Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Erfindung der Violet Adams

Erfindung der Violet Adams

Titel: Erfindung der Violet Adams
Autoren: L Rosen
Vom Netzwerk:
sehr sorgte sie sich um sie. Deshalb sahen die Zwillinge sie oft auch wie eine jungfräulich Tante an, die sie mit ihrer Liebe nahezu erstickte und es am liebsten gesehen hätte, wenn sie in der Sicherheit des Hauses geblieben wären, eingepackt in viele Decken und festgebunden an ihre Betten,indenen ihnen nichts Böses geschehen und sie sie mit ihrer Liebe und einer selbstgekochten Erbsensuppe füttern konnte.
    Als die Kutsche fertig beladen war, sahen die drei zur Treppe, als erwarteten sie, dass Mr Adams heruntergestürmt käme und sich überschwänglich von ihnen verabschiedete, schwungvoll in die Kutsche spränge und davonführe. Wäre dem jedoch so gewesen, hätte er ihnen allen einen gehörigen Schock versetzt, denn Mr Adams war alles andere als schwungvoll und überschwänglich. Einen Moment später kam er dann auch wirklich vorsichtig die Treppe herunter, eine überquellende Aktentasche in der einen und einige lose Papiere in der anderen Hand. Er las im Gehen und vertraute darauf, dass seine Füße schon den richtigen Weg fanden.
    »Pass auf, Vater«, warnte Violet.
    »Violet, Ashton, Mrs Wilks«, sagte er, als wäre er überrascht, sie alle hier zu sehen.
    »Ihre Kutsche ist abfahrbereit, Sir«, sagte Mrs Wilks. »Wenn Sie sich nicht beeilen, werden Sie das Luftschiff verpassen.«
    »Aber ich werde doch wohl noch Zeit haben, mich zu verabschieden, oder nicht?«, erkundigte sich Mr Adams. Mrs Wilks nickte.
    »Bist du aufgeregt Vater?«, fragte Violet und umarmte ihn. »Amerika muss wunderbar sein.«
    »Allerdings, ich bin schon sehr gespannt. Nicht nur auf Amerika, sondern auch auf die Konferenz. Alle großen Männer der Astronomie und der Geographie werden dort sein. Viele von ihnen scheinen der Ansicht, dass der Nullmeridian durch Greenwich verlaufen sollte. Ha!« Er lachte verhalten, ein nettes, fröhliches, hüstelndes Lachen, das zu einem Mann seines Alter und seines Temperaments passte. »Es ist gut, dass ein globales System aus Längengraden entwickelt werden soll, doch den Nullmeridian für England durch Greenwich zu legen, war ein Fehler. Ich hoffe dieser Fehler lässt sich minimieren, indem der globale Nullmeridian nicht nach England gelegt wird.« Er lächelte, wobei die Falten um seine Augen zu tiefen Furchen wurden. Auch Violet lächelte, denn dass ihr Vater vergnügt war, machte sie glücklich. Er war ein Mann von kleinem Wuchs, um die fünfzig, mit einem ausladenden grauen, struppigen Schnurrbart. Meist nahm er die Schultern etwas zu sehr zurück und trug sein Kinn etwas zu hoch, vielleicht von dem häufigen Gucken durch sein Teleskop. Seine Garderobe war meist nachlässig und zu groß, doch er wusste sich durchaus zu kleiden, wenn er sich mit jemandem außer Haus traf. Seine Augen, die einst von einem klaren Grau gewesen waren wie die seiner Kinder, waren mit den Jahren sanft und verschwommen geworden wie sich auflösende Wolken. Er blinzelte vielleicht öfter, als es normal war, und musste sich manchmal zwingen zu lächeln. Denn obwohl er seine Kinder liebte, war er in Wahrheit noch immer traurig, ihre Mutter verloren zu haben, die er noch mehr geliebt hatte als seine Sterne.
    »Bringst du mir eine Speerspitze mit?«, fragte Ashton, als er seinen Vater umarmte.
    »Und mir auch!«, rief Violet.
    »Oh? Ja, sicher, wenn ich welche finde.«
    »Du wirst ein ganzes Jahr dort sein. Die Konferenz wird nicht so lange dauern, oder?«, wollte Violet wissen.
    »Nun, die Konferenz beginnt erst im Oktober 1884. Doch vorher finden einige kleinere Konferenzen statt sowie ein paar unsinnige soziale Zusammenkünfte der Astronomen … « Mr Adams Blick verschloss sich, der Gedanke, Umgang mit seinen Kollegen pflegen zu müssen, schien ihn nicht zu begeistern.
    »Dann kannst du den Kontinent erkunden! Und uns Speerspitzen mitbringen«, sagte Ashton zufrieden.
    »Ich sehe, was ich tun kann. Jetzt müsst ihr mir versprechen, euch zu benehmen und auf Mrs Wilks zu hören«, antwortete er milde und freundlich.
    Ihr Vater lächelte sie an, und sie erwiderten sein Lächeln. Es war wichtig, dass er entspannt war und ihnen vertraute, damit sie ihren Plan in die Tat umsetzen konnten. Zum Glück war er entspannt und vertraute ihnen. Seine Gedanken waren immer so von dem nächtlichen Himmel vereinnahmt, dass er die kleinen Schwindeleien seiner Kinder nie bemerkte.
    »Ashton und ich haben uns entschlossen, die Ballsaison in London zu verbringen, Vater.«
    »Dann wird Mrs Wilks euch begleiten.«
    »Aber Vater, Mrs Wilks muss
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher