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Engelstanz: Dunkle Verlockung Teil 3 (German Edition)

Engelstanz: Dunkle Verlockung Teil 3 (German Edition)

Titel: Engelstanz: Dunkle Verlockung Teil 3 (German Edition)
Autoren: Nalini Singh
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»Hätten Sie heute zum Frühstück gern einen Dolch in Ihrer Kehle, mein Herr?« Der Tonfall war rein aristokratisch, mit einer Prise goldäugiger Koketterie.
    »Lässt du ihn allein nach draußen?«, fragte er Dmitri, während er bereits die möglichen Vorzüge von Illiums Fähigkeiten abwog.
    »Selten.«

2
    Erst am nächsten Morgen, in der verschwiegenen Zeit kurz nach Sonnenaufgang, sah er die große, dünne Engelsfrau wieder. Sie ging allein auf dem marmorgepflasterten Weg, der zu den Türen der großen Bibliothek der Zufluchtsstätte führte. Hinter einer Reihe von Säulen, die das Gebäude säumten, verschwand sie immer wieder im Nebel, um dann plötzlich wieder aufzutauchen.
    In ihren Armen trug sie etwas, das wie ein schweres Buch aussah, die glänzenden, kastanienbraunen Haare fielen ihr zu einem langen Zopf geflochten über den Rücken und ihr Gewand – aus einem feinen, himmelblauen Stoff, in dem sich der Nebel widerspiegelte – umspielte sanft flüsternd wie ein vertrauter Liebhaber ihre Knöchel. Ohne recht zu wissen, warum, änderte er seine Flugbahn, um sie abzufangen. Frisch und kühl fuhr ihm der Wind bei seinem steilen Sinkflug über die Haut.
    Ein wortloser Schrei entfuhr ihr, ein erschrockenes Keuchen, als er vor ihr landete.
    Er legte die Flügel zusammen. »Ich werde das für Sie tragen«, sagte er und nahm ihr den goldverzierten Wälzer aus den Händen, bevor sie zu Atem kommen und Einspruch erheben konnte.
    Sie blinzelte, dichte, geschwungene Wimpern senkten sich über ihre tiefbraunen Augen. Die Wärme in dieser Farbe erinnerte ihn an die kunstvoll gemischten Pigmente, die einst ein Künstler bei seinem Besuch an Titus’ Hof verwendet hatte. »Danke.« Ihre Stimme war gleichmäßig, obwohl der Puls in ihrem Hals hämmerte – ein zartes Klopfen unter ihrer cremefarbenen, von der Sonne zart verwöhnten Haut. »Ist Ihnen nicht kalt?«
    Er trug nur eine schlichte Hose aus beständigem Material, in der er gut kämpfen konnte, und dazu robuste Stiefel. Das Schwert hatte er sich auf den Rücken gebunden, sodass sich die Ledergurte vor seiner Brust kreuzten. »Nein.« Ihm war bewusst, dass er wie der Barbar aussah, als den Dmitri ihn bezeichnet hatte – erst recht neben ihrer ätherischen Schönheit. »Sie stehen früh auf, gnädige Frau.«
    »Jessamy.« Das einfache Wort lenkte seine Aufmerksamkeit auf ihre Lippen. Weich und gerade voll genug, um verführerisch zu sein, hätten sie ihr Gesicht dominiert, wären da nicht ihre fesselnden Augen gewesen, in denen ein unausgesprochenes Geheimnis lag. »Wann habe ich dich unterrichtet, Galen? Ich kann mich nicht erinnern.«
    Er hatte die Hand zur Faust geballt, um nicht dem Drang zu erliegen, sie auszustrecken und die Falten zwischen ihren Brauen glattzustreichen. Sie war ein zu zartes Geschöpf für ihn, seine Berührung wä re zu grob. Und doch ging er nicht f ort. »Warum solltest du mi ch in irgendetwas unterrichtet haben?«
    Wieder ein Blinzeln, weitere Falten. »Ich unterrichte all unsere Kinder, schon seit Jahrtausenden. Du musst mein Schüler gewesen sein – du bist noch so jung.«
    In seinen zweihundertfünfundsiebzig Jahren auf der Welt war er in Schlachten marschiert und hatte in Blut gebadet, hatte den heißen Kuss einer Peitsche auf seinem Rücken und den kalten Stoß eines Messers in seinen Eingeweiden gespürt – doch bis zu diesem Augenblick hatte ihn noch nie jemand als Kind bezeichnet. »Ich habe meine Kindheit an Titus’ Hof verbracht.« Nur selten wuchsen Kinder außerhalb der Zufluchtsstätte auf, aber niemand hätte es gewagt, dem Sohn zweier Krieger etwas zuleide zu tun – noch dazu einem Jungen, der unter Titus’ höchstpersönlichem Schutz stand. »Ich hatte einen Hauslehrer«, fügte er hinzu, weil er nicht wollte, dass sie ihn für einen ungebildeten Wilden hielt.
    »Jetzt erinnere ich mich.« Jessamys Stimme strömte wie flüssige Seide über ihn – eine unbeabsichtigte Zärtlichkeit. »Dein Hauslehrer war einer meiner ehemaligen Schüler, den ich für die Stelle empfohlen hatte. Er sagte mir, dass du allein unterrichtet wurdest.«
    »Ja.« Titus hatte verhindern wollen, dass Galens Entwicklung durch die feminine Sanftheit seiner Töchter beeinflusst wurde.
    »Ein einsames Leben.«
    Er zuckte die Schultern, schließlich hatte er überlebt und war groß und stark geworden. In einem Alter, in dem die meisten Engel noch als Kinder galten, war er schon ein tüchtiger Kämpfer gewesen. Vielleicht hatte er nicht die
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