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Enwor 5 - Das schwarze Schiff

Enwor 5 - Das schwarze Schiff

Titel: Enwor 5 - Das schwarze Schiff
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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verquollenen hölzernen Angeln zu bewegen. Das quietschende Geräusch hallte überlaut in der winzigen Kammer wider.
    Del öffnete träge ein Auge, blinzelte und schnitt eine Grimasse, als er ihn erkannte. Sein Gesicht zeigte jenes verquollene Aussehen eines Menschen, den man unvermittelt aus dem tiefsten Schlaf gerissen hatte. Die Errish rührte sich nicht.
    »Ist es schon soweit?« fragte Del gähnend. Er reckte sich, so daß sich seine mächtigen Oberarmmuskeln für einen Moment deutlich unter dem dünnen Wollcape abzeichneten, das er über seinen Panzer geworfen hatte, schlug spielerisch mit den Fingerknöcheln gegen die Wand über seinem Kopf und ließ die Arme klatschend auf seine Oberschenkel fallen. Er trug noch immer den schwarzen Panzer aus Tuan, obwohl er unpraktisch und kaum sicherer als der Lederharnisch der Satai war. Aber er war jung genug, daß Skar ihm diese romantische Spielerei vergab, und früher oder später würde er wohl von selbst einsehen, daß er sich eher lächerlich als interessant machte.
    Skar zog das Gitter hinter sich zu und sah den jungen Satai kopfschüttelnd an. »Wenn du mit deiner Frage meinst, ob der Dronte schon heran ist, dann lautet die Antwort nein«, sagte er. »Und wenn du wissen willst, ob deine Wache vorbei ist...« Er hob die Schultern, suchte sich einen einigermaßen trockenen Platz auf dem Fußboden und ließ sich mit überkreuzten Beinen darauf nieder, ehe er weitersprach. »Das kommt darauf an — wenn du das Gefühl hast, ausgeschlafen zu haben, dann müßten die zwölf Stunden vorüber sein.«
    Del grinste, warf einen flüchtigen Blick auf die schlafende Errish neben sich und rieb sich mit den Knöcheln der Rechten über die Augen. »Höre ich da so etwas wie Kritik in deiner Stimme?« fragte er. Seine Worte hatten spöttisch klingen sollen, aber er war noch immer nicht richtig wach und sprach so undeutlich, daß Skar Mühe hatte, ihn überhaupt zu verstehen. »Es ist nicht gerade kurzweilig, zwölf Stunden neben einer Stummen zu sitzen, weißt du? Ein Stein ist gesprächiger als du.«
    Skar spürte einen scharfen, raschen Stich in der Brust. Dels Stimme hatte bei den letzten beiden Sätzen kalt geklungen, nicht feindselig, sondern so unbeteiligt, als spräche er tatsächlich über einen Stein. Was immer die Sumpfmänner mit ihm gemacht hatten — sie hatten jedes Gefühl, das er jemals für die Errish empfand, ausgelöscht; so gründlich, als hätte es niemals existiert. Vielleicht gründlicher. Und sie hatten dafür gesorgt, daß es niemals wiederkommen konnte.
    Aber der Gedanke beruhigte Skar nicht. Im Gegenteil. Es gab Augenblicke, in denen er sich nicht sicher war, vor wem er mehr Furcht empfinden sollte — vor Vela oder dem breitschultrigen Riesen, der einmal sein Freund gewesen war. Seit sie Elay verlassen hatten, versuchte er sich einzureden, daß das alles nicht stimmte und er sich nur selbst verrückt machte, aber er spürte einfach, daß Del nicht mehr er selbst war. Etwas fehlte in seinem Wesen. Aber er wußte nicht, was.
    »Was macht der Kapersegler?« fragte Del, plötzlich wieder ernst werdend.
    »Er kommt näher«, antwortete Skar. »Aber wir haben noch Zeit. Vielleicht zwei Tage. Möglicherweise finden wir irgendwo Land oder eine Insel...« Er zuckte abermals mit den Schultern, lehnte sich zurück und fuhr hastig wieder hoch, als sein Rücken die Wand berührte. Das Holz war eisig. Obwohl in der winzigen Kammer nahezu gleich viele Kohlebecken aufgestellt waren wie in der großen Kabine im Heck, vermochte ihre Glut die feuchte Kälte nicht zu vertreiben, die sich in ihren Wänden eingenistet hatte.
    Als sie in Anchor aufgebrochen waren, hatte der Sommer seinen Einzug gehalten, aber der Dronte jagte sie immer weiter nach Norden, hinein in ein Reich von ewigem Winter und eisiger Kälte.
    »Ich wollte, wir hätten uns zum Kampf gestellt«, murmelte Del, als hätte er seine Gedanken erraten.
    Skar spürte einen plötzlichen Zorn in sich aufsteigen. Er war nicht hierhergekommen, um über den Dronte zu reden, und er wollte auch nicht das Gespräch, das Gowenna ihm hatte aufzwingen wollen, nun mit Del fortsetzen. Aber er beherrschte sich und zog statt der scharfen Antwort, die ihm auf der Zunge lag, nur die linke Augenbraue ein Stück nach oben. »Kampf?« wiederholte er. »Was für einen Kampf meinst du, Del? Niemand hat je gegen einen Dronte gekämpft. Er kämpft gegen die anderen. Das ist ein Unterschied.«
    Del wischte seinen Einwand mit einer
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