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Erdbeerkönigin

Erdbeerkönigin

Titel: Erdbeerkönigin
Autoren: Silke Schütze
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in die Arme. »Das klingt gut. Vor allem das mit den schönen Hotels. Ein paar aufregende Nächte mit dir in einem Hotel an der Alster …« Danach reden wir lange Zeit nichts mehr.
     
    Sogar Benny loszulassen gelingt mir besser. Er war ziemlich überrascht, als wir ihn von der Autobahn aus anriefen und ihm von unserem spontanen Kurzurlaub erzählten. Die Geschichte mit der gestohlenen Urne haben wir lieber für uns behalten. »Fühlt sich gut an, Geheimnisse mit dir zu haben«, sagt Nick zu mir.
    Benny beurteilt unsere Abwesenheit aus naheliegenden Gründen eher kritisch. Nicht nur, weil er zu Recht den Nachschub an für ihn preisgünstigen Nahrungsmitteln befürchtet. Sondern auch, weil er sich jetzt selbst um seinen vermasselten Abschluss kümmern muss.
    »Aber ich dachte, ihr kommt nach Hause und helft mir?«, stammelte er fassungslos.
    Nick hatte sein Handy auf laut gestellt, so dass wir zu dritt miteinander sprechen konnten. Seine Stimme klang ruhig und bestimmt. »Es tut mir leid, mein Sohn, aber du hast dich selbst in diese Situation manövriert, jetzt musst du auch allein da durch. Außerdem würde unsere Rückkehr ja nicht automatisch bedeuten, dass deine Probleme gelöst werden.«
    Das sah unser Sohn dann zähneknirschend ein.
    Wir haben keine weiteren Versprechen von ihm gefordert, sondern ihm geraten, die Lage mit seinem Meister und seinem Lehrer zu besprechen.
    Nach dem Telefonat war ich trotzdem ein wenig besorgt und verspürte ein schlechtes Gewissen. Aber Nick sagte abschließend: »Wenn wir ihn jetzt nicht abstürzen lassen, fängt er sich vielleicht nie.«
     
    Immer wieder diskutieren wir über Benny. Einmal liegen wir dabei am Strand und sehen den Beachvolleyballern zu.
    »Er ist doch noch jung und so unerfahren! Hätten wir ihm nicht ein paar Tipps geben sollen?«, frage ich und krame nach der Sonnencreme in der Strandtasche. Nick schüttelt den Kopf. »Er hat bei uns schließlich ein Dach über dem Kopf und bekommt alle Unterstützung, die er braucht.«
    Er legt sich auf den Bauch. »Wir können allerdings nicht sein Leben für ihn leben.«
    Mit diesen Worten ist das Thema für ihn erledigt. Früher hätte ich ihm vorgeworfen, das alles viel zu locker zu sehen, aber heute bin ich anderer Ansicht.
    Die Pubertät unseres Kindes ist für uns Eltern die Chance, uns wieder wahrzunehmen und uns zu erinnern, warum wir zusammenleben und zusammengehören. Es ist wunderbar – wir werden wieder ein Paar. Sogar ein Liebespaar.
    Nick unterbricht meine Gedanken. »Kannst du mir den Rücken eincremen?« Während ich seiner Bitte Folge leiste, fragt er: »Wie soll es mit dir weitergehen? Du wirst sicher nicht einfach in dein altes Leben zurückkehren, oder?«
    »Wieso nicht?«
    Nick setzt sich auf. »Weil ich dich kenne, Eva!«
    »Als Erstes werde ich zu Mamas Grab fahren.«
    Er nickt. »Und dann?«
    Ich denke an Stanis Worte über den Schmerz.
    »Vielleicht fange ich wieder an, Akkordeon zu spielen.«
    Nick lächelt. »Gute Idee! Und dann?«
    Ich schweige.
    Nick sieht mich auffordernd an: »Komm schon, trau dich. Ich verspreche auch, keine blöden Bemerkungen zu machen.«
    Also erzähle ich ihm von meinem Plan, von der Praxis für Menschen ohne Papiere.
    Nick ist begeistert. »Über so etwas haben wir letztens auch im Büro mal gesprochen, weil wir einen Arbeiter ohne Papiere wegschicken mussten, der krank war.« Er mustert mich mit einer Mischung aus Staunen, Zärtlichkeit und Respekt.
    »Du findest die Idee also nicht verrückt oder überzogen?«
    »Nein!« Er küsst mich auf die Nase und sagt: »Mach doch!«
     
    Am Samstagnachmittag betreten wir vor der Siesta ein Internet-Café, wo Nick seine E-Mails abruft. Es ist eng und heiß vor dem Computer. Ich ziehe mir einen Hocker neben Nick. Während ich die Augen schließe und döse, klickt sich Nick durch seine Post. Dann wechseln wir die Plätze, und ich werfe einen Blick in mein Postfach.
    »Hier ist eine Mail von Hubertus.« Mein Herzschlag beschleunigt sich. Nick beugt sich vor. »Und?« Er legt seine Hand auf mein nacktes Knie. Ich überfliege die Mail. »Der Strafrahmen sieht eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren vor.«
    Der Schreck fährt mir kalt in den Körper. »Drei Jahre für ein bisschen Asche streuen?«
    Nick sagt beruhigend: »Lies doch erst einmal weiter.« Aber ich bin zu nervös. »Das ist Juristenlatein.« Aufgeregt versuche ich mir einen Reim auf die Zeilen zu machen.
    Nick steht auf und liest über meinen
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