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Er ist wieder da

Er ist wieder da

Titel: Er ist wieder da
Autoren: Timur Vermes
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richtig gut.«
    »Das liegt nur an Ihrem Anruf.«
    »Oh! Weil er Sie so freut?«
    »Nein, weil er so spät kommt. In der Zeit, die vergeht, bis der deutschen Sozialdemokratie mal eine Idee kommt, könnte man auch zwei schwere Tuberkulosen ausheilen.«
    »Haha«, machte Gabriel, und es klang erstaunlich natürlich. »Da haben Sie manchmal nicht unrecht. Sehen Sie, und gerade deshalb rufe ich an …«
    »Ich weiß. Weil meine Partei gerade im Ruhezustand ist.«
    »Welche Partei?«
    »Sie enttäuschen mich, Gabriel! Wie heißt meine Partei?«
    »Äh …«
    »Na!«
    »Sie müssen entschuldigen, ich glaube, ich stehe gerade etwas auf der Leitung …«
    »N.S.D.A. …?«
    »P?«
    »P. Genau. Die ruht gerade. Und Sie wollen wissen, ob ich zufällig derzeit eine neue Heimat suche. In Ihrer Partei!«
    »In der Tat hatte ich so etwas …«
    »Schicken Sie Ihre Papiere ruhig in mein Büro«, plauderte ich.
    »Sagen Sie, haben Sie gerade Schmerzmittel genommen? Oder einige Schlaftabletten zu viel?«
    »Nein«, sagte ich und war schon drauf und dran hinzuzufügen, es habe aber gerade eine angerufen. Dann fiel mir ein, dass Gabriel möglicherweise recht hatte. Man weiß ja nie, was die Mediziner über diese Schlauchbeutel so alles verabreichen. Und mir fiel ein, dass diese SPD in ihrer gegenwärtigen Form nun wirklich keine Partei mehr war, die man hätte in ein Konzentrationslager sperren müssen. In ihrer Tranigkeit mochte sie gar noch zu mancherlei brauchbar sein. Also verwies ich sofort auf eine gewisse Medikamenteneinnahme und verabschiedete mich dann letztlich doch recht freundlich.
    Ich lehnte mich in mein Kissen zurück und überlegte, wer wohl als Nächstes anrufen würde. Es fehlte eigentlich nur noch das Telefonat mit dem Kanzlerinnenwahlverein. Wer kam dafür wohl infrage? Die klumpige Matrone selbst schied natürlich aus. Aber diese Arbeitsministerin hätte mich gefreut. Ich hätte gerne gewusst, wieso sie die Fortpflanzung eingestellt hatte, nur ein Kind vom Mutterkreuz in Gold entfernt. Jener Guttenberg wäre auch interessant gewesen, ein Mann, der – obwohl dem jahrhundertetiefen Sumpfe adligen Inzests entstiegen – in großen Zusammenhängen zu denken vermochte, ohne sich dauernd mit kleinlich-professoralen Einwänden aufzuhalten. Aber dessen Blütezeit in der Politik schien mir überschritten. Wer blieb? Das ökologische Brillenbürschlein? Die Null von Fraktionschef? Der bemüht biedere Finanzschwabe im Rollstuhl?
    Tatsächlich galoppierten nun schon wieder die Walküren. Die Nummer war mir unbekannt, die Vorwahl stammte jedoch aus Berlin. Ich entschied mich für den Windbeutel.
    »Guten Tag, Herr Pofalla«, sagte ich.
    »Wie bitte?« Das war unbestreitbar die Stimme einer Dame. Ich schätzte sie älter ein, vielleicht Mitte fünfzig.
    »Verzeihung – wer spricht?«
    »Golz ist mein Name, Beate Golz«, und sie nannte den Namen eines recht bekannten deutschstämmigen Verlags. »Und mit wem spreche ich?«
    »Hitler«, sagte ich und räusperte mich, »entschuldigen Sie, ich hatte jemand anderes erwartet.«
    »Rufe ich ungelegen an? Ihr Büro sagte mir, ich könnte nachmittags problemlos …«
    »Nein, nein«, wehrte ich ab, »das ist schon in Ordnung. Bitte nur keine Fragen mehr nach meinem Wohlbefinden.«
    »Geht’s Ihnen noch so schlecht?«
    »Nein, aber dennoch – man kommt sich schon vor wie die reinste Schellackplatte.«
    »Herr Hitler … ich rufe an, weil ich Sie fragen möchte, ob Sie nicht ein Buch schreiben wollen?«
    »Das habe ich schon«, sagte ich, »sogar zwei.«
    »Ich weiß. Über zehn Millionen Exemplare. Wir sind sehr beeindruckt. Aber jemand mit diesem Potenzial darf doch nicht achtzig Jahre Pause machen.«
    »Ja, sehen Sie, das lag nicht so ganz in meiner Hand …«
    »Sie haben natürlich recht, ich verstehe schon, dass man nicht so gut zum Schreiben kommt, wenn einem der Russe über den Bunker rollt …«
    »In der Tat«, sagte ich. Ich selbst hätte es kaum anders ausdrücken können. Ich war angenehm überrascht vom offenkundigen Einfühlungsvermögen jener Frau Golz.
    »Aber jetzt ist der Russe ja wieder weg. Und sosehr wir alle Ihre wöchentliche Bilanz im Fernsehen genießen – ich denke, es ist an der Zeit, dass der Führer wieder einmal ein umfassendes Zeugnis seiner Weltsicht darlegt. Oder – bevor ich mich hier völlig zum Idioten mache – haben Sie längst anderweitige Verpflichtungen?«
    »Nun, ich veröffentliche üblicherweise im Franz-Eher-Verlag«, sagte
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