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Entscheidungen

Entscheidungen

Titel: Entscheidungen
Autoren: Marie Hoehne
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allein im Zimmer. Die Sonne schien durch einen Spalt der dicken Vorhänge, und ich suchte irritiert mit den Augen nach einer Uhr. Wie spät war es? Wie lange hatte ich geschlafen? Und wo war Sam?
    Es war kurz nach vier.
    Ich blinzelte und streckte mich vorsichtig. Meine Arme und Beine fühlten sich gut an, kraftvoll. Ich hatte nicht einmal Muskelkater.
    Ich schüttelte den Kopf, um die aufsteigenden Gedanken loszuwerden. Ich wollte jetzt nicht nachdenken.
    Schnell setzte ich mich auf und rieb mir schlaftrunken die müden Augen. Dann erhob ich mich schwerfällig und sah mich im Zimmer um. Alles sah noch genauso aus, wie in der vergangenen Nacht. Meine Jacke lag unordentlich auf dem grobgepolsterten Sessel und meine Tasche hatte ich irgendwo zwischen Tür und Bett fallen gelassen.
    Ich musste dringend im Krankenhaus anrufen. Nicht, dass sie mich dort schon als vermisst gemeldet hatten!
    Vorsichtig öffnete ich die Tür und lugte in den Flur hinaus. Alles war ruhig. War ich allein? Was sollte ich tun? Einfach gehen?
    "Hast du gut geschlafen?"
    Ich fuhr erschrocken herum.
    "Deine Sinne haben sich scheinbar nicht verändert." Jona stand in der Tür zum Wohnzimmer und lächelte mich an. Ihre dunklen Augen waren von einem Kranz Lachfalten umringt, sie wirkte so freundlich und vertrauenserregend, dass ich überhaupt nicht auf die Idee kam, mich vor ihr zu fürchten.
    "Sam ist unterwegs. Er hat mir gesagt, ich soll ein Auge auf dich haben." Sie zwinkerte mir verschwörerisch zu. "Möchtest du vielleicht einen Tee?"
    Ich nickte zögernd. "Wo ist er hin?"
    "Soweit ich weiß, hat er etwas mit seinem Cousin zu klären."
    "Mit Xander?" Ich folgte ihr in das Wohnzimmer und setzte mich auf die Chaiselongue, vor der nun ein kleiner Tisch stand. "Geht es um Raphael? Ist Xander in Gefahr?"
    "Soweit ich weiß, hat Raphael die Stadt verlassen."
    "Aber seine Geschäfte!"
    "Ja, die sind hier, aber es ist momentan zu gefährlich für ihn hier. Der Hunter ist noch in der Stadt. Er und seine Anhänger warten nur auf einen Fehler von ihm. Ich weiß nicht, ob er je zurückkommen wird. Aber du solltest dir wegen Raphael nicht den Kopf zerbrechen. Der Junge hat genug Kontakte auf der ganzen Welt. Er ist viel rumgekommen in den letzten eintausend Jahren. Er ist sicher nicht mittellos." Jona griff nach einer dampfenden Kanne, die auf einem Stövchen stand und goss eine rotbraune Flüssigkeit in eine der bereitstehenden Tassen.
    Zu meiner Verwunderung schenkte sie sich ebenfalls etwas ein.
    Jona war mein Blick nicht entgangen. "Tee ist auch für Vampire gesund, zumindest dieser hier schadet unserem Magen nicht, aber das werde ich Sam wohl nie begreiflich machen können." Sie lächelte.
    Ich nahm die Tasse in beide Hände und fühlte augenblicklich die wohltuende Wärme an meinen Fingern. Vorsichtig nippte ich an der dunklen Flüssigkeit. Es schmeckte süßlich.
    "Ich mache mir keine Sorgen um Raphael, aber solange er da ist, ist Xander nicht sicher", nahm ich das Gespräch wieder auf."
    "Deinem Xander geht es gut. Er hat mehr Glück als Verstand. Raphael wird ihn nicht jagen. Er hat wichtigere Dinge zu tun. Außerdem weiß er nicht, dass es Xander gewesen ist, der den Hunter zu ihm geführt hat. Aus irgendeinem Grund scheint er den Jungen genauso gerne zu haben wie du."
    "Das weiß er nicht?" Ich war ehrlich überrascht.
    Jona schüttelte den Kopf.
    "Er hält Murphy für den Verräter."
    "Woher wissen Sie das?"
    "Ich habe meine Quellen." Sie lächelte wieder, diesmal geheimnisvoll. "Murphy hat längst dafür bezahlt."
    Ich schwieg. Das musste ich erst einmal verdauen. Dann war jetzt alles wieder gut? Xander konnte neu anfangen? Er war frei?
    "Du bist ein sehr empathisches Mädchen, Lily. Ich weiß, dass Sam das an dir schätzt."
    "Manchmal bin ich ihm aber auch ein wenig zu empathisch." Ich dachte an Sams Eifersuchtsszenen. Hatte er mir wegen Xander tatsächlich verziehen?
    "Er hat dich eben sehr gern. Das ist etwas Schönes. Aber es ist auch richtig, dass du ihm seine Grenzen aufzeigst. Xander ist dein Freund? Dann soll er das auch sein und Sam muss das akzeptieren."
    "Ich denke, es geht auch um… die Verwandlung, das Missverständnis wegen Ashley… es ist so viel passiert." Gedankenverloren nahm ich noch einen Schluck Tee.
    "Na dann ist es doch gut, wenn die beiden sich jetzt endlich einmal aussprechen. Hier, iss einen Keks." Sie schob mir eine Schale mit Gebäck zu, die ich noch gar nicht bemerkt hatte. "Ich habe immer Kekse im Haus. Man weiß
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