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Entfernte Verwandte: Kriminalroman

Entfernte Verwandte: Kriminalroman

Titel: Entfernte Verwandte: Kriminalroman
Autoren: Matti Rönkä
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gewinnen. Allerdings war er doch so groß, dass ich ihm nicht von oben herab in die Augen blicken konnte.
    Parjanne ließ sich von meinen Tricks nicht beirren. Als läse er von einem Notizblock ab, zählte er auf, welche Lohnnebenkosten ich noch nicht bezahlt und wie viel Mehrwertsteuer noch nicht entrichtet hatte. Dem könne man einige frühere kleine Verstöße hinzufügen, vielleicht die Buchführung prüfen und dem Finanzamt einen dezenten Hinweis auf seltsame Quittungen geben und auf Überweisungen von einer Firma zur anderen und wieder zurück. Nach und nach käme genug zusammen, um vor Gericht zu gehen. Eine Menge Ärger und Unannehmlichkeiten, stundenlange Gerichtsverhandlungen … Das Ergebnis wären letzten Endes sechs Ordner voll Ermittlungsmaterial, eine kleine Geldstrafe und ein Geschäftsbetriebsverbot, fasste Parjanne gleichmütig zusammen, ohne mir weiter zu drohen.
    »Ich glaube nicht, dass wir eine Haftstrafe erreichen würden, nicht einmal auf Bewährung, aber viel Ärger können wir dir schon bereiten. Und ich würde dir diesen Vorschlag auch gar nicht machen, wenn du ein schlimmer Verbrecher wärst.« Parjanne ließ Gnade walten. »Wir möchten lediglich, dass du Augen und Ohren offen hältst und uns sagst, wo auffällige Arbeitskräfte eingesetzt werden. Du verstehst schon.«
    »Würdest du bitte den Weg freigeben, Yrjö? Ich muss zur Halle«, sagte ich.
    Parjanne sah mich gelassen an, lächelte dünn, drehte sich um und ging. Ich wusste, dass jeder Versuch, ihn einzuschüchtern oder zu erpressen, sinnlos war. Parjanne war allenfalls süchtig nach Tee, sein einziges Glücksspiel war Lotto und die sonstigen Perversionen beschränkten sich auf ein Pornoheft, in dem er als Halbwüchsiger mal geblättert hatte.
    Korhonen knöpfte sein Hemd zu, allerdings nicht bis zum Hals, und folgte Parjanne. Dabei fuchtelte er mit den Armen und ahmte den gleichmäßigen Gang seines Chefs nach.
    »Er heißt nicht Yrjö. Es gibt einen alten Schauspieler namens Yrjö Parjanne, das hat uns auf die Idee gebracht, ihm den Spitznamen Yrjö zu verpassen. Oder Ypi oder Ykä. Eigentlich heißt er Jorma«, erklärte Korhonen mir zischelnd.
    »Verdammt noch mal, Korhonen«, brummte Parjanne, ohne sich umzudrehen.
    »Ja, ja, ich komm ja schon, meine Lippen sind versiegelt.« Korhonen quasselte immer noch, als die beiden in ihren Wagen stiegen. Ich wartete, während sie zurücksetzten und auf die Straße bogen, sah ihnen noch eine Weile nach.
    »Komm raus, Frolow. Ich hab dich längst entdeckt«, sagte ich zu dem Mann, der hinter meinem Stellplatz stand.

4
    Maxim Semjonowitsch Frolow ließ sich auf der Sonnenliege auf meiner Terrasse nieder und trommelte mit dem Finger auf die Lehne. Auch er schien es nicht eilig zu haben. Wenn das so weiterging, würde ich frühestens gegen Mittag zur Arbeit kommen. Sollte ich Marja damit überraschen, dass ich diesmal zum Mittagessen zu Hause blieb? Vielleicht würde sie sich darüber freuen, andererseits bestand die Gefahr, dass ich ihre Pläne hinsichtlich Babyturnen und Peer-group-Treffen am Sandkasten durcheinanderbrachte.
    »Wer waren die beiden?«, begann Frolow das Gespräch. Er war groß und hager und hatte die rötlichen langen Haare im Nacken zusammengebunden. Auf seinem blassen Gesicht schimmerten Sommersprossen, das Einzige an ihm, was sonnig oder freundlich war.
    Ich lächelte, denn Frolow hatte eine frappierende Ähnlichkeit mit dem boshaften Jurymitglied beim Superstar-Wettbewerb, der falsch singende junge Leute gnadenlos mit Spott übergoss. Beinahe hätte ich laut aufgelacht, als mir klar wurde, dass er auch mit meinem Klassenkameraden Jurij aus der Elementarschule einiges gemeinsam hatte. Allerdings hatte Jurij millimeterkurze Haare und eine ständig laufende Nase gehabt. Er hatte kleinere Mitschüler gepiesackt, mit dem Recht des Stärkeren und geschützt durch die allgemein bekannte Tatsache, dass sein Vater Kandidat der KP d SU war und dieganze Familie aus einigermaßen wichtigen Persönlichkeiten bestand.
    Als Frolow mich misstrauisch ansah, setzte ich eine ausdruckslose Miene auf. Ich mochte Maxim Frolow nicht unbedingt, aber ich machte Geschäfte mit ihm.
    »Vitjuha, ich habe dich etwas gefragt.« Frolow richtete sich auf, wies mich damit auf mein unhöfliches Schweigen hin und darauf, dass ich ihn nicht ins Haus gebeten und ihm nicht einmal eine Tasse Tee offeriert hatte.
    »Möchtest du etwas trinken, Maxja? Kaffee, Bier … ich habe auch einen guten Wodka,
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