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Eroberer der Unendlichkeit

Eroberer der Unendlichkeit

Titel: Eroberer der Unendlichkeit
Autoren: Ray Cummings
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einmal die Augenlider des Mädchens zuckten. Als die Morgendämmerung hereinbrach, verblaßte die Szene.
    Ich erzählte einen Monat lang nicht einmal Vater davon, aber die Vision des Mädchens ließ mir einfach keine Ruhe.«
    »Hast du sie seitdem nicht wiedergesehen?« fragte ich. »War die Szene echt? Und konnte sie überhaupt echt sein, wenn sich nichts bewegte?«
    »Oh, er hat sie wiedergesehen«, antwortete Martt. »Ich habe sie auch gesehen – wir alle haben sie gesehen.«
    »Weiter, Brett«, drängte Frannie.
    »Es dauerte fast ein Jahr, als wieder eine ähnliche Strahlenposition zustande kam und wir die Szene wieder beobachten konnten. Die Gestalten waren noch alle da, und sie schienen wie damals in der Bewegung erstarrt.
    Aber der Zwerg hatte sich am Riemen der Sandale hochgezogen und klammerte sich an den weißen Knöchel des Mädchens. Der Riese war um ein Stück nähergekommen, und der ausgerissene Baum in seinen Händen hatte sich ein wenig gesenkt. Die Haltung des Mädchens war unverändert, aber in ihren Zügen zeigte sich der Anflug des Entsetzens, so, als hätte sie noch nicht die Zeit gehabt, ihre Gefühle auszudrücken.«
    Ich geriet ins Stottern.
    »Noch nicht die Zeit gehabt – aber, Brett, du mußt sie doch die ganze Nacht hindurch beobachtet haben …«
    »Die ganze Nacht, Frank. Und nicht nur diese eine Nacht. Aber ich konnte nicht das geringste Anzeichen einer Bewegung wahrnehmen. Wieder ein Jahr – es war das vorige – und wir sahen, daß das Mädchen die Gefahr zum Teil erkannt hatte. Heuer, vor einem Monat, war sie sich ihrer Lage vollkommen bewußt. Sie hatte Angst – ihre Augen waren vor Entsetzen weit aufgerissen. Aber sie hatte ihre Haltung noch nicht verändert.
    Verstehst du nicht, Frank? Das Drama läuft in diesem Augenblick da draußen weiter ab. Wie es keine feste Größe für Materie und Raum und keinen festen Bewegungsmaßstab gibt, so gibt es auch keine absolute Zeit. Es ist alles relativ. Für die Welt da draußen, von der wir immer wieder kurze Eindrücke aufnehmen, sind unsere winzigen Welten hier nichts als wirbelnde Elektronen – wie die Elektronen im Innern unserer Atome, die nach unserem Zeitbewußtsein viele Umdrehungen pro Sekunde machen.
    Ein Jahr! Für das Mädchen da draußen ist das, was wir ein Jahr nennen, die im Sekundenbruchteil erfolgte Drehung eines Elektrons um seinen Partner. Und selbst das ist langsam – denn sie selbst befindet sich wiederum im Atom einer noch viel größeren Welt. Ein Jahr nennen wir es – für sie ist es weniger als eine Sekunde. Und wie könnten wir da eine Bewegung wahrnehmen, selbst wenn wir sie die ganze Nacht beobachten?
    In hundert Jahren unserer Zeitrechnung würde das Mädchen ihre Angreifer vielleicht ganz erkannt haben. Für ihr Bewußtsein nicht mehr als ein Augenblick. Frank, verstehst du jetzt, was wir mit der Unendlichkeit der Zeit meinten?«
    »Sag ihm doch, was wir vorhaben?« wandte Martt atemlos ein.
    »Es genügte mir nicht, in diese relative Unendlichkeit zu sehen. Und Vater stellte sich auf meine Seite. Wir haben drei Jahre lang fieberhaft gearbeitet, und wir haben eine Möglichkeit gefunden, die Riesenreiche um uns nicht nur zu entdecken, sondern auch aufzusuchen. Wir haben einen Transporter konstruiert. Seine Größe läßt sich verändern – durch Kontrolle der Materie, aus der er besteht. Auch seine Position im Raum ist veränderlich – eigentlich ganz einfach, Frank, denn wir haben die Grundprinzipien unserer interplanetarischen Transporter angewandt. Und auch die Zeitkomponente ist veränderlich – sie muß es sein, da sie von den anderen Faktoren abhängt. Unser Transporter wandert durch Zeit und Raum. Verstehst du, er macht uns frei! Frei von Zeit und Raum. Und heute abend fliege ich los – vielleicht zusammen mit Martt –, um das Mädchen aufzusuchen. Ich begebe mich in ihr Zeit- und Größenverhältnis. Ich werde die Unendlichkeit erforschen!«
     

 
2.
     
    Ich hatte erwartet, sie würden mir einen Transporter zeigen, der Ähnlichkeit mit den riesigen, elegant konstruierten Raumfahrzeugen der Interplanetarischen Post hatte. Aber sie führten mich nicht in die Werkstatt, sondern zurück ins Haus.
    Und dort, in Dr. Gryces Arbeitszimmer mit den nüchternen, aber vornehmen Möbeln und den ordentlich aufgereihten Filmspulen sah ich nicht eine, sondern vier Maschinen – winzige Modelle, die auf der glänzenden Schreibtischplatte standen. Vier ganz gleiche Stücke aus einem milchigweißen
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