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Entscheidungen

Entscheidungen

Titel: Entscheidungen
Autoren: Marie Hoehne
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immer eine gewisse Unruhe über mich hereinbrechen. War das albern? Xander war selbst einer von ihnen, aber er war viel zu nett, vielleicht sogar ein bisschen naiv. Was würde sein, wenn er sich mit den falschen Leuten einließ?
    "Ich bin müde, Mom, und ich muss noch packen." Ich sah sie nicht an. Sie würde mir schrecklich fehlen. Ich wusste, wie sehr sie meinen Besuch herbeigesehnt hatte, doch in drei Wochen würde das College wieder anfangen, bis dahin wollte ich noch ein wenig Zeit in New York verbringen. Mit Sam. Es war so nervenaufreibend, wenn er mich auf der Farm besuchen kam. Die Gefahr, dass er dabei auf jemanden aus meiner Familie traf, war einfach zu groß. Bis Sonnenuntergang blieb er deswegen die meiste Zeit über bei seiner Mutter und kam dann klammheimlich in mein Zimmer geschlichen. So hatte ich mir eine Beziehung mit ihm nicht vorgestellt. Es war anstrengend und es kostete Kraft.
    Die Besuche bei Nelly hatte ich außerdem auch eingestellt. Es war seltsam gewesen, ihr und Sam gegenüberzusitzen. Ihr Blick hatte Bände gesprochen, als er beim ersten Mal meine Hand genommen hatte. Ich fühlte mich in ihrer Gegenwart alles andere als wohl. In ihren Augen lagen all die Zweifel, die mich selbst jede Nacht plagten, wenn Sam mich wieder einmal allein zurückließ, um pünktlich vor Sonnenaufgang Zuhause zu sein.
    Was würde werden?
    Wo führte das hin?
    Ich schüttelte den Kopf und stieg zögernd die letzten Stufen der Treppe hinauf. Als ich die Tür zu meinem Zimmer öffnete, saß er bereits auf meinem Bett und lächelte mich an.
    Ich spürte eine wohlige Wärme in mir aufstiegen, wie immer, wenn ich ihn sah.
    "Hey."
    "Hey." Ich schloss die Tür sorgfältig wieder hinter mir und drehte den Schlüssel herum. Dann ließ ich mich ebenfalls auf mein Bett fallen und beugte mich zu ihm hinüber.
    Sam schlang die Arme um meinen Hals und zog mich an sich.
    "Ich habe dich vermisst." Er küsste mich sanft.
    "Ich dich auch." Es fühlte sich richtig an. Nichts war falsch daran, ihn zu lieben. Oder etwa doch?
    Ich sah in seine tiefschwarzen Augen und fuhr mit dem Finger vorsichtig über seine weichen Lippen.
    "Was hast du den ganzen Tag über getrieben?"
    "Och, das übliche. Ich habe die Schweine gefüttert." Mein Vater hatte tatsächlich ein paar Schweine angeschafft, keine Kuh, wie er es ursprünglich geplant hatte, dafür aber drei grunzende Riesen, die furchtbar stanken, aber unglaublich süß waren. Ich hoffte nur, er würde nicht irgendwann auf die Idee kommen, sie in Schweinebraten zu verwandeln. Dafür hatte ich Spiderman, Batman und Superman inzwischen viel zu sehr in mein Herz geschlossen. Die Namen waren übrigens nicht auf meinem Mist gewachsen, aber, wenn man einen zehn Jahre alten Bruder hatte, musste man wohl mit allem rechnen.
    "Und ich habe Mrs. Carter getroffen."
    "Wo?" Täuschte ich mich, oder hatte sich sein Blick gerade unmerklich verdüstert?
    "Auf dem Friedhof."
    "Wieso warst du auf dem Friedhof?" Er richtete sich auf.
    "Weil ich dran vorbeigelaufen bin", gab ich fast ein wenig trotzig zurück. Was hatte er eigentlich für ein Problem?
    "Und… was hat sie gesagt?"
    "Sie vermisst ihren Sohn." Wieso sagte ich nicht einfach Xanders Namen?
    Er nickte.
    "Hätte ich gar nicht gedacht." Ich beobachtete ihn genau.
    "Wieso?" Er sah mich nicht an.
    "Weil er mir erzählt hatte, dass seine Eltern ihn nicht mehr sehen wollen."
    "Wann hat er das gesagt?"
    "Na, damals… in der Wohnung von Matt."
    "Ach so." Er schien erleichtert.
    "Sam, was ist los?"
    "Nichts." Er ließ mich los und erhob sich. Unschlüssig machte er einige Schritte auf das Fenster zu, drehte dann um, ging zum Schreibtisch hinüber und blieb dann mit dem Rücken zu mir stehen.
    Er sah gut aus im schwachen Licht der kleinen Lampe. Sein Haar, struppig wie immer, hing ihm in den Nacken, sein Kreuz war kräftig, er trug ein schwarzes Hemd und lässige schwarze Jeans. Mir wurde noch immer schwindelig, wenn ich ihn ansah. Es war so unwirklich mit ihm zusammen zu sein, nicht, weil er ein Vampir war, sondern weil er Sam war.
    Ich stand auf und trat unsicher auf ihn zu. "Ich wollte dich nicht verärgern", sagte ich leise.
    "Das hast du ja nicht." Er sah mich noch immer nicht an.
    "Was ist los, Sam?" Ich berührte ihn sanft an der Schulter.
    Endlich wandte er sich um.
    Ohne ein weiteres Wort zog er mich in seine Arme, und ich legte dankbar den Kopf an seine Brust. Ich liebte es so sehr, wie er roch, herb, nach Moschus und irgendwie rauchig.
    "Ich mache
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