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Eric

Eric

Titel: Eric
Autoren: Terry Pratchett
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Material. Seine Ohren empfingen das Knistern und Knacken eines Feuers, des
weiteren leises Blubbern, Ursprung unbekannt.
Die Nase fühlte sich übergangen und berichtete hastig von Schwefelgeruch.
Na schön. Was ergab sich daraus? Er lag auf den hölzernen Dielen
eines Zimmers, in dem ein Kaminfeuer brannte und etwas blubberte,
das nach Schwefel roch. Verträumte Benommenheit sorgte dafür, daß
Rincewind mit seinen logischen Schlußfolgerungen recht zufrieden war. Sonst noch etwas?
O ja.
Er öffnete den Mund und schrie und schrie und schrie.
Dadurch fühlte er sich besser.
Eine Zeitlang blieb er liegen. Aus dem Durcheinander seines Gedächtnisses krochen einzelne Erinnerungsfetzen, zeigten ihm ein warmes Bett und den Knaben namens Rincewind, der die verstreichende
Zeit mit wachsender Verzweiflung in kleinere Stücke teilte, um einen
schrecklichen Augenblick hinauszuschieben. Viel zu bald mußte er aufstehen und sich den Problemen des Lebens stellen, zum Beispiel Fragen, die jetzt folgendermaßen lauteten: Wer bin ich? Wo bin ich? Und warum bin ich hier?
» Was bist du?« drang eine Stimme in Rincewinds Bewußtsein vor. »Dazu wollte ich gerade kommen«, murmelte er.
Der Raum gewann zitternde Konturen, als er sich auf den Ellbogen
hochstemmte.
»Ich warne dich«, fuhr die Stimme fort, die ihren Ursprung bei einem
Tisch hatte. »Ich bin mit vielen mächtigen Amuletten geschützt.« »Wie schön für dich«, sagte Rincewind. »Ich wünschte, das wäre auch
bei mir der Fall.«
Erste Einzelheiten manifestierten sich in den Schlieren. Ein langes
niedriges Zimmer, am einen Ende ein großer Kamin. An der gegenü
berliegenden Wand eine lange Werkbank mit verschiedenen Glasobjekten, offenbar hergestellt von einem betrunkenen Glasbläser, der an
chronischem Schluckauf litt. In ihren wirren Windungen und Spiralen
siedende bunte Flüssigkeit. Ein Skelett hing entspannt an einem Haken. Daneben, auf einer Stange, war ein ausgestopfter Vogel festgenagelt.
Was auch immer er zu Lebzeiten verbrochen haben mochte: Er verdiente nicht, was der Präparator mit ihm angestellt hatte.
Rincewinds Blick wanderte über einen Boden, den schon seit einer
ganzen Weile kein Besen mehr berührt hatte. Überall lagen Glassplitter
und umgekippte Retorten; nur ein kleiner Bereich bot genug Platz
für…
Für einen magischen Kreis.
Er sah nach sehr gründlicher Arbeit aus. Wer ihn gezeichnet hatte,
war bestens über seinen Zweck unterrichtet: Er sollte einen Teil des
Universums vom anderen trennen, das Drinnen vom Draußen. Rincewind befand sich natürlich im Innern des Kreises.
»Ah«, sagte er und spürte dabei, wie sich ein vertrautes und fast willkommenes Gefühl in ihm regte – hilfloses Entsetzen.
»Ich verbiete dir jede Form von Aggressivität, o Dämon aus dem
Höllenschlund«, proklamierte die Stimme, und Rincewind begriff, daß
sie hinter dem Tisch erklang.
»Meinetwegen, in Ordnung«, erwiderte er. »Einverstanden. Äh. Ist es
vielleicht möglich, daß hier ein winzig kleiner Irrtum vorliegt?« »Hinfort!«
»Oh, gern.« Der Zauberer sah sich um. »Wie? Und wohin?« »Glaub nur nicht, daß du mich mit deiner Lügenzunge ins Verderben
locken kannst, o Teufelsbrut«, entgegnete der Tisch. »Ich kenne mich
mit Dämonen aus. Wenn du nicht allen meinen Befehlen gehorchst,
schicke ich dich in die kochende Hölle zurück, aus der du kommst. Aus
der Ihr kommt. Oder kommet.«
Eine Gestalt trat vor. Sie war klein, und der größte Teil von ihr
verbarg sich unter Talismanen, Amuletten und ähnlichen Gegenständen. Selbst wenn sie nichts gegen Magie nützten: Sicher gewährten sie
Schutz vor durchschnittlich starken Schwerthieben. Die Erscheinung
trug eine Brille und einen Hut mit langen Seitenstücken, wirkte dadurch
wie ein kurzsichtiger Spaniel.
»Kochende Hölle?« vergewisserte sich Rincewind.
»Genau. Wo die Schreie der Gequälten und Gefolterten…« »Schon gut, ich weiß, was du meinst«, sagte der Zauberer. »Nun, ich
sollte vielleicht darauf hinweisen, daß ich gar kein Dämon bin. Wenn
du mich jetzt bitte gehen ließest…«
»Deine Kleidung täuscht mich keineswegs, Dämon«, sagte die Gestalt.
In einem normaleren Tonfall fügte sie hinzu: »Außerdem: Dämonen
lügen dauernd. Das weiß jeder.«
»Tatsächlich?« Rincewind schöpfte neue Hoffnung. »In dem Fall…
Ich bin ein Dämon.«
»Na bitte! Du gibst es zu!«
»Ich habe keine Lust, mir diesen Unsinn noch länger anzuhören«,
schnaufte der Zauberer. »Ich weiß nicht, wer du bist
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