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Entfernte Verwandte: Kriminalroman

Entfernte Verwandte: Kriminalroman

Titel: Entfernte Verwandte: Kriminalroman
Autoren: Matti Rönkä
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viel hatte ich gelernt.
    Die Wohnungen waren mir bei einer komplizierten Umstrukturierungsmaßnahme zugefallen. Ich selbst war der Meinung, dass ich sie von meinem ehemaligen Arbeitgeber geerbt hatte, zog es allerdings vor, mich nicht daran zu erinnern, wie mein Boss ums Leben gekommen war.
    Jedenfalls waren die Wohnungen nun auf meine Firmen eingetragen, und dem Finanzamt meldete ich regelmäßige, angemessene Mieteinnahmen. Die Miete für die eine Wohnung zahlte ein gewisser V. Hartikainen, die für die andere ein H. Huttunen. Bei Bedarf konnte ich auch Quittungen und Überweisungsbelege vorweisen.
    Dass die Mieten regelmäßig eingingen, entsprach der Wahrheit, aber überwiesen wurden sie von Maxim Frolow, der die Wohnungen als Bordelle nutzte.
    Ich klingelte zweimal, wartete eine Weile und war gerade im Begriff, mit meinem Reserveschlüssel aufzuschließen, als die Tür geöffnet wurde. Vor mir stand eine Frau im weißen Frotteebademantel und mit dunklen Ringen unter den Augen.
    » Dobroje utro «, wünschte ich ihr einen guten Morgen. »Ich bin Viktor Kornostajew. Ich bin gekommen, um den Abfluss zu reparieren.«
    Die Frau drehte sich um und ließ die Tür offen, sagte kein Wort. Ich folgte ihr.
    Die Wohnung hatte eine kleine Diele, rechts davon lag das Wohnzimmer, an das die Küche angrenzte, links führten zwei Türen in die Schlafzimmer. Ich hatte die Wohnung renoviert, die Wände gestrichen und die Fußböden mit billigem, aber sauberem Laminat in Parkett-Optik belegt. Das heißt, natürlich hatte ich nicht selbst den Pinsel geschwungen oder die Keilpresse angesetzt. Ich hatte das Material besorgt und meine Männer arbeiten lassen. Verstopfte Abflüsse zu reinigen zählte auch nicht zu meinen Lieblingsbeschäftigungen, aber ich hatte gerade Zeit und wollte die Gelegenheit nutzen, um die Wohnungen zu inspizieren.
    Ich ging schnurstracks ins Badezimmer und legte mein Werkzeug auf den Boden. Dann schraubte ich den Geruchsverschluss unter dem Waschbecken ab und holte einen schleimigen Haarklumpen aus der Krümmung des Abflussrohrs. Nachdem ich die Teile unter der Dusche abgespült hatte, schraubte ich sie wieder fest und vergewisserte mich, dass die Dichtung richtig saß und das Becken nicht leckte.
    Als Nächstes hebelte ich das Gitter vom Bodenabfluss derDusche. Ich tastete mit den Fingern, packte zu und zog ein dickes Seil aus verflochtenen Haaren heraus. Es hatte das Abwasser in sich aufgesogen und den Gestank im Bad verbreitet.
    Die dunkelhaarige Frau war ins Bad gekommen und sah mir zu. Sie trank Kaffee aus einem großen Becher.
    »Jetzt läuft das Wasser wieder ab. Ich wusste schon vorher, was ich da finden würde. Typisch für Frauenwohnungen.«
    Sorgfältig wusch ich mir die Hände und betrachtete das Handtuch. Durfte ich es benutzen? Die Frau nickte.
    »Möchten Sie Kaffee oder Tee?«, fragte sie höflich.
    »Nein danke, ich habe keine Zeit. Für einen Hausmeister gibt es immer viel zu tun.«
    »Hausmeister? Da habe ich aber etwas ganz anderes gehört, Viktor Nikolajewitsch«, sagte die Frau, nicht neckend, sondern wissend.
    Ich kannte sie nicht, wollte sie auch nicht kennen. Sie war jung, ihre Haare waren schlafverwuschelt und die graue Blässe ihres Gesichts verriet, dass sie kaum an die frische Luft ging, aber davon abgesehen sah sie nett aus. Irgendwo anders und zu einer anderen Zeit hätte ich mit ihr gescherzt, einfach nur, um höflich zu sein, um anzudeuten, dass ich sie reizend fand. Es gefiel den Frauen, das gesagt zu bekommen, und mich kostete es nichts.
    Aber ich wusste, dass diese Frau eine Prostituierte war, und wollte nichts mit ihr zu tun haben.
    In diesem Punkt nahm ich es sehr genau. Ich vermietete eine möblierte Wohnung, verkuppelte und vermittelte niemanden, forderte keinen Anteil, nahm lediglich Miete dafür, dass jemand in diesen Räumen wohnte. Natürlich ließ ich die Wohnung putzen und die Wäsche waschen, aber es wäre mir nichteingefallen, die schmutzigen Laken zu zählen. Falls jemand in der Wohnung seine eigenen Geschäfte betrieb, wusste ich nichts davon. Jedenfalls konnte man mir nichts nachweisen.
    Außerdem hatte ich die Wohnungen mitsamt den Mietern geerbt, war ich ihnen jemals begegnet? Wenn ja, dann waren Huttunen und Hartikainen wohl mittelgroße, normale Männer, heller Anzug und graue Sommerschuhe, die Haare bereits ein wenig schütter. Wer achtet so genau darauf, alle Finnen sehen gleich aus, und woher hätte ich wissen sollen, dass sie ein leeres Grundstück
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