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Erfolg

Erfolg

Titel: Erfolg
Autoren: Lion Feuchtwanger
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geschrieben um 1923 und genannt »Wird Hill amnestiert?«, handelt von den Bemühungen einer Frau, ihren Freund aus dem Gefängnis zu befreien. Das Komische ergibt sich aus der Unangemessenheit der Mittel: Der Delinquent, freigekämpft mit großem Einsatz, gesteht seiner Geliebten und Retterin, daß seine Verurteilung zu verhindern gewesen wäre, wenn er vor Gericht die Wahrheit gesagt hätte. Aber das Bekenntnis seiner Nichttäterschaft hätte ihn lächerlich gemacht. – Das Grundmuster seines Stückes, nicht mehr, übernahm Feuchtwanger für die epische Bearbeitung des gleichen Themas. Den Gerichtsfall, vor allem die aufwendigen Bemühungen um eine Amnestie, benutzte Feuchtwanger für einen großen literarischen Zweck: für »eine Historie unseres Jahrzehnts … um das kleine großspurige Bayern der Inflation und des Hitlerputsches herum«. (Feuchtwanger, »Historische Gegenwart«, in: »Berliner Tageblatt« vom 7. Juni 1928).
    1925 war Feuchtwanger von Bayern nach Berlin gezogen. Mag sein, der räumliche Abstand von München brachte ihn überhaupt erst auf die Idee, einen Roman über Bayern, über »drei Jahre Geschichte einer Provinz«, zu schreiben. 1925 war das Jahr, in dem er gemeinsam mit Brecht sein Theaterstück »Warren Hastings« (es erhielt danach den Titel »Kalkutta, 4. Mai«) überarbeitete, in dem er das Schauspiel »Die Petroleuminseln« beendete und in dem sein Roman »Jud Süß« gedruckt vorlag. Nach Auskunft von Lola Sernau, seit 1927 Sekretärin Feuchtwangers, begann 1925 auch die Arbeit an »Erfolg«. In einem Artikel im »Berliner Tageblatt« vom 28. März 1929, »An Lion Feuchtwangers Schreibmaschine. Intimitätendes Diktats«, berichtet sie: »Feuchtwanger arbeitet seit etwa vier Jahren an einem sehr umfangreichen Roman.« Daß es sich um »Erfolg« handelt, wird deutlich, wenn sie Genaueres über ihre Tätigkeit ausplaudert, die sie als langwierige, »von ihm und mir mit hundert Mühseligkeiten zu erkämpfende, meine Geduld auf eine harte Probe stellende Angelegenheit« bezeichnet: »Der Roman, an dem er arbeitet, spielt in den Jahren 1922/23. Es wird keine Jahreszahl und kein Datum genannt. Dennoch verlangt Feuchtwanger, daß ich genaue Nachforschungen anstelle mit Hilfe der Zeitungen jener Jahre oder der lebenden Personen, die an den Geschehnissen jener Jahre beteiligt waren, wie sich die Ereignisse ›wirklich‹ abspielten.« – Nach Auskunft Marta Feuchtwangers begann die Arbeit später: als sie und Lion von ihrer Spanienreise heimgekehrt waren. Das aber war 1926. Von den außerordentlich umfangreichen Recherchen, für die Feuchtwanger nicht nur seine Sekretärin beschäftigte, sondern vor allem den Studenten Werner Kahn-Bieker und auch seine Frau Marta, berichtet diese in ihren Erinnerungen »Nur eine Frau«. Als beste und am meisten benutzte zeitgeschichtliche Quelle nennt sie die von Kurt Eisner herausgegebene »Münchner Post«.
    Hatte Feuchtwanger für die beiden vorangegangenen Romane (»Jud Süß«, »Die häßliche Herzogin«) historische Stoffe gewählt, kehrte er mit »Erfolg« ins zwanzigste Jahrhundert zurück. Es wurde nach seinem Erstling »Der tönerne Gott« (1910) sein zweiter Gegenwartsroman. Obwohl von anderer Machart, findet sich im »Tönernen Gott« ansatzweise bereits einiges, was in »Erfolg« wiederkehrt: die Atmosphäre der Stadt München, der bayrische Dialekt (»bayrisch Strotzendes, Gewachsenes«), Personenkonstellationen wie die Liebesbeziehung einer Serviererin zu einem ihrer Gäste. Neu und ungewöhnlich ist die Erzählhaltung, die unter anderem durch Formulierungen wie »in jenen Jahren«, »in jener Epoche« betont eine zeitlich größere Distanz zu den Ereignissen herstellt, die in Wirklichkeit erst drei oder vier Jahre zurückliegen. Das geschieht vorwiegend dann, wenn der Autor die Romanhandlungunterbricht und zum Beispiel eine Art Landeskunde vermittelt oder sitten-, rechts- oder zeitgeschichtliche Fakten handlungsübergreifenden Charakters mitteilt. Was es damit konkret auf sich hat, ließ Feuchtwanger seine Leser zehn Jahre später in einem Nachwort zu dem Roman »Exil« wissen: daß er sich »bei der Konzeption von ›Erfolg‹ vornahm, den Roman so zu halten, als schriebe ihn ein Autor des Jahres 2000«. Diese Absicht entsprach Feuchtwangers poetologischer Vorstellung vom Gegenwartsroman, zu der er sich in dem Aufsatz »Die Konstellation der Literatur« (»Berliner Tageblatt« vom 2. November 1927) äußerte und in dem er unter anderem aus
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