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Erdbeermond: Roman (German Edition)

Erdbeermond: Roman (German Edition)

Titel: Erdbeermond: Roman (German Edition)
Autoren: Marian Keyes
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beweisen, was für eine Überfliegerin ich war.
    Es ist nicht etwa so, dass ich Candy-Grrrl-Produkte tragen darf, ich muss sie sogar tragen. Wir alle müssen die Persönlichkeit der Produkte annehmen, die wir vertreten. Sie müssen es leben, Anna , sagte Ariella eindringlich, als ich den Job bekam. Du musst es leben. Du bist ein Candy Grrrl, jeden Tag, sieben Tage in der Woche, du bist immer dran.
    Wenn man Sachen verschickt, ist man angehalten, sie »auszutragen« – jede Wimpernzange, jeden Lippenbalsam. Aber wenn man sagt, sie sind für den Nebraska Star , zum Beispiel, und in Wirklichkeit schickst du sie an deine Mammy in Dublin, dann prüft das wahrscheinlich keiner nach: Ich bin eine vertrauenswürdige Angestellte.
    Das Seltsame ist, dass ich normalerweise sehr ehrlich bin. Wenn mir jemand zu viel Wechselgeld rausgibt, gebe ich es zurück, und ich habe nie in meinem Leben die Zeche geprellt. (Es gibt bessere Arten, sich zu amüsieren.) Aber jedes Mal, wenn ich eine Augencreme für Rachel oder eine Duftkerze für meine Freundin Jacqui nehme oder wenn ich ein Care-Paket mit den neuen Frühlingsfarben nach Dublin schicke, dann stehle ich. Und dennoch habe ich nicht die leisesten Schuldgefühle. Weil die Produkte so schön sind, wie Naturwunder, habe ich das Gefühl, dass man sie nicht besitzen kann. Wie könnte man den Grand Canyon abzäunen? Oder das Barrier Reef? Manche Dinge sind solche Wunder, dass jeder Zugang zu ihnen haben sollte.
    Oft fragen mich die Leute, die Gesichter vor Neid verzogen: »Wie hast du den Job denn bekommen?«
    Ich erzähle es Ihnen.

DREI
    Wie ich meinen Job bekommen habe
    Nachdem ich mein PR-Diplom hatte, fand ich im Dubliner Pressebüro einer Firma für Billigkosmetika eine Stelle; der Lohn war mies, die Arbeit tierisch – die meiste Zeit musste ich Werbematerial in Umschläge eintüten, und da unsere Taschen jeden Abend durchsucht wurden, hatte ich nicht einmal eine Entschädigung in Form von Gratis-Make-up. Aber ich hatte eine Vorstellung, wie PR sein könnte, dass es Spaß machen und kreativ sein könnte, wenn man am richtigen Ort wäre, und ich hatte schon immer Lust auf New York …
    Da ich nicht allein gehen wollte, musste ich nur meine beste Freundin Jacqui davon überzeugen, dass sie auch Lust auf New York hatte.
    Eigentlich machte ich mir keine großen Hoffnungen. Jacqui war seit Jahren so wie ich – ganz und gar ohne Berufspläne. Die meiste Zeit hatte sie im Hotelgewerbe gearbeitet, wo sie alles von der Bar bis zur Rezeption gemacht hatte, bis sie eines Tages ohne ihr eigenes Zutun eine gute Stelle bekam: Sie wurde VIP-Concierge in einem Fünf-Sterne-Hotel in Dublin. Wenn Leute aus dem Showbusiness in der Stadt waren, stand sie ihnen zur Verfügung: Wonach sie auch fragten – Bonos Telefonnummer, jemand, mit dem sie nach Ladenschluss einkaufen gehen konnten, einen Doppelgänger, um die Presse abzuschütteln –, Jacqui musste es organisieren. Niemand, besonders Jacqui nicht, konnte begreifen, wie es dazu gekommen war, schließlich hatte sie keine Qualifikationen, aber was sie auszeichnete, war ihre Persönlichkeit, denn sie war umgänglich, praktisch und ließ sich von Mistkerlen nicht beeindrucken, auch von berühmten nicht. (Sie sagt, die meisten berühmten Leute seien entweder Zwerge oder Ekel oder beides.)
    Ihr Aussehen könnte zu ihrem Erfolg beigetragen haben. Sie beschreibt sich selbst als einen blonden Weberknecht, und sie war zugegebenermaßen sehr schlaksig. Sie war so groß und dünn, dass alle ihre Gelenke – Knie, Hüften, Ellbogen, Schultern – aussahen, als wären sie mit einem Schraubenschlüssel gelockert worden, und fast konnte man glauben, dass ein unsichtbarer Marionettenführer sie an Fäden tanzen ließ. Deshalb fühlten Frauen sich von ihr nicht bedroht. Aber weil sie so aufgeschlossen war und eine dreckige Lache hatte und ein unglaubliches Durchhaltevermögen, wenn sie lange aufbleiben und feiern musste, fühlten sich Männer mit ihr wohl.
    Die Berühmtheiten, die nach Dublin kamen, kauften ihr oft teure Geschenke. Am besten war es, erzählte sie, wenn sie mit einem von ihnen einen Einkaufsbummel machte, denn wer erst haufenweise Zeug für sich gekauft hatte, bekam Gewissensbisse und kaufte ihr auch etwas. Meistens süße kleine Designer-Klamotten, in denen sie fantastisch aussah.
    Sie war ein echter Profi und ließ sich nie – oder wenigstens selten – mit einer männlichen Berühmtheit ein (und nur dann, wenn derjenige sich gerade von seiner
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