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Engelsstern

Engelsstern

Titel: Engelsstern
Autoren: Jennifer Murgia
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Hadrian hatte etwas, das ich brauchte. Das ich wollte. Aber Garreth bedeutete mir mehr, und ich hoffte bloß, dass er mir das glauben würde.
    Ich überlegte panisch, was ich tun könnte. Welchen Preis sollte man bereit sein zu zahlen für den, den man liebt? Ich wusste die Antwort, ohne Zweifel, weil ich es jeden Tag erlebte. Man musste Opfer bringen.
    Ich rappelte mich auf und trat in den Kreis. Die Flammen schnappten nach mir, aber starke Hitze empfand ich nur in meiner rechten Hand. Ich trat zwischen die beiden Engel und streckte Hadrian meine offene Hand entgegen, ließ die Hitze des Feuers in die Linien auf meiner Hand dringen und die Macht meines Schutzengels entfachen, die in mir lag.
    Hadrians Gesicht wurde faltig, unschuldig sah er mich an. Ich zitterte innerlich, eine Sekunde lang dachte ich an das, was hätte sein können. Dann legten sich zwei starke Hände auf meine Schultern, und ich wusste, dass ich das Richtige tat. Garreths milder Geruch gab mir Kraft, und Hadrians perfekte Illusion zerbarst.
    Hinter der Fassade lag die Wahrheit. Mehr war Hadrian nicht. Eine Fassade.
    Die Welt kippte kopfüber, der schwarze Himmel über dem zerfallenen Turm lag jetzt zu unseren Füßen, drehte sich und wirbelte unter uns, ein großes böses Loch, das alles in sich hineinsog, was es aus unserer Welt erhaschenkonnte. Der Raum schien von tausend Feuern erleuchtet, als bunte Glasscherben an uns vorbei in den dunklen Wirbel sausten. Meine Hand brannte furchtbar, ich stützte sie mit der anderen ab, und die volle und letzte Kraft des Lichts, das Garreth mir gegeben hatte, schoss hervor und schlug mitten in Hadrians Brust ein. Mir war schlecht, ich wollte mich abwenden, aber Garreths Griff gab mir Stärke und Sicherheit.
    Hadrian verlor den Halt, verzweifelt griff er nach meiner Hand, klammerte sich an ihre Kraft. Unsere Blicke trafen sich, seine Augen schimmerten grünlich im Widerschein der Flammen, er flehte mich um Hilfe an. Ich schloss die Augen und ließ das Zeichen von meiner Hand verschwinden.
    Jetzt wusste ich, welche Macht ich ausüben konnte.
    Ich machte die Augen auf. Die Rettungsleine, an die sich Hadrian geklammert hatte, war gekappt, und er fiel in die Dunkelheit. Aber der Boden bot keinen Halt mehr, und Garreth schubste mich gerade noch auf die Steine außerhalb des Kreises, bevor das Glasoktagramm zersplitterte und in Scherben in den Abgrund fiel. Wir sahen die Farben hinter Hadrian verschwinden.
    Dann umschloss uns oranges Licht. Die Flammen schlugen hoch. Im Nu war die ganze Kapelle mit dickem, grauem Rauch gefüllt, der mir die Haut aus der Kehle zu ätzen schien. Innerhalb von Sekunden hatten Garreth und ich einander verloren.
    »Garreth«, schrie ich. Meine Stimme gellte suchend durch den ganzen Raum. »Garreth!«
    Ich fiel auf die Knie und versuchte verzweifelt, nicht die Asche einzuatmen, die geisterhaft um mich herum tanzte. Ich kroch drauflos, ohne zu wissen, wohin. Mit den Händen tastete ich nach etwas Festem, aber die Wand gab nach und brach ein. Hektisch kletterte ich über die Steine und riss mir dabei die Haut an den Fingern in Fetzen. Endlich schaffte ich es auf die andere Seite und atmete tief die frische Luft ein, aber auch der Wald war voller Rauch, Ascheschatten flogen auf und hängten sich an die Äste der Bäume. Winzige Funken stoben aus dem Inferno hervor und schwebten still in der Luft, als ob sie überlegten, wo sie landen wollten, bevor sie elegant niedergingen und kleine Feuer im trockenen Unterholz legten.
    Garreth war nirgends zu sehen, Panik fuhr mir in die Knochen.
    Das Feuer breitete sich aus. Ich sah, dass die Flammen über die Lichtung auf die Straße zurasten. Sirenen heulten, es war, als stünde die ganze Stadt in Flammen. Ich presste den Kopf an den glatten Stamm unseres alten Baumes und begann hemmungslos zu schluchzen. Müdigkeit breitete sich bleiern in meinen Gliedern aus. Mein einziger Gedanke galt Garreth, und plötzlich riss die Angst mir ein Loch ins Herz. Hadrian war für alle Zeiten weg, wie es schien, aber jetzt fürchtete ich, dass das auch für Garreth galt.
    Rauch hüllte mich ein und vernebelte mir die Sinne. Zum Ton der Sirenen schloss ich die Augen und weinte um meinen Schutzengel.

KAPITEL 32

    Allmählich drehte sich das Zimmer langsamer. Ich ließ den Kopf auf die Seite rollen. Schließlich konnte ich weiße Schränke, einen einzelnen grauen Stuhl, einen Linoleumboden erkennen. Ich suchte nach der Quelle des Rauschens in meinen Ohren, irgendwo im
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