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Erdbeerkönigin

Erdbeerkönigin

Titel: Erdbeerkönigin
Autoren: Silke Schütze
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ebenfalls auf und begleite sie zur Tür.
    »Grüß Nick noch einmal von mir!«
    Wir umarmen uns. »Melde dich, wenn du wieder zu Hause bist«, flüstert mir Alissa ins Ohr.
    »Klar, dann verabreden wir uns zum Joggen.«
    »Und wir bauen eine Praxis für Menschen ohne Versicherung auf!«
    »Für alle ohne Papiere!«
    »Und dann macht das Fernsehen daraus einen Film für den Freitagabend: ›Tapfere Frauen aus Niedersachsen nehmen gleichzeitig den Kampf gegen Wechseljahre und Beamtenbürokratie auf‹«, witzelt Alissa. Sie runzelt die Stirn. »Aber dafür sind die Obdachlosen, an die du denkst, bestimmt nicht fotogen genug.«
    »Es geht ja auch um mehr, als ein langweiliges Hausfrauenleben aufzupeppen. Wir wollen Menschen wie Stani helfen.«
    Alissa gibt mir einen Kuss auf die Wange. »Du kennst mich doch, ich muss immer Witze machen.« Sie greift nach ihrer Jacke. Aber dann hält sie inne. »Nicht vergessen: Einmal im Monat verabreden wir uns zu einem Alissa-und-Eva-Tag. Nur du und ich.«
    »Und was unternehmen wir da?« In einer Schreckvision kommen gemeinsame Saunabesuche auf mich zu.
    Aber Alissa kennt mich. »Immer abwechselnd müssen wir uns etwas ausdenken. Überleg doch mal, ob du nicht doch beim Yoga mitmachst. Und wenn wir zu alt zum Joggen sind, buchen wir einen Kurs Wassergymnastik.« Sie rümpft ihre Nase. »Nur einen Fotokurs werde ich nie machen. Oder Laubsägearbeiten.«
    Als ich sie verblüfft ansehe, erklärt sie: »Unterschätze niemals den alten Tschechow!« Sie streckt dozierend den Zeigefinger hoch und zitiert: »›Auf dieser Welt halte ich zwei Beschäftigungen für besonders nutzlos: Laubsägearbeiten und die Fotografie.‹« Sie lächelt mir zu. »Wassergymnastik, Eva! Bist du dabei?«
    Ich nicke. Dann kommt mir eine Idee. »Spielst du eigentlich Blockflöte?«
    Alissa zieht die Augenbrauen hoch und knufft mich kurz. »Du bist und bleibst ein verrücktes Huhn.«
    Weil das die schönste Liebeserklärung ist und so viel mehr bedeutet als irgendwelche Schwüre, erwidere ich liebevoll: »Selber verrücktes Huhn!«
     
    Als die Tür hinter Alissa ins Schloss fällt, stelle ich zwei Kaffeebecher auf den Wohnzimmertisch und schlüpfe noch einmal zu Nick unter die Decke. Er seufzt wohlig auf und zieht mich an sich. Seine Haut fühlt sich weich und warm an, und sein Duft ist vertraut und erregend. Ich gebe ihm einen Kuss. »Guten Morgen und willkommen in Hamburg.« Nick öffnet seine Augen nicht, sondern streicht mit den Händen über meinen Körper. »Du bist ja schon angezogen!« Jetzt macht er doch die Augen auf. Er küsst mich, und dann knöpft er zielsicher Daniels Smokinghemd auf. »Du hast viel zu viel an.«
    Ich helfe ihm, mir das Hemd auszuziehen. Nick wirft es über einen Stuhl und küsst meine Brust. Ich schmiege mich an ihn und lasse zu, dass auch Anzugshose und Slip den Weg auf den Stuhl finden. Der Kaffee wird kalt.
     
    Die Sonne steht schon hoch am Himmel, als ich aus einem leichten Schlummer hochfahre. Nick beugt sich in Jeans und Unterhemd über mich, seine Haare sind noch feucht von der Dusche, und er duftet nach Duschgel und Rasierwasser.
    »Wie viel Uhr ist es?«
    »Gleich elf. Warum?«
    Ich springe auf und greife hektisch nach meiner Wäsche. »Die Beisetzung ist um 12  Uhr!«
    »Dann haben wir doch noch genug Zeit.«
    Ich streife das Smokinghemd über.
    »Der Friedhof liegt nicht um die Ecke. Und außerdem …« Jetzt zögere ich doch.
    Nick sieht mich aufmerksam an. »Und außerdem?«
    Ich ziehe meine Hose an und lasse mich auf das Sofa sinken, um die Schnürsenkel zuzubinden.
    »Ich muss noch etwas erledigen.«
    Das klingt selbst in meinen Ohren unnötig geheimnisvoll, also versuche ich meine Worte durch ein Lächeln zu entschärfen.
    Nick sieht mich weiterhin forschend an.
    »Was musst du noch erledigen? Kann ich dir dabei helfen?«
    Ich hole tief Luft. Dann sage ich: »Ich muss dazu aber wissen, ob du auf meiner Seite bist.«
    Nick nickt sofort, und es klingt kein bisschen kitschig oder übertrieben, als er antwortet: »Auf jeden Fall! Wohin auch immer du gehst, ich gehe mit. Was immer du tust, ich bin dabei.«
    Auf diese Antwort habe ich gehofft. Ich küsse meinen Mann. Dann sage ich: »Also lass uns das Gesetz brechen.«

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    22 . Kapitel
    Was, glaubst Du, ist die größte Ironie am Leben?
(Gesprächsstoff: Original)
    Mittwoch, Tag 15 , die Beisetzung
    B evor wir mit unseren Taschen die Wohnung verlassen, fällt mir der Erdbeertopf ins Auge.
    Nick nimmt ihn mit.
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