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Entzweit : Vereint (ambi : polar) (German Edition)

Entzweit : Vereint (ambi : polar) (German Edition)

Titel: Entzweit : Vereint (ambi : polar) (German Edition)
Autoren: Jana Louka
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gefesselten Händen von dem Dunklen in den Raum geschubst wurde. Es handelte sich eindeutig um einen Menschen. Um einen Menschen, der offensichtlich nicht wusste, was da vor sich ging, gleichfalls aber etwas zu orientierungslos wirkte, um ganz bei Bewusstsein sein zu können. Sie mussten ihm irgendetwas gegeben oder angetan haben, damit seine Sinne getrübt waren. Er gab keinen Mucks von sich, blieb einfach stehen.
    Flavius zog ihn zu sich und musterte mich mit einem höhnischen Lächeln. „Na? Änderst du jetzt vielleicht deine Meinung?“
    Mir kam es so vor, als würde er mir den jungen Mann wie einen Leckerbissen vor die Nase halten wollen. Hätte das Gewicht des Kerls es erlaubt, hätte er ihn wahrscheinlich vor meiner Nase hin und her geschwenkt wie ein Leckerli für einen Hund.
    Ich spürte, wie rohe Wut in mir hochzüngelte. Was glaubte dieser Mistkerl? Dass mir wie bei einem Jagdhund der Duft des Kerls in die Nase stieg und ich mich dann nicht mehr zügeln konnte und mich auf ihn stürzen musste, so wie diese Vampire in diesen unsäglichen Hollywoodproduktionen? Lief das etwa bei ihm so ab, wenn er einen Menschen vor sich hatte?
    Nun gut, genau betrachtet war da etwas Wahres dran, denn hatte mich nicht sowohl bei dem Aufeinandertreffen mit meinem Studienkollegen als auch mit Monsieur Faubart meine gierige Wut dazu veranlasst, diese Menschen ohne zu zögern anzugreifen? Doch war ich wirklich so gepolt, dass ich reagierte wie ein hirnloser, tollwütiger Hund?
    Selbst David an meiner Seite war erstarrt. Ich konnte seine Unsicherheit geradezu körperlich spüren, zumal seine Hand nun definitiv verkrampft auf meiner Hüfte lag. Was mich für einen Moment noch wütender machte. Dachte er etwa auch, ich wäre ein Bluthund, der Beute roch und sich hirnlos auf sie stürzte?
    Eigentlich hätte das sein Part sein müssen. Immerhin war er der ausgehungerte von uns beiden und das vor ihm war ein Mensch. Ein Mensch mit Gedanken, wieso nutze er das nicht aus? Doch so orientierungslos wie der junge Mann vor uns stand, war er nachweislich nicht ganz bei sich und vielleicht konnte David in so einem Zustand die Gedanken eines Menschen nicht lesen. Vielleicht hatte er ja gar keine. Flavius musste ihn irgendwie unter Drogen gesetzt haben.
    Die Anspannung im Raum war förmlich zu ergreifen. Alle warteten gebannt auf meine Reaktion. Doch ich wollte den Kerl vor mir nicht angreifen. Ich spürte zwar eine rohe, feurige Energie in mir, aber sie wollte nicht gestillt werden. Sie war nicht hungrig, im Gegenteil. Sie war bereits gesättigt. Sie war stark, pulsierend, energiegeladen, aber nicht gierig. Es war eine pulsierende rote Energiekugel in meinem Bauch, die mich energetisierte, mich vitalisierte und mich nährte, mich aber nicht aggressiv machte oder gar diesen Menschen vor mir angreifen ließ. Ich hatte den Gegenpart zu meiner goldenen Energiekugel im Kopf gefunden. In meinem Bauch saß die Quelle meiner Körperenergie.
    Diese Erkenntnis setzte mich für einen Moment selbst in Erstaunen. Das waren also meine beiden Kraftquellen. Die dunkle und die helle Energie in ihrer Reinform. In meinem Körper! In mir vereint!
    Ich brauchte also tatsächlich keinen Antrieb von Außen!
    Ich hatte alles in mir!
    Ich spürte, wie beide Energiekugeln mir Kraft gaben. Jede auf ihre Art. Gleichzeitig. Da war kein Entweder Oder. Es war ein Sowohl als Auch. Ich musste mich nicht für eine der beiden entscheiden. Ich konnte beide haben. Gleichzeitig. Vereint.
    Während mir das klar wurde, durchströmte mich ein tiefes Gefühl der Gelassenheit und vollkommenen Ruhe. Ich verstand plötzlich, dass es nicht nur ein Fluch war, diese Kräfte zu besitzen, sondern auch ein Segen. Fluch und Segen. Sowohl als auch. Eben die oft erwähnten beiden Seiten einer Münze, die zusammengehörten. Hell und Dunkel waren ein und dieselbe Münze. Das eine konnte ohne das andere nicht sein. Sie bekämpften sich nicht, nein, sie ergänzten sich. Im Grunde waren sie eins. Und ich vereinte sie in mir.
    Zum ersten Mal seit ich mit meiner wahren Gestalt konfrontiert worden war, erkannte ich die Bedeutung dessen, was ich war nicht als etwas Negatives an. Zum ersten Mal fühlte es sich gut an. Erhaben. Besonders.
    Ich war außergewöhnlich, ja. Einzigartig. Aber das musste nichts Schlechtes sein. Ich konnte es zu etwas Gutem machen. Denn ich konnte die Energien, die in mir pulsierten, selbst lenken! Ihren Einsatz selbst steuern. Mich für Fluch und Segen zugleich entscheiden.
    Und
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