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Erfolg

Erfolg

Titel: Erfolg
Autoren: Lion Feuchtwanger
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dem Anspruch, Geschmack, Verständnis des Lesers von 1927 die Inhalte und Methoden moderner Romanliteratur herleitete: »Den Schreiber und den Leser fesselt Gestaltung des unmittelbar Greifbaren: Sitten und Gebräuche des heraufkommenden Proletariats, die Institutionen Amerikas, Fabriken, Konzerne, Autos, Sport, Petroleum, Sowjetrußland. Die große Abneigung des Menschen von 1927 gegen subjektiv gefühlsmäßige Wertung bewirkt, daß der historische Roman und der historische Essay als Darstellung abgeschlossener, somit überschaubarer Vorgänge sehr ins Licht rückt. Bevor die Geschichte neuere Methoden der Katalogisierung konsequent anwendet, soziologische, biologische, gebraucht sie einfühlsam der Roman.« Daß es ihm dabei um den historischen Roman auch als Methode und nicht als durch den Stoff definiertes Genre geht, wird deutlich in seinem ein halbes Jahr später ebenfalls im »Berliner Tageblatt« (7. Juni 1928) veröffentlichten Beitrag »Historische Gegenwart«, in dem er auf sein im Entstehen begriffenes Buch »Erfolg« aufmerksam macht. Es werde, obwohl es in Bayern und in den Jahren 1922/23 spiele, »kein aktueller Roman sein und kein politischer, sondern ein historischer«, also die Gegenwart historisch fassen, eine Historie dieses Jahrzehnts werden: »Die Schicksale von fünfzig oder sechzig bayerischen Menschen versuche ich einzuspannen in den größeren Rahmen des deutschen und in den großen des Weltgeschehens. Bemüht,das Bayern der jüngsten Vergangenheit aus großer Distanz zu betrachten, mit der Ruhe, mit der ich das Tirol des 14. und das Württemberg des 18. Jahrhunderts betrachten konnte, versuche ich, in dem Wirbel vieler kleiner bewegter Einzelschicksale das gemeinsame Gesetz zu finden, nach dem diese Schicksale ablaufen.«
    Der Roman erschien 1930 in einer zweibändigen Ausgabe beim Gustav Kiepenheuer Verlag. Feuchtwanger hatte vor das »Vierte Buch«, mit dem der Band begann, eine Information setzen lassen (sie steht in unserer Ausgabe am Ende), in der er mitteilte, daß »Erfolg« nicht wirkliche, sondern historische Menschen biete. Das stimmte in literarisch-ästhetischem Sinne; realiter stimmte es nicht ganz. Die durchaus beabsichtigte Ähnlichkeit mit prominenten Münchner Zeitgenossen war unverkennbar. Der erste, der sich meldete – und zwar noch vor Auslieferung der Bände – war Brecht. Nachdem er das Manuskript gelesen hatte, fuhr er zu Feuchtwanger nach Fasno am Gardasee. Er sei »sehr unglücklich« gewesen, berichtet Marta Feuchtwanger in ihren Erinnerungen, über »die eine Figur, den Pröckl, weil er sich in ihr erkannt hatte. Lion tat das damals schon leid; der Pröckl war eine kleine Rache für den Verrat, den Brecht in München an ihm begangen hatte. Er hatte aber nicht damit gerechnet, es könne jemand herausfinden, daß hinter Pröckl Brecht stand. Denn Brecht war ja noch ziemlich unbekannt … Und nun war Brecht gekommen und versuchte, Lion zu einer Änderung zu bewegen«. Das ging schon deshalb nicht, weil das Buch bereits gedruckt wurde. Brecht reiste schließlich »in alter Freundschaft« ab. – »Der Verrat in München« bestand in einer – von Brecht nicht bestrittenen – Äußerung, »er betrachte seine Freundschaft zu Feuchtwanger nur als Sprungbrett. Er nütze ihn einfach aus, sein Werk sei ihm völlig gleichgültig.« – Mit Sicherheit ist Pröckl nicht das Produkt eines Rachegefühls, sondern Repräsentant einer »in jenen Jahren« nach der Revolution sehr wesentlichen politischen und philosophischen Denkhaltung. Die »kleine Rache« bestand wahrscheinlich inein paar gezielten Boshaftigkeiten zur Person Brecht/Pröckl. – Von den übrigen Gestalten, um deren Entschlüsselung sich die Literaturwissenschaft bald bemühte, seien die eindeutig zu identifizierenden hier mitgeteilt (daß es sich jeweils nur um partielle Übereinstimmung und nicht um ein genaues Abbild handelt, muß kaum betont werden). Neben Brecht (Kaspar Pröckl) sind es die Schriftsteller Ludwig Thoma (Lorenz Matthäi), Ludwig Ganghofer (Josef Pfisterer) und der Komiker-Schriftsteller Karl Valentin (Balthasar Hierl); die Politiker Erich von Ludendorff (General Vesemann), Adolf Hitler (Rupert Kutzner), Landesökonomierat Georg Heym von der Bayerischen Volkspartei (Geheimrat Bichler), Generalstaatsanwalt Christian Roth (Otto Klenk), Gustav von Kahr, 1920 bayrischer Ministerpräsident, der dem Hitler-Putsch im entscheidenden Moment seine Unterstützung versagte (Franz Flaucher). Und
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