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Erntedank

Erntedank

Titel: Erntedank
Autoren: Volker Michael; Klüpfel Kobr
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ohne Zwiebeln.
    »Ja freilich. Ein Zwetschgendatschi ohne Sahne ist ja wie ein Kraftort ohne Kraft.«
    »Du wirst schon noch merken, dass da was dran ist«, sagte sie und hielt die Kaffeekanne in die Spüle. Doch als sie das Wasser aufdrehte, tat sich nichts. Der Hahn gab lediglich ein dumpfes Röcheln und Gurgeln von sich. »Du, da geht kein Wasser!«, rief Erika.
    »Was? Gibt’s doch gar nicht. Schau doch mal im Bad.«
    »Schau du doch mal, bitte.«
    Kluftinger stand seufzend auf, schlurfte mit seinen Holzpantinen zum Badezimmer, öffnete die Tür und trat ein. Er war noch keine zwei Schritte gelaufen, da spürte er, wie es ihm die Beine wegzog. Er klammerte sich an die Klinke, um nicht hinzufallen. Als er wieder sicher stand, sah er den Grund für sein Manöver: Der ovale, eigentlich beige Baumwollteppich hatte eine bräunliche Farbe angenommen, eine leere Shampooflasche, die Kluftinger am Morgen neben den Abfalleimer gestellt hatte, trieb neben der ganz und gar mit Wasser bedeckten Waage.
    »Kreuzkruzifix!«, schrie Kluftinger, als er sich des Ausmaßes der kleinen Katastrophe bewusst wurde. Ihm war ganz schlecht. Diese Sauerei! Unter dem Waschbecken hatten sich bereits einige Fliesen abgelöst, aus der Wand dahinter plätscherte noch immer Wasser auf den Boden. Das Bad, für das sie eigentlich eine Fußbodenheizung vorgesehen hatten, die aber wegen Kluftingers Furcht vor einem Bruch der Heizungsrohre nie eingebaut worden war, war gegenüber den anderen Räumen etwa fünf Zentimeter abgesenkt. Das dadurch entstandene Bassin war komplett mit Wasser voll gelaufen.
    Wie gelähmt starrte Kluftinger auf den überschwemmten Boden. Dann drehte er sich hastig um und stürzte an der Küchentür vorbei in den Keller. Wieder rutschte er beinahe aus, diesmal auf den dunkelgrünen Fliesen der Treppe.
    »Kruzifix, im Bad … « war die einzige Information, die er seiner Frau im Vorbeieilen zukommen ließ.
    Erika eilte zum Badezimmer. Nachdem ihr Mann den Haupthahn zugedreht hatte, gesellte er sich zu ihr. Wortlos standen sie an der Tür und blickten hinein. Wenigstens plätscherte kein Wasser mehr, vor ihnen lag ein stiller, beschaulicher See. Kluftinger hatte vorsichtshalber auch den Hauptschalter im Sicherungskasten umgelegt, schließlich standen Waschmaschine und Trockner bei ihnen im Bad, nicht im Keller, wo, wie Kluftinger fand, Hochwassergefahr immer gegeben war.
    »Das darf doch nicht wahr sein«, sagte Erika schließlich mit jammervoller Stimme und lehnte sich an die Schulter ihres Mannes, der aus dem Keller bereits zwei Eimer und ein Kehrblech mitgebracht hatte. Er tätschelte Erika kurz den Kopf und bückte sich dann, um Schuhe und Socken auszuziehen und sich die Hose hochzukrempeln.
    »Jetzt wird erst mal das Wasser aufgeputzt, dann schau ma weiter«, sagte er mit fester Stimme. Er ächzte leicht, als er in die Knie ging, die erste Schaufel durchs Wasser gleiten ließ und die Flüssigkeit, die sich in der Kehrschaufel gesammelt hatte, in den Eimer schüttete. Erika folgte ihm ein wenig zögerlich und trat mit den Hausschuhen in ihren hausgemachten Badesee.
    Kluftinger schüttete gerade den ersten Eimer grau-bräunlichen Wassers in die Toilette, als er ein leises Klingeln hörte, das aus seiner Windjacke kam. Als er keine Anstalten machte, darauf zu reagieren, sagte seine Frau auffordernd: »Dein Handy … «
    »Da werd ich jetzt grad rangehen, ja wahrscheinlich! Das wird schon wieder aufhören.« Kluftinger bückte sich wieder und begann, den zweiten Eimer mit Wasser zu füllen. Aber das Telefon hörte nicht auf und trällerte weiterhin Toccata und Fuge in d-Moll von Bach. Kluftinger selbst hätte gar nicht gewusst, dass der eigentlich ganz ansprechende Klingelton vom berühmten Barockkomponisten stammte, aber Dr. Martin Langhammer, der Altusrieder Arzt, dessen Frau mit Erika befreundet war und den er wegen seiner Wichtigtuerei stets nur als »Zwangsbekanntschaft« bezeichnete, hatte den Kommissar einmal darauf hingewiesen.
    »Ja Herrschaftszeiten!« Schimpfend schob sich Kluftinger an seiner Frau vorbei und ging, um mit seinen nassen Füßen möglichst wenig Spuren zu hinterlassen, auf Zehenspitzen zur Garderobe, zog umständlich das Telefon heraus und blaffte ein missmutiges »Ja, was gibt’s denn?« ins Handy.
    Mehr hörte seine Frau nicht von ihm. Nur »Ja um Gottes Willen« und dann einige gebrummte »mhm« deuteten darauf hin, dass sich am anderen Ende der Leitung noch ein Gesprächspartner befand. Mit
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