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Entscheidung auf Mallorca

Entscheidung auf Mallorca

Titel: Entscheidung auf Mallorca
Autoren: C.C. Bergius
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heranwachsende Generation so sein muß, wie sie ist.«
    »Und wie ist sie?«
    »Ich würde es so formulieren: Die heutige Jugend ist voller Ideale, weil ihr wenig Ideales gezeigt wurde und vorgelebt wird. Und sie ist voller Opposition, weil sie nicht weiß, wie und wo sie ihre Ideale offenbaren soll. Im Unterbewußtsein erwächst daraus eine Auflehnung: Der Geist des Widerspruches und der Verachtung wird geboren.«
    Wulf Wesener lachte. »Ich wollte, das hätte mein Alter Herr gehört.«
    »Warum?«
    »Weil er genau das Gegenteil von dem behauptet, was Sie sagen. In seinen Augen sind wir morbide Geschöpfe, die nach Negermusik herumhopsen und sich an krächzenden und versoffenen Stimmen erfreuen. Er kennt nur Arbeit, Aufbau und Planung. Und natürlich Bankkonten. Seine Familie aber kennt er nicht.«
    Die Düsseldorferin sah ihn zweifelnd an. »Haben Sie jetzt nicht übertrieben?«
    »Nicht die Bohne!«
    Greta Fischhauer sah ihn nachdenklich an. »Sie erinnern mich an meine Nichte. Sie studiert in Hamburg, macht aus ihrem Herzen keine Mördergrube, sagt, was sie denkt, und – schießt vielfach über das Ziel hinaus.«
    Wulf Wesener zuckte die Achseln.
    »Wie Sie!«
    »Wie ich?« fragte er gedehnt.
    »Ja. Denn ist es nicht Ihr Herr Vater, der Ihnen das Studium ermöglicht? Verdanken Sie es nicht ihm, in diesem Lokal essen zu können?«
    »Nein!« antwortete er triumphierend. »Mein Vater zahlt ausschließlich das Studium. Alles andere verdiene ich mir selber: angefangen von der Kleidung bis zu den Privatvergnügungen, zu denen ich ein gelegentliches Essen im ›Humplmayr‹ zähle. Mir gibt es etwas, hier sitzen zu dürfen. Andere erholen sich auf dem Fußballplatz – ich hier.«
    »Das kann ich verstehen«, sagte sie.
    »Mein Alter Herr nicht. Der tobt, wenn er hört, daß ich fünf Stunden Zeitungen stapele, um das Geld, wie er es nennt, zum Fenster hinauszuschmeißen.«
    »Was Sie wirklich tun, wenn Sie Ihre Suppe weiterhin kalt werden lassen.«
    Wulf Wesener nahm den Löffel. »Da haben Sie recht. Sie gestatten …«
    »Aber bitte.« Greta Fischhauer beobachtete ihn. Ein netter Kerl, dachte sie. Und er ist gar nicht so problematisch, wie ich schon glaubte. Er muß nur richtig genommen werden. »Was studieren Sie eigentlich?«
    »Betriebswirtschaft. Siebentes Semester.«
    »Macht es Ihnen Freude?«
    »Mehr, als ich zunächst annahm. Manchmal ist die Materie natürlich verdammt trocken. Dann möchte ich davonlaufen.«
    Er unterdrückte ein Lachen.
    Sie sah ihn fragend an.
    »Ich dachte gerade an einen Kameraden, der ebenfalls Betriebswirtschaft studiert. Eines Tages bekam er das, was wir einen Koller nennen: er hielt es nicht mehr aus und mußte raus. Natürlich nicht nur aus München – Gott bewahre. Nach Italien wollte er!«
    »Und hat er es geschafft?«
    »Geschafft schon. Aber wie! Über den ASTA, eine Studentenorganisation, die Teppicheklopfen, Kinderverwahren und ähnliche Scherze vermittelt, wurde er zwei uralten Amerikanerinnen als Reisebegleiter zugeteilt. Er behauptet, die beiden wären so alt gewesen, daß Spinnweben wie Schleier von ihren Gesichtern gehangen hätten. Doch immerhin: er war in Rom und Neapel und hat einige Wochen am Tisch des Wirtschaftswunders gesessen, an dem für Studenten normalerweise kein Platz ist.«
    »Das klingt reichlich zynisch«, bemerkte sie.
    »Stimmt aber dennoch«, antwortete er und löffelte seine Suppe.
    Greta Fischhauer sah ihn prüfend an. »Sie waren noch nicht im Ausland?«
    Wulf Wesener schüttelte den Kopf. »Dazu reichen die
Nebeneinkünfte nicht.« Er hob sein Glas. »Auf Ihr Wohl.«
    Sie stieß mit ihm an und blickte nachdenklich vor sich hin, als sie ihr Glas absetzte. Mich könnte es reizen, ihn zu einer Auslandsreise einzuladen, überlegte sie. Wenn ich wüßte, daß er mich nicht falsch verstehen würde …
    Der Kellner brachte das Gedeck. »Wünschen Sie eine Nachspeise, gnädige Frau?«
    »Vielleicht später«, erwiderte sie. »Ich hätte aber gerne noch eine halbe Flasche Wein. Einen Beaujolais, bitte.«
    Wulf Wesener, der gesehen hatte, daß die Düsseldorferin Weißwein trank, blickte verwundert auf.
    »Das durfte ich doch?« fragte sie, als der Kellner gegangen war.
    Ihre Augen verwirrten ihn. Sie schienen sich verfärbt zu haben. Er wurde unsicher.
    »Bitte, seien Sie mein Gast. Ich kann es als Geschäftsunkosten verbuchen«, fügte sie schnell hinzu. »Und ich brauche keine Zeitungen zu stapeln, um mir dieses Vergnügen gönnen zu können.«
    Er
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