Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Enwor 5 - Das schwarze Schiff

Enwor 5 - Das schwarze Schiff

Titel: Enwor 5 - Das schwarze Schiff
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
unwilligen Geste beiseite. »Unsinn«, sagte er. »Niemand hat es je versucht. Du hast diese Fischgesichter doch gesehen — sie haben sich doch schon fast vor Angst in die Hosen gemacht, als sie das Schiff nur sahen! Rayan hätte beidrehen und sich zum Kampf stellen sollen. Wir hätten eine gute Chance gehabt. Bisher haben diese Piraten immer nur wehrlose Handelsschiffe überfallen, vergiß das nicht.«
    »Während die SHAROKAAN bis an die Zähne bewaffnet ist, wie?« fragte Skar spöttisch. »Mit Tonnen von Caba-Nüssen und Stoffballen, mit denen wir werfen können.«
    Del runzelte die Stirn. »Immerhin sind wir an Bord«, erinnerte er.
    Skar nickte. »Sicherlich. Zwei Satai, die froh sind, noch einmal mit dem Leben davongekommen zu sein...«
    »Und zwei Veden«, fiel ihm Del ins Wort. »Auch wenn ich diese eingebildeten Gimpel nicht leiden kann, heißt das nicht, daß sie nicht imstande wären, ihr Schwert zu führen.« Er setzte sich ein Stück weiter auf, hob die Hand und streckte vier Finger aus. »Und da wäre noch Gowenna«, sagte er und hielt nun auch noch den Daumen in die Höhe. »Wir fünf sollten doch ausreichen, mit ein paar dahergelaufenen Piraten fertig zu werden.«
    Skar verzichtete auf eine Antwort. Del wußte so gut wie er, daß er Unsinn redete, aber seine Worte weckten wieder die Erinnerung an ihre erste, schreckliche Begegnung mit dem Dronte. Sie hatte nur wenige Augenblicke gedauert, aber es waren Augenblicke gewesen, die er vielleicht nie wieder vergessen würde. Vorher hatte er alles, was ihm je über die schwarzen Killersegler zu Ohren gekommen war, für übertrieben oder schlicht und einfach unwahr gehalten, aber er war rasch eines Besseren belehrt worden. Die Wirklichkeit war schlimmer gewesen.
    Er hatte sich niemals vor Piraten oder ähnlichem Gelichter gefürchtet. Aber Dronte waren keine gewöhnlichen Piraten. Dronte enterten nicht. Sie töteten. Niemand wußte, warum, aber sie taten es, mitleidlos und immer. Kein Schiff hatte je den Angriff eines Dronte überlebt, und so beruhte nahezu alles, was man von ihnen wußte, auf Gerüchten und Legenden, Geschichten, die sich die Seefahrer abends in den Hafenkneipen erzählten oder mit denen sie sich vor Fremden brüsteten. Jedenfalls hatte Skar das geglaubt, bis er dem Dronte selbst gegenübergestanden hatte. Sie waren Killer, mitleidlose Jäger, die ein Wild, auf dessen Spur sie sich einmal gesetzt hatten, nie wieder verloren. Das Schiff war wie ein gigantischer schwarzer Alptraum aus der Nacht hervorgebrochen und hatte warnungslos das Feuer auf die SHAROKAAN eröffnet. Einzig durch Rayans hervorragendes seemännisches Können waren sie davor bewahrt worden, schon von der ersten Salve weißglühender Feuerbälle vernichtet zu werden.
    Die Erinnerung ließ Skar schaudern. Keines der todbringenden Katapulte des Dronte hatte seine Ladung ins Ziel gebracht, und trotzdem waren sie der Vernichtung nur mit knapper Not entronnen. Eines der Brandgeschosse war dicht neben der SHAROKAAN im Meer eingeschlagen; ein flammenspeiender Stern, der das Wasser in einen kochenden Hexenkessel verwandelte und das Schiff mit siedendem Dampf verbrühte und in erstickende Schwefelnebel tauchte. Nur ein winziger Spritzer der brennenden Masse hatte das Schiff getroffen, und schon er hätte ihnen beinahe den Untergang gebracht. Fockmast und Segel waren in Flammen aufgegangen, und die Mannschaft konnte das Feuer nur mit äußerster Mühe löschen. Für wenige Augenblicke war die SHAROKAAN in einen lodernden Scheiterhaufen verwandelt, eine schwimmende Fackel inmitten der unendlichen Wasserfläche des Ozeans. Hätte das Geschoß das Schiff voll getroffen, wäre von der SHAROKAAN nichts übriggeblieben. Niemand hätte das Feuer der Hölle löschen können.
    Skar schüttelte die Erinnerung mit einer ärgerlichen Bewegung ab.
    Doch die Bilder verblaßten nicht. Sie zogen sich zurück, verkrochen sich in einem finsteren Winkel seines Gedächtnisses, aber sie waren noch da. Lauernd, bohrend, wie ein Rudel kleiner, gefährlicher Raubtiere, jederzeit bereit, einen Moment der Unaufmerksamkeit auszu-nutzen und erneut über ihn herzufallen. Vielleicht würde er sie nie wieder vollkommen loswerden. Sie waren durch die Hölle gegangen in diesen wenigen Minuten, eine Hölle aus brennendem Holz und Tauwerk und Qualm und Gestank, Schreien und weißglühenden Geschossen, die erbarmungslos auf den Freisegler herunterregneten.
    Aber ihre Reise stand vom ersten Augenblick lang unter keinem
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher