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Erfrorene Rosen

Erfrorene Rosen

Titel: Erfrorene Rosen
Autoren: Marko Kilpi
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frustriert und wendet sich ab. Er hatte sich schon über den entscheidenden Fortschritt der Ermittlungen gefreut, doch diese beiden versteifen sich darauf, seine Einschätzung zu torpedieren.
    »Falls er noch in der Stadt ist, kriegen wir ihn auf jeden Fall«, versichert er optimistisch. »Alle Männer sind im Einsatz. Im Zentrum wimmelt es von Polizisten, die Ausfallstraßen sind gesperrt und alle Verkehrsmittel werden überprüft. Sobald er aus seinem Bau kriecht, haben wir ihn.«
    »Zentrale an alle Streifen«, tönt es in dem Moment aus jedem Funkgerät im Zimmer. »Null-fünf in der Sammonkatu.«
    Mehr ist nicht zu hören. Alle halten den Atem an und warten auf weitere Informationen. Oder auf die Durchsage, es handle sich um einen verspäteten Aprilscherz.
    Tossavainen sieht Olli an – verwirrt, ungläubig und erschrocken. In letzter Zeit hat sich seine Auffassung von Bombendrohungen und deren Ernsthaftigkeit geändert. Er hat gelernt, den Code null-fünf zu hassen.
    Die meisten Polizisten verlassen den Raum. Nur Kylmänen, Olli, Tossavainen und die Techniker bleiben zurück. Kylmänen verfällt in hektische Aktivität. Er telefoniert herum und übernimmt per Funk das Kommando, organisiert die Evakuierung und Absperrung der gesamten Straße. Er weiß, dass diese Operation weder leicht noch schnell durchzuführen ist, denn auf der Haupteinkaufsstraße und in den Geschäften, die sie säumen, herrscht um diese Zeit großer Andrang.
    »Ich versteh das nicht«, sagt Tossavainen zu Olli.
    »Ich auch nicht. Kann das wirklich unser Mann sein, der hinter dieser Drohung steckt?«
    »Vielleicht doch eher ein Nachahmungstäter«, überlegt Tossavainen. »Davon gibt es nach jedem aufsehenerregenden Verbrechen genug.«
    Kylmänen unterbricht seine Befehlsausgabe für eine Weile. Er legt das Handy weg und blickt nachdenklich vor sich hin. Dann dreht er sich zu Olli und Tossavainen um.
    »Warum hat er keine genauere Angabe gemacht?«, fragt er. »Er kann doch nicht die ganze Straße in die Luft jagen.«
    »Weiß ich nicht«, antwortet Tossavainen kraftlos.
    »Steckt unser Mann dahinter? Der hier«, präzisiert Kylmänen, indem er auf die im Zimmer verstreuten Sachen zeigt.
    »Klingt eher nicht danach«, entgegnet Tossavainen nachdenklich.
    »Was soll das bloß!«, knurrt Kylmänen. »Es sollte doch nichts mehr passieren. Er hat sein Finale schon geschafft, das Opfer ist tot.«
    »Vielleicht ist es ein Ablenkungsmanöver«, überlegt Tossavainen.
    »Ein Ablenkungsmanöver?«, fragt Olli aufgeregt.
    »Deshalb hat er kein genaues Ziel genannt«, fährt Tossavainen fort. »Es gibt gar keine Bombe. Er sorgt einfach dafür, dass alle Polizisten in der Sammonkatu sind, und setzt sich in aller Ruhe ab.«
    »Warum ein Ablenkungsmanöver?«
    »Er weiß, dass wir hier sind. Wir sind wieder einmal aufgeflogen.«
    »Der verarscht uns«, stellt Olli fast beleidigt fest.
    Kylmänen sieht die beiden an und sagt kühl: »Abbrechen können wir die Operation jedenfalls nicht.«
    »Du tust genau das, was der Kerl will«, beharrt Tossavainen. »So gelingt ihm die Flucht. Weil wir ihn nicht aufhalten und nicht suchen.«
    »Trotzdem, das Risiko ist viel zu groß. Das musst du doch einsehen, nach allem, was schon passiert ist. Uns bleibt keine Wahl.«
    »Aber er entkommt uns«, protestiert Tossavainen.
    »Dann entkommt er uns eben.« Kylmänen bleibt bei seinem Standpunkt, obwohl er Tossavainens Frustration versteht und sogar teilt.
    »Gib uns ein paar Männer, dann suchen wir ihn«, bettelt Tossavainen. »Lange wird er nicht mehr hier sein.«
    »Wo soll ich denn die Männer hernehmen?«, faucht Kylmänen. »Du weißt ganz genau, dass alle mit der Evakuierung beschäftigt sind! Wir müssen den Kerl eben später jagen.«
    Er wendet sich ab, greift nach dem Funkgerät und erteilt weitere Anweisungen. Tossavainen schaut ihn verbittert an, denn er weiß, dass sie keine weitere Chance mehr bekommen werden. Andererseits kann er Kylmänens Entscheidung auch irgendwie verstehen.
    Olli und Tossavainen sehen sich an. Sie sind auf sich selbst gestellt. Eigentlich nichts Neues, so war es ja von Anfang an.
    Tossavainen geht ans Fenster und betrachtet das gegenüberliegende Bahnhofsgebäude. Er erkennt zwei Polizisten in Zivil, die davor patrouillieren. Einer der beiden hält gerade das Funkgerät ans Ohr. Einige Sekunden später eilen beide Polizisten in Richtung Sammonkatu davon. Tossavainen starrt ihnen nach, schaut dann erneut auf den Bahnhof und erkennt eine
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