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Entscheidungen

Entscheidungen

Titel: Entscheidungen
Autoren: Marie Hoehne
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unvorsichtig gewesen? Ich wusste doch, welche Gefahr von ihnen ausging. Nun waren wir ganz allein, am Ende einer dunklen Gasse.
    Ich gratulierte mir im Stillen zu meiner Brillanz.
    "Na, Kleine, wie geht’s?" Der Größere machte grinsend ein paar Schritte auf mich zu.
    "Ich warte auf meinen Freund", log ich unbeholfen, obwohl ich wusste, dass sie meine Angst förmlich riechen konnten. Sie waren Killermaschinen, sie kannten jede meiner Schwächen. Ich hatte keine Chance.
    "Dein Freund… so…so. Wer ist denn dein Freund?"
    "Mein Freund ist ein Vampir." Ich schluckte schwer und registrierte zufrieden wie beide zumindest kurz inne zu halten schienen. Doch das Gefühl hielt leider nicht sehr lange an.
    "Ach so, so ein Typ mit spitzen Eckzähnen, ja?"
    "Ihr wisst genau, dass Vampire keine spitzeren Eckzähne haben als Menschen", gab ich so ruhig zurück, wie es mir möglich war.
    "Und was weißt du noch so über Vampire, Kleine?"
    "Dass… dass…" Mein Kopf war leer. Wie gebannt starrte ich in seine dunklen Augen. So schwarz. Schwarz wie Sams.
    Sam!
    Ich schüttelte benommen den Kopf. "Ich lasse mich nicht hypnotisieren."
    "Ach nein?" Nun kam Blondi auf mich zu. Er war jung, nicht viel älter als ich, doch war das wirklich wahr? Wer wusste schon, wie viele Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte er bereits auf dieser Welt war?
    "Ich denke, dein Freund passt nicht gut genug auf dich auf." Seine eiskalten Finger berührten mein Gesicht, und ich wich unwillkürlich einen Schritt zurück. Sam würde mich umbringen, wenn er erfuhr, wie unvorsichtig ich gewesen war, doch wahrscheinlich würden ihm die beiden Typen dabei zuvorkommen. Nie wieder Sam küssen, nie wieder seine starken Arme spüren.
    Ich spürte, wie sich die Tränen unaufhaltsam ihren Weg an die Oberfläche bahnten.
    "Sie gehört zu mir, Jungs."
    Ich fuhr zusammen.
    "Xander. Du hier?" Blondi verzog das Gesicht. "Ich dachte, du besorgst Raphael Nachschub?"
    "Was denkst du, was ich gerade mache?" Xander sah mich nicht an. Da stand er: groß und irgendwie dunkel, ganz anders, als ich ihn in Erinnerung gehabt hatte. Er hielt das blonde Mädchen im Arm. Es war weiß wie eine Wand, und es starrte mich unverwandt an.
    Ich hielt den Atem an, vor lauter Angst, einfach in Ohnmacht zu fallen. Einen gepflegten Abgang konnte ich mir in diesem Moment nun wirklich nicht leisten. Ich versuchte, ihren Anblick zu ignorieren, ihre Angst, die man förmlich mit den Händen greifen konnte, und so bohrte sich mein Blick förmlich in den jungen Vampir, der einmal mein Freund gewesen war. Er sah älter aus, vielleicht lag das auch an seinem Outfit, vielleicht waren es seine Haare. Vampire alterten doch nicht, oder?
    "Aber wir haben sie zuerst gefunden. Und du hast schon eine", protestierte Blondi schwach.
    "Ach, und seit wann entscheidet ihr, wie viele ich Raphael bringe? Wollt ihr sie ihm vorenthalten, oder was?" Xander schüttelte missbilligend den Kopf. "Das wird ihn nicht freuen."
    "Wir… ich… nein! Ist ja schon ok. Wir gehen ja schon." Blondi hob beschwichtigend die Hände.
    "Dann haut ab", knurrte Xander und verzog das Gesicht.
    Fasziniert beobachtete ich ihn.
    "Und du kommst mit mir." Er packte mich ebenfalls am Arm, ohne das andere Mädchen loszulassen und zog mich unsanft hinter sich her. Sein Griff war fest, fast schmerzlich, doch ich stolperte los, ohne weiter darüber nachzudenken.
    "Los, da rein", raunte er mir ins Ohr und schob mich durch einen Spalt in der Mauer, den ich zuvor noch gar nicht gesehen hatte. "Beeil dich, los."
    Ich tat, wie mir geheißen und zwängte mich durch das enge Loch. Xander folgte mir auf dem Fuße.
    "Sie sind nicht die Hellsten, aber wir sollten uns trotzdem nicht mit ihnen anlegen."
    "Was machst du hier? Was ist mit dem Mädchen?", wisperte ich.
    "Nicht hier, nicht jetzt. Sie sind immer noch in der Nähe und nicht nur sie. Warte." Abrupt blieb er stehen. Dann packte er mich plötzlich wieder grob am Arm und zog mich an sich. Ich spürte seinen Atem an meinem Hals und mit einem Mal wurde mir bewusst, dass ich Xander seit fast einem Jahr nicht mehr gesehen hatte. Woher sollte ich wissen, dass er noch immer mein Freund war? Nach all dem, was geschehen war…
    Ich versuchte ihn abzuschütteln, doch sein Griff wurde fester. Ich spürte, wie der Körper des Mädchens sich neben mir versteifte. Ihr Blick war glasig. Sie wirkte wie weggetreten.
    "Hör auf damit", zischte er.
    "Lass mich los", fauchte ich.
    "Hör auf!"
    "Alles ok, Xander?"
    Ich hatte ihn
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