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Eric

Eric

Titel: Eric
Autoren: Terry Pratchett
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diverse Ausgangssperren nie geschafft hatten: Sie brachten Frieden in die Metropole.
    Hunde hechelten im siedenden Schatten. Der Fluß Ankh funkelte und glitzerte nie, doch jetzt quoll er so träge an den Ufern entlang, als sei in der Hitze sein Temperament verbrannt. Die Straßen waren leer und backofenheiß.
    Kein Feind hatte Ankh-Morpork jemals erobert. Nun, genau genommen war das recht oft geschehen: Die Stadt hieß barbarische Eroberer mit viel Geld in den Taschen herzlich willkommen. Doch nach wenigen Tagen stellten die verwirrten Angreifer fest, daß ihnen die Pferde nicht mehr gehörten. Einige Monate später waren sie nur eine weitere ethnische Minderheit mit eigenen Graffiti und Lebensmittelläden.
    Die Hitze hatte Ankh-Morpork belagert und über ihre Mauern triumphiert.
    Wie ein dichtes Tuch hing sie über den zitternden Straßen. Unter der Lötlampe der Sonne waren Meuchelmörder zu müde, um jemanden umzubringen. Diebe verwandelten sich in ehrliche Leute. In der efeuüberwucherten Feste der Unsichtbaren Universität – weit und breit wichtigstes Lehrinstitut für Magie – dösten die Zauberer unter ihren spitz zulaufenden Hüten. Selbst Schmeißfliegen waren zu erschöpft, um gegen Fensterscheiben zu prallen. Die Stadt hielt eine kollektive Siesta, wartete auf den Sonnenuntergang und die kurze, heiße, samtene Ruhe der Nacht.
    Nur der Bibliothekar genoß Kühle. Er hing von der Decke herab und ließ es sich gut gehen.
    Er hatte mehrere Seile gespannt und Ringe daran befestigt, in jenem Keller der Bibliothek, wo man die, äh, erotischen Bücher * aufbewahrte: Sie lagen in Fässern mit zerstoßenem Eis. Der Bibliothekar baumelte verträumt im frostigen Dunst.
    Alle magischen Bücher führen ein Eigenleben. Einige besonders vitale Exemplare können nicht einfach an die Regale gekettet werden – man muß sie zunageln oder zwischen dicken Stahlplatten geschlossen halten. Was die Werke über tantrischen Sex für Aufgeschlossene und Sehr Interessierte betrifft: Nur kaltes Wasser hindert sie daran, ganz plötzlich Feuer zu fangen und ihre (schlichten) Cover zu verkohlen.
    Über den brodelnden Fässern schwang der Bibliothekar langsam hin und her, während er friedlich vor sich hindöste.
    Dann kamen die Schritte aus dem Nichts, hasteten mit einem Geräusch über den Boden, das die Seele peinigte, verschwanden kurz darauf durch die Wand. In der Ferne erklang ein Schrei, und es hörte sich an wie: Ogottogottogottogott, jetzt ist es SOWEIT, ich STERBE.
    Der Bibliothekar erwachte, verlor den Halt und fiel in einen Behälter. Nur einige Zentimeter tiefes lauwarmes Wasser trennte ihn von Die Freuden des tantrischen Sex, mit Illustrationen für den fortgeschrittenen Schüler, von Einer Dame, und spontaner Verbrennung.
    * Sie sind nur erotisch und keineswegs pervers. Ähnliche Unterschiede gibt es zwischen der Benutzung einer Feder und der eines Huhns.
    Als Mensch hätte der Bibliothekar mit ernsten Konsequenzen rechnen müssen, aber glücklicherweise war er derzeit ein Orang-Utan. Immer wieder schwappt pure Magie durch die Bibliothek, und unter solchen Umständen bleiben Unglücksfälle nicht aus. Ein ausgesprochen eindrucksvoller Zwischenfall hatte ihn in einen Affen verwandelt. Nur wenige Personen bekommen Gelegenheit, das menschliche Volk lebend zu verlassen, und der Bibliothekar widersetzte sich allen Bemühungen, ihn in einen Mann zurückzuverwandeln.
    Da es sonst niemanden gab, der mit den Füßen nach Büchern greifen konnte, beharrten die Zauberer nicht auf ihrem Standpunkt.
    Natürlich entfaltete seine gegenwärtige Natur auch einen gewissen Einfluß auf die Wünsche nach weiblicher Gesellschaft. Er stellte sich etwas vor, das aussah wie ein Sack Butter, den man durch eine Rolle aus alten Schläuchen gepreßt hatte. Nun, er kam mit dem metaphorischen blauen Auge davon: einigen leichten Verbrennungen, Kopfschmerzen und einem seltsamen Verlangen nach Gurken, das bis zum Abendessen nachließ.
    In der Bibliothek weiter oben raschelten die Blätter erstaunter Grimoires, als ein Unsichtbarer durch die Bücherregale stürmte und verschwand, beziehungsweise noch mehr verschwand…

    Allmählich erwachte die Stadt Ankh-Morpork aus ihrem Schlummer. Etwas Unsichtbares, das laut schrie, lief durch alle Viertel der Metropole und zog dabei einen Schweif der Zerstörung hinter sich her. Wohin es sich auch wandte – überall kam es zu Veränderungen.
    Eine Wahrsagerin in der Straße Schlauer Kunsthandwerker hörte die
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