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Entfuehrung in den Highlands

Titel: Entfuehrung in den Highlands
Autoren: Karen Hawkins
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Schütze und hatte noch nie jemanden getroffen. Jack hingegen schoss niemals daneben.
    Aber Lucinda fürchtete den Skandal. Die Sorge um ihren Ruf war größer als ihre Gefühle für Jack, und so bat sie ihn zu gehen.
    Amüsiert und ein wenig angeheitert von den Whiskyproben, die er dem exzellenten Keller ihres Ehemannes entnommen hatte, ließ sich Jack von Lucinda überreden, aus dem Fenster zu klettern. Genau in dem Moment, in dem der Türknauf des ehelichen Schlafgemachs von außen herumgedreht wurde, sprang Jack vom Spalier aus hinunter in den Garten.
    Vor sich hin pfeifend schlenderte er durch den Garten zu den Ställen, wo er sich von einem Knecht sein Pferd satteln ließ. Und schon war er fort, flog auf dem Pferderücken den Vergnügungen entgegen, die London zu bieten hatte. Wenn er unterwegs das Pferd wechselte, würde er sein Ziel in zwei Tagen erreichen, rechtzeitig zu Lord Moorelands Einladung zum Kartenspiel. Mooreland war ein Dummkopf, aber die Üppigkeit seiner Gesellschaften war unvergleichlich.
    Ein besonnenerer Gentleman hätte die York Road genommen, eine breite Straße, an der in regelmäßigen Abständen Wirtshäuser lagen. Jack ritt in Richtung Ayr, auf einer dunklen und einsamen Straße, die wegen zahlrei-cher Wegelagerer berüchtigt war. Besonders gefährlich war die Ayr Road für einen einzelnen, nach der neusten Londoner Mode gekleideten Reiter, an dessen Hand ein Rubin funkelte und dessen Kopf von Lord Featheringtons bestem Whisky besäuselt war.
    Unbekümmert gab Jack seinem edlen Pferd die Sporen, ohne auch nur einen Gedanken an die Dunkelheit und die Existenz von Straßenräubern zu verschwenden.
    Genau in dem Moment, in dem er eine Kurve der Straße nahm, schlug das bislang ruhige, milde Wetter so plötzlich um, dass er höchst verblüfft war. Mit einem lauten Donnerschlag öffneten die Wolken ihre Schleusen, und ein heftiger Regenguss setzte ein. Innerhalb weniger Augenblicke durchnässte ihn das eisige Wasser, das sich auf seiner Haut wie Nadelstiche anfühlte, und der Donner ließ sein Pferd auf die Hinterhand steigen. Die Zügel entglitten Jacks nassen, kalten Händen, und er fiel. Während er zu Boden stürzte, nahm er den schwachen Duft von Lilien wahr. Dann ließ der harte Aufschlag seinen Atem stocken, und gleichzeitig wurde er ohnmächtig.
    Jack wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, als er von dem kalten Wasser wieder zu sich kam, das erbarmungslos auf sein Gesicht prasselte. Er lag im Morast und konnte sich nicht bewegen, weil der zähe Schlamm ihn regelrecht an den Boden saugte. Das Haar klebte ihm in der Stirn und im Nacken, und der Regen lief in Rinnsalen über seinen Körper.
    Die Wärme des Morasts, welcher ihn so unerbittlich unten hielt, empfand er als seltsamen Kontrast zu der Kälte des Regens, der auf ihn herabströmte. Eines Regens, der nach Lilien duftete ...
    Fiona MacLean.
    Aber das war völlig unmöglich. Es war fünfzehn Jahre her, seit er zuletzt, mit ihr gesprochen hatte. Und doch sah er sie so deutlich vor sich, als hätte sie erst gestern vor ihm gestanden: das dichte braune Haar, das ihr Gesicht umrahmte, ihre Tränen, die sich mit dem Regen vermischten ...
    Sein Herz zog sich zusammen. Es hatte keinen Sinn, sich an damals zu erinnern. Und nur wegen des Liliendufts zu meinen, Fiona wäre in der Nähe, war absolut lächerlich. Er war wohl härter mit dem Kopf aufgeschlagen, als er geglaubt hatte. Tatsächlich fiel es ihm schwer, einen klaren Gedanken zu fassen, weil seine Schläfen so sehr schmerzten.
    Zur Hölle, er hatte keine Zeit für diesen Blödsinn! Es gab noch so viel zu tun. So viele Frauen, die darauf warteten, verführt zu werden, Wetten, die es zu gewinnen galt, und Whisky, der getrunken werden musste.
    Doch für all diese Dinge und noch viele andere in Jack Kincaids wildem Leben war es zu spät.
    Viel zu spät.
    Stöhnend stützte er sich auf seinen Ellbogen. Als er sich mühsam im zähen Schlamm hochstemmte, explodierte vor seinen Augen der Schmerz in grellen Farben. Plötzlich wusste er, dass dies das Ende war. Er würde es nicht schaffen. So also ist er, der Tod. Und hier bin ich: eisig kalt, durchnässt und völlig allein. Er hatte nicht vorgehabt, auf diese Weise zu sterben. Er hatte überhaupt nicht vorgehabt zu sterben. Als sich vor ihm eine riesige schwarze Welle erhob, schloss er die Augen und ließ sich zurück in den Dreck fallen.
    Und da lag er nun, während der Regen langsam nachließ, bis schließlich nur noch vereinzelte
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