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Das Geheimnis der antiken Kette

Das Geheimnis der antiken Kette

Titel: Das Geheimnis der antiken Kette
Autoren: Linda Lael Miller
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1. KAPITEL
    Tante Veritys antike goldene Halskette lag unschuldig schimmernd auf dem Fußboden des Korridors im ersten Stock. Als Rue Claridge vor einer Stunde ihr Gepäck in den ersten Stock gebracht hatte, war die Kette noch da gewesen.
    Stirnrunzelnd ließ Rue sich auf die Knie sinken und griff nach der Halskette, während ihr verwirrter Blick sich zu der mysteriösen versiegelten Tür in der Außenwand hob. Dahinter befand sich nichts als leere Luft. Jener Teil des Hauses, in den sie einst geführt hatte, war vor einem Jahrhundert ausgebrannt und nie wieder aufgebaut worden.
    Tante Verity hatte im Verlauf der Jahre Andeutungen auf unheimliche Vorgänge in diesem Haus gemacht, und ihre Geschichten hatten sich sowohl auf die Tür als auch auf die Halskette bezogen. Rue hatte diese Fantasien genossen, aber als praktisch veranlagte Natur hatte sie sie auch sofort wieder aus ihren Gedanken gestrichen.
    Rues verschwundene Cousine Elisabeth hatte die Halskette und die Tür in jenen sonderbaren Briefen erwähnt, in denen sie versucht hatte zu schildern, was mit ihr geschah. Sie hatte behauptet, ein Mensch könne mithilfe dieser Halskette durch die Zeit reisen.
    Tatsächlich hatte Elisabeth – sanfte, vernünftige Elisabeth – behauptet, sie habe die Halskette lediglich umgelegt und sich gleich darauf in den neunziger Jahren des 19. Jahrhunderts befunden, umgeben von lebenden, atmenden Menschen, die schon seit hundert Jahren tot sein sollten.
    Kälte legte sich wie ein Schleier über Rues Rücken, während sie sich an Teile von Elisabeths verzweifelten Briefen erinnerte.
    Du bist der einzige Mensch auf der Welt, der mir vielleicht, aber auch nur vielleicht, glauben könnte. Diese wundervollen Spukgeschichten, die uns Tante Verity an verregneten Abenden erzählte, waren wahr. Es gibt tatsächlich eine andere Welt auf der anderen Seite dieser Tür im ersten Stock, und sie ist genauso solide und real wie die Welt, die Du und ich kennen, und ich habe sie erreicht. Ich war da, Rue, und ich habe den Mann getroffen, der dazu bestimmt ist, mein Leben mit mir zu teilen. Sein Name ist Jonathan Fortner, und ich liebe ihn mehr als meinen nächsten Herzschlag, meinen nächsten Atemzug .
    Kopfschmerzen hämmerten hinter Rues rechter Schläfe, und sie erhob sich mit einem langen Seufzer. Ihre Finger pressten die Halskette tief in die Handfläche. Mit der anderen Hand schob sie eine Locke ihres hellblonden, schulterlangen Haares aus dem Gesicht und starrte auf die versiegelte Tür.
    Vor vielen Jahren hatten sich auf der anderen Seite Räume befunden, doch gegen Ende des letzten Jahrhunderts war es zu einem tragischen Brand gekommen. Der Schaden war repariert worden, doch die ursprüngliche Struktur wurde für immer verändert. Die Tür war versiegelt worden, und jetzt war der Türknauf so alt und unbeweglich wie ein verrostetes Vorhängeschloss.
    »Bethie«, flüsterte Rue und lehnte ihre Stirn gegen die kühle hölzerne Türfüllung. »Wo bist du?«
    Es kam keine Antwort. Das alte ländliche Haus war gähnend leer, abgesehen von den massigen Möbeln aus dem vorigen Jahrhundert, die Tante Verity als Teil ihres Besitzes hinterlassen hatte, und abgesehen von einer Fülle Staubpartikeln, die jeden Raum erfüllten.
    Mit dreißig Jahren war Rue eine erfolgreiche Fotojournalistin. Sie war den Kugeln und Bomben in Belfast ausgewichen, hatte das Massaker auf dem Tiananmen-Platz fotografiert und später auch darüber geschrieben, hatte über die Invasion in Panama berichtet und wäre beinahe in Bagdad gefangen genommen worden. Und während alle diese Erfahrungen sie erschüttert und teilweise tagelang körperlich krank gemacht hatten, hatte doch nichts sie so tief geängstigt wie Elisabeths Verschwinden.
    Die Polizei und Elisabeths Vater glaubten, sie wäre einfach nach ihrer Scheidung aus der Gegend geflohen, würde jetzt an irgendeinem Strand liegen, exotische Drinks schlürfen und ihren Kummer von der Sonne wegbraten lassen. Aber weil sie ihre Cousine kannte und wegen der Briefe und der telefonischen Botschaften, die schon bei ihrer Rückkehr von einem Auftrag in Moskau auf sie gewartet hatten, betrachtete Rue die Lage viel düsterer.
    Elisabeth wanderte irgendwo herum, sofern sie überhaupt noch lebte, und konnte sich vielleicht nicht einmal daran erinnern, wer sie war. Rue verbot sich, an all die anderen Möglichkeiten zu denken, weil sie das nicht ertragen hätte.
    In der großen Küche im Erdgeschoss machte sie sich eine Tasse löslichen
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