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Erinnerungen der Kaiserin Katharina II.

Erinnerungen der Kaiserin Katharina II.

Titel: Erinnerungen der Kaiserin Katharina II.
Autoren: Katharina II. von Rußland
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auf unserm Wege nach Peterhof zwölftausend Mann Revue passieren, die Freiwilligen ungerechnet, deren Zahl sich von Minute zu Minute vermehrte.
    In Krasnoi Kabak, zehn Werst von Petersburg, hielten wir einige Stunden an, um den Truppen, die zwölf Stunden ununterbrochen auf den Beinen gewesen waren, ein wenig Ruhe zu gönnen. Auch wir selbst bedurften der Ruhe. Ich hatte während der letzten zwei Wochen kaum einen Augenblick die Augen geschlossen. Als wir unser ärmliches Quartier betraten, schlug Ihre Majestät vor, uns in unsern Kleidern auf das einzige schmale Bett niederzulegen, das trotz allen daran haftenden Schmutzes meinen müden Gliedern ein zu großer Segen schien, um es zu verschmähen. Kaum aber hatten wir uns auf dem Bett ausgestreckt, über welches ich noch vorsorglich einen vom Obersten Karr geliehenen Mantel gebreitet, als ich hinter unsern Köpfen eine kleine Tapetentür gewahrte. Da ich nicht wußte, wohin sie führte, ging ich hinaus, um zu untersuchen, ob alles sicher sei. Als ich gefunden hatte, daß diese Tür durch einen dunklen, engen Gang auf den äußersten Hof führte, stellte ich zwei Schildwachen davor, mit dem Befehl, nicht vom Flecke zu weichen. Nachdem dies geschehen, kehrte ich zur Kaiserin zurück, die damit beschäftigt war, einige Papiere durchzulesen. Da wir indes nicht schlafen konnten, las sie mir die Abschriften der Manifeste vor, die sie veröffentlichen wollte, wir hatten also genügend Muße, zu beratschlagen, was noch zu tun übrig bliebe, und waren voll froher Vorgefühle, die jetzt an die Stelle der Furcht vor Gefahr getreten waren.
Fünftes Kapitel.
    Verhalten des Kaisers. – Er dankt ab. – Herr Betskoi. – Tragisches Ende Peters. – Die Gefühle Katharinas und ihre Unschuld am Tode ihres Gemahls.
    Inzwischen konnte sich Peter III., der sich weigerte, dem Rat des Generals Münnich zu folgen, zu nichts entschließen. Er fuhr zwischen Peterhof und Oranienbaum hin und her, bis er endlich einsah, daß dabei nichts gewonnen werde. Er folgte also dem Rate seiner Vertrauten und begab sich nach Kronstadt, um sich der Flotte zu versichern. Aber auch die Kaiserin hatte die Wichtigkeit der Seemacht nicht übersehen. Admiral Talitschin war beauftragt, sie in ihrem Namen zu befehligen. Als dieser, der Kronstadt besetzt hielt, den Kaiser sich dem Ufer nähern sah, verweigerte er ihm die Landung, und der unglückliche Peter war genötigt, nach Oranienbaum zurückzukehren. Darauf sandte er den General Ismailoff mit den demütigsten Eröffnungen und einem Anerbieten seiner Abdankung zur Kaiserin.
    Der Bote dieser Vorschläge traf uns auf dem Wege nach Peterhof, wie verschieden war doch seine Sprache und sein Benehmen gegen das Verhalten meines Onkels, des Großkanzlers Woronzow, der sich der Kaiserin gerade vorgestellt hatte, ehe wir die Stadt verließen! Er kam nur, um Katharina Gegenvorstellungen zu machen. Als er sah, daß seine Einwände keine Wirkung hatten, zog er sich zurück, indem er sich weigerte, den Treueid zu leisten. – »Seien Sie versichert, Madame,« sagte er mit ruhiger Würde, »daß ich Ihrer Regierung niemals zu schaden suchen werde, weder durch Wort noch Tat, und, um Ihnen zu beweisen, wie aufrichtig dies gemeint ist, schlage ich Ihnen vor, einem Ihrer treuesten Offizieredie Bewachung meines Hauses anzuvertrauen; aber nie werde ich den Eid brechen, den ich dem Kaiser geschworen habe, so lange dieser lebt.«
    Ihre Majestät sandte Ismailoff zu Peter III. wieder zurück mit der Weisung, ihn zu bewegen, sich selbst in ihre Hände zu geben, um die unberechenbaren Folgen, die aus einem entgegengesetzten Verhalten entstehen könnten, zu vermeiden. Sie fügte das feierliche Versprechen hinzu, alles tun zu wollen, um ihm das Leben in irgend einer Residenz, die er sich selbst in gewisser Entfernung von Petersburg aussuchen möge, so angenehm wie möglich zu machen.
    Als wir uns dem Dreieinigkeitskloster näherten, kam der Vizekanzler Fürst Galitzin mit einem Briefe des Kaisers uns entgegen, und die Massen, die uns umringten, vermehrten sich von Minute zu Minute durch Zuzüge von seiten der Gegner.
    Bald nach unserer Ankunft in Peterhof meldete man uns, daß Peter, begleitet von den Generalen Ismailoff und Gudowitsch, im Schlosse angelangt sei und sich ergeben habe. Fast von niemand gesehen, wurde er in ein entferntes Gemach geführt, wo das Diner bereitet war. Da er das Schloß Ropscha, wo er als Großfürst gelebt hatte, zu seiner zukünftigen Residenz erwählte,
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