Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Entfernte Verwandte: Kriminalroman

Entfernte Verwandte: Kriminalroman

Titel: Entfernte Verwandte: Kriminalroman
Autoren: Matti Rönkä
Vom Netzwerk:
jemand ans Seitenfenster. Ich drückte auf den Knopf, das Fenster ging surrend auf, und ein kraushaariger Männerkopf schob sich herein.
    »Der riecht ja noch nach Stuttgart. Kein Machorka-Mief in den Bezügen. Warte mal, wie heißt das Zeug, das ihr pafft? Weißmeerkanal oder so?«, frotzelte der Kriminalbeamte Teppo Korhonen.
    Ich fuhr die Scheibe wieder hoch. Korhonen zog hastig den Kopf zurück.
    »Ich komm lieber raus zu dir, ehe du mir meinen Mercedes verpestest«, sagte ich und stieg aus. »Sie heißen Belomorskaja Kanal . Die Zigaretten. Aber ich bin Nichtraucher. Und in meinem Wagen raucht auch sonst keiner.«
    Korhonen hielt den Kopf schief und sah mich an. Ich kannte ihn seit Langem, sogar zu gut. Korhonen war bei der Polizei im BGK -Dezernat für Berufs- und Gewohnheitskriminelle zuständig, vor allem für solche, die Verbindungen nach Estland oder Russland hatten.
    »Was willst du?«, fragte ich.
    Korhonen verzog den Mund. Er schien es nicht eilig zu haben. Ich hatte ihm gelegentlich geholfen, und im Gegenzug hatte er mir einiges durchgehen lassen, des Öfteren ein Auge zugedrückt und mitunter in die andere Richtung geschaut. Aberich wusste auch, dass Korhonen unberechenbar war. Manchmal verlor er die Geduld und fing an zu toben, und dann musste man nicht nur die Menschen in seiner Umgebung vor ihm schützen, sondern auch ihn selbst. Ich hatte wenig Lust, auf einen erwachsenen Mann aufzupassen, auf einen Polizisten schon gar nicht.
    »Na?«, drängte ich.
    »Der liebe Viktor hat sich gar nicht mehr blicken lassen. Hast auch nicht angerufen, ›Teppo, mein Freund, lass uns ein Tässchen Kaffee trinken.‹ Eigentlich wärst du an der Reihe, mir eine Tasse Bohnenkaffee zu spendieren, Viktor. Das heißt, heute trinkt man ja Latte oder Lotte oder wie das Zeug heißt. Zum Mitnehmen, Halterungen für die Becher hat deine Karre bestimmt, gehört doch zur Ausstattung«, legte Korhonen los.
    Ich wusste sehr wohl, wofür ich ihm Dank schuldete, und zwar größeren Dank, als mit Kaffee und Kuchen abzugelten war. Korhonen hatte mir geholfen, gegen meinen Willen, aber geholfen hatte er mir, hatte mir sogar das Leben gerettet, als ich herausfinden musste, wer mich und mein Business bedrohte. Im Gegenzug hatte ich allerdings meine Feinde in Korhonens Netz getrieben, denn er hatte etwas vorweisen müssen, wichtige Erkenntnisse, richtige Verbrecher.
    »Na, immerhin hab ich dir doch repräsentative Kunden zugeführt«, erinnerte ich ihn.
    »Stimmt, stimmt, kein Wort mehr darüber, unter alten Kumpels«, flüsterte Korhonen hastig und begann zu pfeifen. »Ich darf jetzt auch wieder richtig arbeiten, statt Telefonate abzuhören. Und Ypi Parjanne ist auch mitgekommen, den kennst du ja schon.« Korhonen deutete auf den jüngeren Mann, der schweigend hinter meinem Mercedes gewartet hatte.
    »Ciao«, nickte ich. Ich erinnerte mich an Parjanne. Er hatte Korhonen früher begleitet und sich bemüht, die Frotzeleien und Schikanen seines älteren Kollegen zu ertragen.
    »Guten Tag«, sagte Parjanne sachlich.
    Ich wusste, dass er mir etwas Unangenehmes zu sagen hatte, und wartete.
    »Besser, im Schatten zu stehen … die Sonne brennt so«, begann Parjanne mit dünnem Lächeln. Er war ein mittelgroßer, schlanker Mann. Graue Jacke, graue Hose, graues Gesicht.
    »Ja, es ist heiß und sonnig und trocken«, antwortete ich teilnahmslos, stellte klar, wie langweilig ich die Höflichkeitsfloskeln fand.
    »Ypi hat nämlich Angst vor Hautkrebs«, mischte sich Korhonen ein. Er lehnte sich an den Kotflügel, zündete eine Zigarette an und schnippte das Streichholz auf den Rasen.
    »Lass den Scheiß«, seufzte Parjanne. In seinen Worten schwang eine leise Drohung mit, vielleicht auch Überdruss oder Enttäuschung: Darüber haben wir doch schon gesprochen.
    »Na, du sagst doch selbst immer, wenn es eng wird, probieren wir es mit der Wahrheit. Gerade eben hast du mir einen Vortrag über die Gefahren der ultravioletten Strahlen und den Hauttyp A gehalten. Fang nicht an, den Chef rauszukehren, Bubi«, erregte sich Korhonen wie ein Pubertierender, der in den Worten seiner Eltern einen moralischen Widerspruch entdeckt hat. Ich hatte den Verdacht, dass er eine Show abzog.
    »Hör auf, Terho«, gab Parjanne zurück und erzielte damit einen Punkt. Korhonen mochte seinen Taufnamen nicht, er wollte Korhonen genannt werden oder allenfalls Teppo.
    »Ich rede jetzt ganz offen, unter alten Bekannten«, wandte Parjanne sich schließlich an mich.
    In meinem Kopf
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher