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Erebos

Erebos

Titel: Erebos
Autoren: Ursula Poznanski
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Schlacht permanent das Internet durchsucht und auf die Meldung gewartet hat, dass – wie soll ich sagen – sein Feind tot ist. Die Meldung kam nicht, dafür aber eine andere. Daraufhin hat es sich abgeschaltet.«
    Jamie sah beeindruckt aus. »Ist ja irre.«
    »Ja.«
    Jamies blasses Gesicht wirkte nachdenklich. War es zu früh, um ihm die ganze Wahrheit zu sagen? Nein, dachte Nick. Je schneller wir es hinter uns haben, desto besser.
    »Hör mal«, begann er. »Dein Unfall war eigentlich keiner. Jemand hat deine Bremsen ausgehängt, deshalb bist du mit solchem Affenzahn in die Kreuzung gerasselt.« Er atmete durch. »Ich weiß, wer es getan hat. Wenn du möchtest, sage ich es dir.«
    In Jamies Gesicht stand Ungläubigkeit geschrieben. Er öffnete den Mund, schloss ihn wieder und drehte den Kopf zur Wand. »Ich kann mich an den Unfall nicht erinnern. Auch nicht an die Tage davor. Was da war, das wüsste ich gern.« Er betastete die Narbe auf seinem Kopf. »Hatte diese Spielesache damit zu tun?«
    »Ja.«
    »Verstehe. Ich überlege es mir. Vielleicht will ich es ein bisschen später wissen.« Er grinste schief. »Was mich aber interessiert: Kann es passieren, dass ich demjenigen auf dem Schulhof begegne und ihm aus lauter Freundlichkeit mein halbes Sandwich abgebe?«
    Nick schüttelte den Kopf. »Nein.«
    Brynne hatte tatsächlich die Schule gewechselt. Zur Polizei war sie nicht gegangen, soweit Nick informiert war.
    »Wie lange musst du noch hierbleiben?«, fragte er.
    »Kann noch ein bisschen dauern. Danach soll ich in die Reha, zu all den anderen alten Weibern, die sich die Hüfte gebrochen haben. Bin gespannt, ob sie auf meine Frisur stehen.«
    Jamies Hirn inklusive Witzezentrum war unversehrt. Am liebsten hätte Nick laut gesungen.
    »Wenn du wieder fit bist, muss ich dir jemanden vorstellen. Ihr werdet euch mögen.«
    »Ein Mädchen?«
    »Nicht ganz. Aber jemanden mit einem ähnlichen Humor, der noch lieber Tee trinkt als du.«
     
    Ein anderes Treffen stand zwei Tage später an. Emily hatte es organisiert, weil sie fand, dass es gut sei, Dinge zu einem Abschluss zu bringen. »Für viele ist es schwer«, sagte sie. »Das Spiel ist so plötzlich weggebrochen, dass es ein riesiges Loch hinterlassen hat.«
    Nick, der sich noch an sein eigenes riesiges Loch erinnern konnte, stimmte zu. Außerdem gab es da eine ganz praktische Überlegung, einen Plan, den er nur gemeinsam mit den anderen Exspielern umsetzen konnte.
    Mit Mr Watsons Hilfe hatten sie den Versammlungsraum eines Jugendzentrums gebucht und an allen Schulen, von denen sie wussten oder wenigstens ahnten, dass es dort Spieler gab, Zettel aufgehängt.
    Mit einem so großen Ansturm hätte Nick dennoch nicht gerechnet. Als er den Versammlungsraum betrat, waren längst alle Stühle besetzt und viele Leute saßen auf dem Boden. Er versuchte, die Anwesenden durchzuzählen, gab aber noch vor der Hälfte auf. Es waren auf jeden Fall mehr als hundertfünfzig. Sie würden trotz des kalten Novemberabends bald die Fenster öffnen müssen, wenn sie genug Luft kriegen wollten.
    Nick stellte sich vorne hin und wartete, bis die meisten Gespräche verstummt waren.
    »Hi«, sagte er. »Ich bin Nick Dunmore, viele von euch kennen mich aus der Schule. Wie ihr habe auch ich Erebos gespielt und ich habe es geliebt, ehrlich. Trotzdem – und das müsst ihr mir jetzt einfach glauben – ist es gut, dass das Spiel zu Ende ist. Aber bevor ich euch erkläre, was in Wirklichkeit dahintergesteckt hat, finde ich, wir sollten uns richtig vorstellen. Die Regeln gelten jetzt nicht mehr. Also: Im Spiel war ich Sarius, ein Dunkelelf, und ich bin als Acht hinausgeworfen worden.«
    Ein paar Leute lachten. »Sarius, he, echt? Du warst Sarius?«
    Sofort wollten die Ersten mit eigenen Erzählungen, Erfahrungen und Anekdoten loslegen – Nick konnte sie nur mühsam bremsen.
    »Stopp! Erst müssen wir noch etwas Wichtiges bereden. Hört zu: Ihr habt wahrscheinlich alle in der Zeitung gelesen, was passiert ist. Ortolan war kein Monster, sondern ein richtiger Mensch. Kein netter Mensch, aber ein Mensch. Er wird in ein paar Tagen aus dem Krankenhaus entlassen und wird dann vermutlich so weitermachen wie zuvor.« Sie hörten ihm zu, ausgezeichnet. »Erebos hatte nur das Ziel, Mr Ortolan eine seiner Schweinereien heimzuzahlen. Das hat nicht geklappt, was einerseits gut ist. Andererseits soll er aber nicht ganz ungeschoren davonkommen.«
    Ein paar der Anwesenden nickten, die meisten sahen drein, als
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