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Erfindergeist

Erfindergeist

Titel: Erfindergeist
Autoren: Gmeiner-Verlag
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sein? Benzin wird aus Öl hergestellt, basta.«
    »Na ja, das stimmt schon. Es geht aber auch anders.«
    »Anders? Klar doch, linksdrehendes Leitungswasser, das in Vollmondnächten den Benzingöttern geopfert wird.«
    »Herr Palzki, das ist kein Humbug, sondern Chemie. Das Prinzip ist mehrere Jahrzehnte alt. Man nennt es Kohleverflüssigung. In Hydrierwerken wird daraus alltagstaugliches Benzin hergestellt.«
    »Okay, von mir aus. Bloß, wo soll da der Unterschied sein, ob das Benzin aus Öl oder Kohle hergestellt wird? Beides ist auf diesem Planeten nur sehr begrenzt vorhanden.«
    Becker war nun in seinem Element, was einen längeren Monolog provozieren konnte, wie ich wusste. Er nickte auch schon eifrig. »Freilich, aber überlegen Sie mal, wie viel Öl und Kohle es zum Beispiel in Deutschland gibt. Fast das komplette Öl muss importiert werden, wogegen es hier zahlreiche Kohlevorräte gibt.«
    »Herr Becker, jedes Kind weiß, dass der Kohleabbau mittlerweile alles andere als rentabel ist.«
    Der Student nickte erneut. »In diesem Punkt stimme ich Ihnen vollkommen zu. Wenn man das Ganze allerdings unabhängig von den Kosten betrachtet, würden sich durch den Kohleabbau Deutschland und andere Öl importierende Länder aus der Abhängigkeit von den Öl exportierenden Ländern lösen können. Bedenken Sie, wegen Öl wurden und werden immer noch Kriege geführt. Wenn man dagegen Benzin einfach aus Kohleverflüssigung herstellen würde, hätte man ein Riesenproblem weniger.«
    »Ich verstehe. Das Ganze ist aber rein hypothetisch, oder? Wenn es dieses System tatsächlich bereits seit Jahrzehnten gäbe, hätte man es doch längst industriell vermarktet. Oder wollen Sie mir sagen, dass unser Jacques mit seinen Erfindungen dahintersteckt?«
    »Nein, nein«, lachte der Student, wenn auch nur für einen winzigen Augenblick, bevor er wieder ernst wurde. »Ich sehe schon, ich muss mit meinen Erklärungen ein wenig weiter ausholen. Im Zweiten Weltkrieg gab es allein in Deutschland rund ein Dutzend solcher Hydrierwerke. Man war damals ja vom Rest der Welt ausgeschlossen worden. Der größte Teil des Treibstoffbedarfs der Wehrmacht wurde über Kohleverflüssigung produziert. Oder nehmen Sie zum Beispiel die Ölkrise, 1973. Kurz danach wurden mehr als ein Dutzend großtechnische Anlagen geplant. Als zehn Jahre später der Sprit billiger wurde, hat man die Pläne wieder verworfen. Die letzte Pilotanlage produzierte übrigens in Essen bis ins Jahr 2004.«
    »Aha, so wie ich das verstanden habe, ist die Herstellung von synthetischem Benzin weniger eine Sicherheitsfrage als eine Frage der Kosten.«
    »Jawohl, Sie haben es richtig erkannt, Herr Palzki. Allerdings bleiben da noch andere Fragen offen. Das Syntheseprodukt kann zu einem Preis von ungefähr 25 Dollar pro Barrel hergestellt werden. Dazu kommen die Kohleförderungs- und eventuell Transportkosten. Der Transport würde entfallen, wenn man die Hydrierwerke direkt beim Kohleabbaulager errichten würde. Ich denke, dass Sie eine ungefähre Ahnung haben, was zurzeit ein Barrel Öl kostet.«
    »Natürlich weiß ich das, man liest es ja ständig in der Zeitung.« Ich schüttelte ungläubig den Kopf. »Und warum macht das niemand? Wie Sie vorhin selbst gesagt haben, wäre dadurch das Autofahren wesentlich billiger und die Abhängigkeit von anderen Ländern viel geringer.«
    »Gute Frage, Herr Kommissar. Genau das will ich in meinem Artikel erörtern. Politik, Lobbyarbeit, internationale Vereinbarungen, das ganze Portfolio eben. Wie schon Jacques sagte: ›Ich kann erfinden, was ich will. Es gibt immer jemanden, der den Zustand ohne diese Erfindung beibehalten möchte.‹«
    »Und jetzt erzählen Sie mir bitte, was Jacques mit dieser ganzen Sache zu tun hat. Vielleicht war das ja gar kein Unfall?«
    »Da muss ich Sie leider enttäuschen. Jacques hat mir zwar erzählt, dass er vor längerer Zeit damit experimentiert und sogar ein günstigeres als das bestehende Hydrierverfahren entwickelt hat, es jedoch bis jetzt niemand haben wollte. Glauben Sie bloß nicht, er wäre etwa wegen seiner Entwicklung ermordet worden. Er hat das Prinzip damals öffentlich gemacht. Jeder könnte es benutzen, wenn er nur wollte.«
    »Und was tun Sie nun hier?«
    »Wir haben in den letzten Tagen viel über dieses Thema diskutiert und ich kam mit meinem Bericht sehr gut voran. Heute wollte ich ein paar offene Punkte mit ihm besprechen, eigentlich nur Kleinigkeiten.«
    »Sagen Sie mal, Herr Becker, als Sie in den
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