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Erinnerungen der Kaiserin Katharina II.

Erinnerungen der Kaiserin Katharina II.

Titel: Erinnerungen der Kaiserin Katharina II.
Autoren: Katharina II. von Rußland
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Garden versammelte und mich proklamierte. Ihr Eifer für mich tat, was der Verrat bewirkt hätte.
    Am 27. verbreitete sich das Gerücht, ich sei verhaftet worden. Die Soldaten empörten sich, aber einer unserer Offiziere beruhigte sie. Da kam ein Soldat zum Kapitän Passik, einem der Parteianführer, und sagte ihm, ich sei ganz sicher verloren. Doch der Offizier versicherte ihn, er habe Nachrichten von mir. Nun ging derselbe Soldat, der für mich fürchtete, zu einem andern Offizier, der nicht mit im Geheimnis war. Entsetzt, zu hören, daß ein Offizier diesen Mann hatte gehen lassen, ohne ihn zu verhaften, begab er sich zum Major. Dieser ließ Passik arretieren und schickte einen Rapport noch während der Nacht nach Oranienbaum. Sofort war das ganze Regiment in Bewegung und der Schrecken verbreitete sich unter unsern Mitverschworenen. Zuerst beschlossen sie, den zweiten der Gebrüder Orloff zu mir zu schicken, um mich nach der Stadt zu bringen, während die beiden andern überall die Nachricht von meiner Ankunft verbreiten sollten. Auch der Hetmann Wolkonski und Panin waren mit ins Vertrauen gezogen.
    Ich befand mich fast ganz allein mit meinen Kammerfrauen in Peterhof, scheinbar von der Welt vergessen. Aber es waren bange Tage für mich, da ich regelmäßig von allem unterrichtet wurde, was man für oder gegen mich anzettelte. Am 28. um sechs Uhr morgens trat plötzlich Alexis Orloff in mein Zimmer, weckte mich und sagte gelassen: »Es ist Zeit, daß Sie aufstehen; alles ist zu Ihrer Proklamation bereit.« Als ich darauf nach verschiedenen Einzelheiten fragte, antwortete er: »Passik ist verhaftet.« Nun zögerte ich nicht mehr. So schnell wie möglich kleidete ich mich an, ohne große Toilette zu machen, und stieg in den Wagen, der Orloff hergebracht hatte. An dem Wagenschlag stand, als Diener verkleidet, ein anderer Offizier, während ein dritter mir einige Werst hinter Peterhof entgegenkam. Fünf Werst vor Petersburg begegnete ich dem ältesten Orloff mit dem Fürsten Bariatinski, dem jüngeren. Dieser trat mir seinen Platz in der Sänfte ab, denn meine Pferde waren erschöpft. So kamen wir in die Kasernen des Ismailoffskischen Regiments. Hier waren nur 12 Mann und ein Tambour anwesend, der sich beeilte Alarm zu schlagen. Nun kamen die übrigen Soldaten herbei, küßten mir die Füße, die Hände, mein Kleid und nannten mich ihren Retter. Zwei von ihnen schleppten einen Popen mit dem Kruzifix herbei, und alle leisteten den Eid. Als dies geschehen, hob man mich wieder in einen Wagen. Der Pope mit dem Kreuz schritt voran. Wir fuhren zum Simeonowskischen Regiment, das uns mit Vivatrufen entgegenkam.
    Darauf begaben wir uns nach der Kasanerkirche, wo ich ausstieg. Das Regiment Preobraschenski kam ebenfalls herbei und rief: »Vivat!« – »Wir bitten um Verzeihung,« sagten die Soldaten dieses Regiments, »daß wir die letzten sind, aber unsere Offiziere haben uns zurückgehalten. Um indes unsern Eifer für Sie zu beweisen, haben wir vier verhaftet, denn wir wollen dasselbe, was unsere Kameraden der andern Regimenter wollen.« Dann langte die Garde zu Pferd an. Diese befand sich in einem Freudentaumel, wie ich ihn noch nie gesehen hatte. Sie schrien und weinten vor Freude über die Befreiung des Vaterlandes. Die Garde war vollzählig mit ihren Offizieren an der Spitze.
    Da ich wußte, daß mein Onkel, der Prinz Georg, dem Peter III. dieses Regiment geschenkt hatte, von demselben schrecklich gehaßt wurde, schickte ich einen Gardisten zu Fuß zu ihm, um ihn zu bitten, in seinem Hause zu bleiben, aus Furcht, es könnte ihm etwas passieren. Aber schon hatte sein Regiment eine Abteilung abgeschickt, um ihn zu verhaften. Man plünderte sein Haus und mißhandelte ihn.
    Ich begab mich ins neue Winterpalais, wo die Synode und der Senat versammelt waren. In Eile entwarf man das Manifest und den Eid. Dann ging ich hinunter und schritt die Reihen der Soldaten ab, von denen mehr als 14 000 – Garden und Landregimenter – versammelt waren. Sowie man meiner ansichtig wurde, ertönten Freudenrufe, die das zahlreich herbeigelaufene Volk wiederholte. Danach begab ich mich in den alten Winterpalast, um die nötigen Maßnahmen zu treffen. Hier beratschlagten und beschlossen wir, daß ich an der Spitze der Truppen nach Peterhof ziehen sollte, wo Peter III. dinierte.
    Auf dem ganzen Wege hatte man Posten aufgestellt, und jeden Augenblick schickte man mir Nachrichten.
    Ich sandte den Admiral Talitschin nach Kronstadt. Da kam der
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