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Erfindung der Violet Adams

Erfindung der Violet Adams

Titel: Erfindung der Violet Adams
Autoren: L Rosen
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Erfindung wie zum Beispiel eine automatische Uhr oder einen chemischen Unsichtbarkeitstrank oder einen chirurgischen Eingriff zur erfolgreichen Erschaffung eines zweiköpfigen Vogels oder – in Violets Fall – einen mechanisch höchst interessanten Kinderwagen. Alle Bewerber, die zu einem Gespräch eingeladen wurden, hatten das fertige Produkt zu diesem Gespräch mitzubringen, doch Violet hatte den Kinderwagen bereits vor einiger Zeit fertiggestellt, als Geschenk für Mrs Henderson, Mrs Wilks Schwester, die Kindermädchen war und von Zeit zu Zeit in das Herrenhaus zu Besuch kam. Violet war sich nicht sicher, ob ihr Aufsatz, in dem sie beschrieb, wie dampfbetriebene Luftschiffe schon bald ferne Planeten erreichen würden, nicht doch zu gewagt war. Aber sie war der Meinung, dass ihre Ausführungen gut durchdacht waren. Mit den Jahren war sie mit vielen Luftschiffen gereist und hatte ihre Mechanik eingehend studiert. Gedankenversunken befeuchtete sie ihren Finger und blätterte ein letztes Mal durch ihren Aufsatz, nur um ganz sicher zu sein.
    Nachdem sie ihre Bewerbung noch einmal durchgelesen hatte und mit dem, was sie geschrieben hatte, zufrieden war, ging Violet in den Keller, um an ihren Höllenmaschinen zu arbeiten. Es war nicht leicht gewesen, in einem Keller, der ursprünglich als Weinkeller gedacht war, ein Labor einzurichten. Violet hatte jedoch schon als Kind gewusst, dass sie in ihrem Schlafzimmer wohl kaum wissenschaftliche Genialität entwickeln könnte, und hatte mit großer Überzeugungskraftdie Dienerschaft dazu gebracht, den Keller zu säubern und umzubauen. Natürlich gab es noch immer einen kleinen Weinkeller – und wenn man in den Keller hinunterkam, sah man in der Tat zunächst nichts anderes. Doch es gab eine Tür, eine sehr dicke Tür, an schweren bronzenen Scharnieren. Und manchmal konnte man durch die Ritze unter dieser Tür Lichter flackern sehen wie unter der Tür eines jeden wissenschaftlichen Labors.
    Das Labor selbst war gemütlicher, als man vermutet hätte. Diverse Kerzen waren über den Raum verteilt, und ein großer, dickbäuchiger Heizofen warf sein sanftes Licht an Wände und Decke. Ein enormer Tisch nahm fast den ganzen Raum ein, er war mit Büchern, Zeichnungen, Notizen und diversen Metallstücken und Maschinenteilen übersät. Darum herum standen ein paar Stühle, und neben dem Ofen thronte ein großer, brauner Sessel, in den sich Violet zum Lesen zurückzog, wenn ihre Hände zu müde geworden waren, um weiter an den Maschinen zu arbeiten. Der ganze Raum roch nach warmem Stein, erhitztem Metall, Holz und Papier, und Violet liebte das.
    Im Moment arbeitete sie an einem Spielzeug. Normalerweise interessierten sie derartige Dinge nicht, doch sie wollte bei ihrem Bewerbungsgespräch an der Illyria-Akademie auch demonstrieren können, dass sie außer genialen mechanischen Erfindungen auch die kleinen wissenschaftlichen Finessen wie aufziehbare Spielfiguren und ähnliches beherrschte, die die sanfteren Gemüter des Adels begeisterten. Sie hatte die Funktionsweise ausgearbeitet und alle wichtigen Teile fertig: eine große Entenmutter mit Federantrieb und mehrere Entenkinder auf Rädern, die ihr ohne eine direkte Verbindung folgten, da sie auf die kleinen Magnetstückchen reagierten, die die Mutter wie eine Spur hinter sich herzog, während sie von den Federn vorwärtsbewegt wurde. Da es sich um ein Spielzeug handelte, sollte es auch schön aussehen, sodass Violet den Rest des Tages mit den feinen Metallarbeiten und dem Anbringen der Glassteinchen verbringen wollte, die sie mühsam aus dem Modeschmuck herausgearbeitet hatte, den sie als Kind von Mrs Wilks geschenkt bekommen hatte. Die Entenmutter war fast fertig, mit glänzenden, grünen Augen, fein eingravierten Federn und einem kleinen vergoldeten Schnabel. Mit den Entenkindern war sie noch nicht zufrieden: Sie kamen ihr unfertig vor. Violet setzte sich an den Tisch und betrachtete die schmucklosen Entenkinder. Ihre Rümpfe waren aus Messing, sie hatten die grobe Form von Enten und standen auf kräftigen Messingrädern. Der Kopf der Mutter wippte durch einen einfachen Federmechanismus beim Rollen vor und zurück, doch die Entenkinder waren zu klein, um ihnen einen solchen einzubauen. Violets Augen wurden ganz groß, als ihr die Idee kam, den Entenkindern dünne Flügel zu basteln, die sich beim Fahren auf und ab bewegten. Sofort holte sie einen großen Block hervor und begann, die Funktionsweise der Flügel auszuarbeiten. Sie könnte
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