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Erfindergeist

Erfindergeist

Titel: Erfindergeist
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Fairerweise muss ich zugeben, dass er mir bei meinen Fällen schon das eine oder andere Mal sehr hilfreich gewesen war. Natürlich nur zufälligerweise. Sein Wissen hatte er dazu genutzt, um mittlerweile zwei einigermaßen bekannte Regionalkrimis zu schreiben.
    Mir persönlich waren seine Bücher suspekt, da in ihnen häufig und detailliert die tatsächliche polizeiliche Ermittlungsarbeit beschrieben wurde und die Figur des Kommissars öfter ins Lächerliche gezogen wurde. Aber dass die Leser dieser Romane Realität als Fiktion vorgesetzt bekamen, mussten sie ja nicht unbedingt wissen.
    Um sein Archäologiestudium zu finanzieren, schrieb Becker auch als freier Journalist für die hiesigen Tageszeitungen. Mit seiner Interviewmasche gelang es ihm immer wieder, Zeugen oder gar Verdächtige vor mir zu befragen.
    Die beiden hatten mich fast im gleichen Moment ebenfalls erkannt und kamen auf mich zu. Becker, der Grobmotoriker mit dem knabenhaften Gesicht, stolperte fast schon obligatorisch über einen Feuerwehrschlauch. Gerhard gelang es, ihn aufzufangen, bevor er in den nassen Dreck fallen konnte.
    Gerhard, mit seinen seltsam verquollenen roten Augen, war mein Lieblingskollege. Faktisch war ich zwar sein Vorgesetzter, doch das spielte keine Rolle. Wir verstanden uns prima und das galt auch für die Arbeit. Da in der Schifferstadter Kriminalinspektion der Posten des Dienststellenleiters seit fast einem halben Jahr unbesetzt war, war ich als Stellvertreter beziehungsweise kommissarischer Leiter für alles verantwortlich. Glücklicherweise konnte ich die meisten Bürotätigkeiten an meine überaus kompetenten Kollegen delegieren und so gemeinsam mit Gerhard vor Ort ermitteln. Büroarbeit war mir verhasst.
    »Alter Junge, ich weiß, wie du dich fühlst. Glaub mir, mir geht es nicht viel besser.« Gerhard zog ein Taschentuch aus seiner Hose und schnäuzte. Er kannte Jacques zwar persönlich, dass ihn die Sache jedoch so mitnahm, wunderte mich. Jedenfalls bis zu dem Moment, als Gerhard sich entschuldigte: »Tut mir leid, Reiner, ich bin total verschnupft. Vielleicht solltest du mir nicht zu nahe kommen.«
    Meine roten Augen hatten einen anderen Grund – ich war traurig.
    Ich stand nur da und schaute mir den riesigen Schutthaufen an, der bis heute Morgen die Werkstatt von Jacques gewesen war. Ich drehte mich zu Gerhard um und fragte ihn mit leiser Stimme: »Ist es sicher, dass Jacques da drin war?«
    Gerhard legte mir den Arm um die Schultern. »Es besteht nur sehr wenig Hoffnung, dass die Überreste, die wir gefunden haben, nicht von Jacques stammen. Dr. Dr. Hingstenberg hat bereits die erste Untersuchung vor Ort durchgeführt. Tut mir leid, da ist nichts zu machen.«
    »Wie ist das eigentlich passiert?«
    »Das wissen wir noch nicht. Die Nachbarn ringsherum haben die Explosion gehört und zuerst an einen Bombenangriff gedacht. In der näheren Umgebung wurde zu dieser Zeit kein Fremder gesehen. Vermutlich war es ein schrecklicher Unfall.«
    Jacques soll seine eigene Werkstatt in die Luft gesprengt haben? Unmöglich, dachte ich sofort. Doch dann fielen mir ein paar seiner früheren Experimente ein, die recht grenzwertig waren. Warum hatte ihn heute das Glück verlassen? In diesem Moment mussten in meinem Hirn zwei Synapsen eine Querverbindung hergestellt haben. Warum war Dietmar Becker eigentlich hier? Auf diese Antwort war ich mehr als gespannt.
    »Herr Becker, klären Sie mich mal auf. Woran schreiben Sie gerade?«
    »Was meinen Sie, Herr Palzki? Ich schreibe im Moment an keinem Buch. Es ist gerade erst der Roman mit dem Pseudokruppfall erschienen. Ich lerne zurzeit für meine Prüfungen.«
    »Aha, und dabei wollte Jacques Ihnen wohl helfen?«
    Becker wand sich hin und her. »Nein, nein, natürlich nicht. Erfindungen und Archäologie passen ja nicht so ganz zusammen, oder?«
    »Muss ich Ihnen alles aus der Nase ziehen? Was hatten Sie hier zu suchen?«
    »Ja, also, das war so. Von einem Zeitschriftenmagazin habe ich den Auftrag bekommen, einen Artikel über ein hochaktuelles Thema zu schreiben. Das würde mir eine Stange Kohle, äh ein gutes Honorar einbringen. Zufälligerweise hatte mir Jacques nach unserer letzten Aktion in der Waldfesthalle gesagt, dass er zu dieser Problematik schon einige Experimente durchgeführt hat.«
    »Aha, und hätten Sie die Freundlichkeit, mir zu sagen, woran er gearbeitet hat?«
    »Neue Energien wie synthetisches Benzin.«
    Ich schluckte. »Synthetisches Benzin? Was soll das für ein Quatsch
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