechenden Entgegnungen durchging. Schließlich gab er nach, ohne auch nur ein einziges von seinen Argumenten angeführt zu haben. Anscheinend wusste er genausogut wie ich, dass ich die Kleine nicht zurücklassen würde. Auf keinen Fall und unter keinen Umständen. »Wo?«
    »Zimmer 313.«
    Das Tuten der freien Leitung klärte mich darüber auf, dass DeVil das Gespräch ohne Abschiedsgruß beendet hatte und mit viel Glück bereits auf dem Weg war.
    »Kann dein Freund mich hier rausholen?« Die Flüchtige stand auf, immer noch in der Deckung des Wagens, bereit, sich jederzeit wieder in ihm zu verstecken. Ich deutete ihr, sich wieder zu verstecken, aber sie reagierte nicht. Die Hoffnung, die auf ihrem Gesicht leuchtete, ließ mich innerlich zittern. Schließlich kannte ich die Regeln und Gesetze genauso wie DeVil, und genügend Präzedenzfälle zeugten davon, dass Hoffnung absolut nicht angebracht war. Andererseits erhöhte DeVils unerwartete Hilfe die Chance eines Entkommens erheblich.
    Ich trat wieder einen Schritt zum Fenster und starrte in durch die regennassen Scheiben auf die wimmelnden Einsatzkräfte. Erst nach einer Minute fiel mir auf, dass ich nervös mit meinem Ohrring spielte. Ich nahm die Hand wieder nach unten.
    »Ich kenne dich!« Ein anklagender Unterton hatte sich in den Ausruf der Flüchtigen geschlichen. Einen Moment lang hing die Aussage in meinem Gehirn fest, dann bahnte sie sich einen Weg in mein Bewusstsein – mit allen Konsequenzen. Mein Herz setzte einen Schlag aus. Einen zweiten, als mir auffiel, dass sie wie gebannt meinen Ohrring anstarrte. Mit zittrigen Händen berührte ich das handgefertigte, silberne Schmuckstück. Meine Mutter hatte nie die Chance gehabt, es mir zum achtzehnten Geburtstag zu schenken. Vorher war das Todesurteil gefallen. Es kam mir so unendlich lange her vor, dass es beinahe unwirklich war. Mein Leben vorher.
    Ich betrachtete mein Gegenüber genauer. Langsam wurde ihre Gestalt ein wenig kleiner, die Figur veränderte sich und auch die Gesichtszüge zerflossen, um sich Sekunden später neu zu formen. Die Verwandlung und das darin implizierte Vertrauen rührten mich mehr, als Angst und Panik es vermocht hatten. Als auch die Haare des Mädchens wieder ihre eigenen waren, erkannte ich die Tochter des Schmuckdesigners. Verdammt! Das Mädchen war wirklich sehr jung, ein Teenager, noch ein bisschen jünger als ich. Trotz der gestiegenen Bedrohung für mein eigenes Leben, verdrängte Mitleid meine Angst. Wie konnte jemand ein Todesurteil gegen so ein junges Wesen aussprechen? Welch hartherziger Vater seine unschuldige Tochter für vogelfrei erklären?
    »Du kennst mich nicht.« Ich verdrängte den Gedanken an meinen eigenen Vater, ließ meine Stimme sehr sicher klingen und sogar ein Lächeln gelang mir.
    »Du bist auch eine Sukkuba!«
    »Nein!« Ich lachte und sogar in ihren eigenen Ohren klang es ein wenig zu schrill. »Mein Name ist Katlyn, ich bin eine gewöhnliche Nymphe.«
    »Deine Mutter hat die Matching-Myth geleitet – bis sie mit einem Menschen rumgemacht und das Todesurteil deines Vaters auf sich geladen …«, fuhr die junge Frau unbeirrt fort und betrachtete mich, während ich innerlich starb. Weniger wegen meiner Mutter und der Erinnerung, dass ihr Verhalten und das anschließende Urteil mich selbst ebenfalls in die kopfgefährdende Kopfgeld-Position gebracht hatte, als vielmehr weil die Flüchtige wirklich wusste, wer ich war.
    Ich hatte mich selbst herumgewirbelt und vor die Sukkuba gestellt – so, dass ihr Arm um mich
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